GK255 - Die Geisterrocker
daneben, doch dann ließ er sich nicht mehr täuschen. Er erwischte das aufjaulende, sich wild durchbiegene, verzweifelt um sich schlagende Mädchen mit seinen harten Skelettfingern. Ein kraftvoller Ruck zerfetzte Yvonnes Trikot. Bestürzt bedeckte Yvonne sich mit ihren zitternden Händen…
Und Adam Shatter machte Jagd auf Linda.
Das Girl floh vor ihm in größter Panik.
Eine schreckliche Todesangst peitschte Linda quer durch den großen Tanzsaal. Cole Hombster wollte sie für Shatter abfangen. Sie konnte sich gerade noch rechtzeitig ducken und unter den Knochenhänden hindurchschlüpfen, aber Adam Shatter war schnell wie der Satan.
Er holte das Mädchen ein und stellte es vor einem der großen Fenster.
Linda wußte nicht mehr ein noch aus. Shatter lachte und kam langsam auf sie zu. Er hatte seine Arme ausgebreitet. Die skelettierten Finger zuckten gierig. Linda sah keine Möglichkeit mehr, an dem Knochenrocker vorbeizukommen.
Es gab keine Fluchtchance mehr für sie.
Diese Erkenntnis raubte ihr den Verstand.
Als Shatter sie packen wollte, drehte sie vollends durch. Ehe seine Hände sie berührten, kreiselte sie herum. Ein kraftvoller, verzweifelter Sprung. Lindas junger Körper durchstieß das Glas, das in blitzenden Kaskaden herabprasselte. Das Mädchen fiel durch den Fensterrahmen.
Einen Moment sah es so aus, als würde die Luft sie tragen.
Sie schien einen Sekundenbruchteil zwischen Himmel und Erde zu hängen. Und dann ging es zwei Etagen mit ihr abwärts…
***
Larry Crandall schien nur noch von Kaffee und Zigarren zu leben. Kaum war eine Tasse leergetrunken, bestellte er bei seiner Sekretärin schon die nächste. Und wenn er einen Zigarrenstummel im Aschenbecher ausdrückte, dann zündete er sich garantiert noch in derselben Minute eine neue an. Er wirkte müde und sah älter aus, als er tatsächlich war. Sämtliche verfügbaren Polizeisensoren waren ausgefahren. Alles wartete gespannt auf das Wiedererscheinen der aus dem Leichenschauhaus verschwundenen Rocker. Die Spannung wurde langsam unerträglich.
Eines der Telefone, die auf Crandalls Schreibtisch standen, läutete.
Der Polizeichef zuckte aus seinen Gedanken hoch.
Er griff sich den Hörer. »Ja?«
»Ihre Frau, Chef«, sagte die Sekretärin.
Crandall seufzte geplagt. »Auch das noch.«
»Wie bitte?«
»Ach nichts. Stellen Sie durch, Mona.«
»Larry?« Das war jetzt April Crandalls Stimme. Ein bißchen schrill wie immer, was verriet, daß sie leicht erregbar war und bedauerlicherweise zur Hysterie neigte. Dennoch hätte man nicht behaupten können, die Ehe des Polizeichefs wäre nicht mehr in Ordnung. Es gab viele Tage im Monat, da verstanden sich Larry und April ausgezeichnet. Nur hin und wieder, wenn April ihre bekannten Abwandlungen hatte, deren Anzeichen Larry zum Glück zumeist rechtzeitig erkannte, wich ihr ihr Mann aus, ging ihr aus dem Weg und wartete ab, bis die Sonne wieder zu scheinen anfing.
»Tag, Darling«, sagte Crandall.
»Ehrlich gesagt, ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll, Larry…«
»Wozu?«
»Du bist immer noch im Büro?«
»Tja, tut mir leid…«
»Du solltest seit einer halben Stunde zu Hause sein.«
»Sorry, Baby.«
»Ich frage mich, wie du das noch schaffen willst… Duschen, umziehen… Oder hast du vergessen, daß die Burtons uns eingeladen haben?«
»Lieber Himmel, die habe ich tatsächlich total verschwitzt«, sagte Crandall verlegen.
»Wenn du dich jetzt gleich in deinen Wagen setzt…«
»Das ist unmöglich, Darling«, fiel der Polizeichef seiner Frau ins Wort. »Ich kann hier nicht weg!«
»Larry!« Das war ein wütender, schriller Aufschrei. »Du hast mir versprochen…«
»Als ich dir dieses Versprechen gab, wußte ich noch nicht, was auf mich zukommt, April. Ich brauche jetzt dein Verständnis, Liebling.«
»Hatte ich schon jemals das deine?« fragte April schnippisch.
»April, bitte!« sagte Crandall eindringlich. »Wir wollen uns jetzt nicht streiten, ja. Glaub mir, ich hätte dir gern die Freude gemacht, mit dir zu den Burtons zu gehen, und ich würde es irgendwie möglich machen, wenn es ginge, aber… Sieh mal, es gibt manchmal eben Wichtigeres zu tun, als mit deiner Freundin und ihrem Mann langweilige Gespräche zu führen. Ich bitte dich, das einzusehen.«
»Langweilige Gespräche?«
»Du weißt, was ich im Grunde genommen von den Burtons halte. Ich geh’ da nur deinetwegen hin.«
»Sie werden sehr böse auf uns sein, wenn wir sie versetzen.«
»Ich kann’s nicht ändern.
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