GK317 - Das zweite Leben der Marsha C.
Sie im Ernst, daß ich mich einfach aufs Ohr legen und schlafen kann? Nach alldem, was passiert ist…«
»Du kriegst von mir ein Schlafmittel«, sagte Frank Esslin.
»Damit Marsha Caan mich im Schlaf überfällt?«
»Sie wird dazu keine Gelegenheit haben, Mr. Gibbon«, sagte ich.
»Dieser verdammte Todesengel hat bisher immer einen Weg gefunden, der zum Ziel führte!« krächzte Glenn Gibbon.
»Diesmal wird sie’s nicht schaffen«, sagte ich zuversichtlich.
Mr. Silver und ich begaben uns in Glenn Gibbons Zimmer. Wir brachten da ein Dutzend Dämonenbanner und weißmagische Symbole an, die das Böse von diesem Raum fernhalten sollten.
Inzwischen bekam Glenn Gibbon von Frank das Schlafmittel. Er schluckte es höchst widerwillig.
»Deine Nerven müssen sich endlich erholen«, sagte Frank. »Glaub mir, du hast den Schlaf noch nie so sehr gebraucht wie heute nacht. Versuche, all die schrecklichen Dinge zu vergessen. Schalt ab. Erhol dich, Glenn. Du wirst sehen, morgen sieht die Welt für dich schon wieder ganz anders aus. Vielleicht haben Tony Ballard und Mr. Silver den Todesengel bereits erledigt, wenn du morgen früh aufwachst.«
Gibbon seufzte schwer. Er drehte die Augen nach oben. »Das wäre zu schön, um wahr zu sein.«
Fünfzehn Minuten später übernahm Frank Esslin die erste Wache.
Und Marsha Caan rüstete sich zu ihrer letzten Attacke!
***
Esslins Nachbarn hießen Laura und Howard Hire. Die beiden führten ein Eheleben wie Hund und Katze. Mindestens einmal am Tag gab es zwischen ihnen eine mehr oder weniger heftige Kontroverse.
Manchmal flogen im Verlaufe eines Streits nicht nur die Fetzen, sondern auch die Ohrfeigen. Wobei Laura Hire ihrem Mann für gewöhnlich keine einzige Backpfeife schuldig blieb.
Dennoch liebten die beiden einander.
Von Trennung oder gar Scheidung war zwischen ihnen nie die Rede. Der Ehekrach war für sie lediglich das Salz in der Suppe, ohne das sie nicht auskommen konnten.
An diesem Abend war mal wieder etwas fällig. Die Luft knisterte bereits. Noch hielt Howard Hire sich zurück.
Er war ein Mann in den besten Jahren, sah gut aus und hatte einen Oberlippenbart, der wie eine Fahrradlenkstange aussah.
Laura Hire - schwarzhaarig, braunäugig und hemmungslos - warf ihrem Mann einen giftigen Blick zu.
»Howard Hire!« sagte sie. Sie sprach ihren Mann immer mit Vor- und Zunamen an, wenn etwas in der Luft lag. »Howard Hire, was bist du nur für ein Kavalier?«
Der Mann wies auf den Farbfernseher, über dessen Schirm die Aufzeichnung eines Footballmatches flimmerte. »Sei doch bitte still, Laura. Du störst!«
Die Frau verschränkte zornig ihre Arme vor dem üppigen Busen. »Wie komme ich dazu, mir dieses dämliche Match anzusehen, wenn auf dem anderen Kanal eine Show mit Frank Sinatra läuft?«
»Warum gehst du nicht nach oben und siehst dir die Show dort an? Wir haben zwei Fernsehapparate im Haus.«
»Ich will die Sinatra-Show in Farbe sehen - nicht schwarzweiß, Howard Hire.«
»Ist das denn nicht egal? Hauptsache, du siehst sie.«
»Warum gehst du nicht nach oben?«
»Du weißt doch, wie schlecht die Spieler in Schwarzweiß voneinander zu unterscheiden sind, Laura.«
»Zu Beginn unserer Ehe wäre es dir nicht im Traum eingefallen, mir die Fernsehsendungen aufzuzwingen, die du sehen wolltest.«
»Das war vor zwanzig Jahren.«
»Du hast immer nachgegeben…«
»Leider viel zu häufig. Verdammt noch mal, wirst du jetzt endlich den Mund halten? Ich kann den Kommentator nicht verstehen, Laura!«
»Du bist ein Tyrann geworden, Howard Hire.«
»Na schön. Damit mußt du dich eben abfinden!«
»Ich hasse dich, du bist ein Scheusal!«
Hire blickte seine Frau gereizt an. »Jetzt ist das Maß aber gleich voll, Laura. Wenn du nicht augenblicklich machst, daß du rauskommst…«
»Was tust du dann? Verprügelst du mich dann wieder so wie neulich?« Laura Hire sprang auf. Sie bückte sich und streifte einen ihrer beiden Stöckelschuhe ab. Wie eine Waffe nahm sie den Schuh in die Hand. »Na los. Versuch’s, Howard Hire! Greif mich an. Damit würdest du mir einen großen Gefallen erweisen. Ich bin dir ohnedies noch einiges schuldig.«
»Hinaus!« brüllte Hire. Er sprang ebenfalls auf. »Geh mir aus den Augen, bevor ich mich vergesse!«
Der Schuh wippte auf und ab. »Du hast Angst vor mir, was? Du warst ja noch nie ein Held. Hast nur eine große Klappe. Aber es ist nichts dahinter.«
»Laura!« knurrte Howard Hire. Seine Hände ballten sich. »Ich warne
Weitere Kostenlose Bücher