GK363 - Die Toteninsel
zurückzuschicken, wohin sie gehörten: ins Grab.«
Olivia Culp nagte sichtlich nervös an ihrer Unterlippe. Sie wich meinem Blick aus, wurde merklich unruhiger.
»Ich verstehe immer noch nicht, weshalb Sie zu mir gekommen sind, Mr. Ballard. Vielleicht stimmt es, daß sich Charlton Leachman aus seinem Grab erhoben hat, aber damit habe ich doch nichts zu tun.«
»Nicht unmittelbar«, sagte ich.
»Ich habe den Pianisten nicht einmal persönlich gekannt.«
»Mrs. Culp, ich bin davon überzeugt, daß Sie wissen, worauf ich hinaus will.«
»Ich habe nicht die leiseste Ahnung«, behauptete die Witwe. Ihr war heiß geworden. Ihre Wangen hatten sich rot gefärbt. Sie wäre uns gern wieder los geworden. Aber sie wollte unser Mißtrauen nicht wecken, deshalb warf sie uns noch nicht hinaus.
»Nicht nur Charlton Leachman soll von den Toten auferstanden sein«, sagte ich.
»Ach nein?«
»Mrs. Culp, was soll das?« erwiderte ich ärgerlich. »Sie müssen doch wissen, daß es in sämtlichen Zeitungen gestanden hat, daß auch Ihr Mann…«
»An dieser Nachricht ist kein Faden wahr!« fiel mir Olivia Culp barsch ins Wort. »Sämtliche Meldungen waren mit einem Fragezeichen versehen, wie Sie sicher wissen werden, Mr. Ballard.«
»Sie behaupten also, Ihr Mann ist nicht von den Toten zurückgekehrt.«
»So ist es. Ich habe Barry jedenfalls nach seiner Beerdigung nicht mehr zu Gesicht bekommen.«
»Aber Ihr Gärtner hat ihn gesehen.«
»Der Mann muß eine Halluzination gehabt haben, und ich finde es verrückt von ihm, sich mit einem solchen Hirngespinst an die Presse zu wenden. Natürlich greifen diese Leute so etwas sofort auf. Schließlich leben sie ja von solchen Sensationsmeldungen… Außerdem – welchen Grund sollte Barry Culp haben, sich aus seinem Grab zu erheben?«
Rache! dachte ich, aber ich sprach diesen Gedanken nicht aus, denn dann hätte uns die Witwe bestimmt hinausgeworfen.
Ich zuckte nur mit den Schultern und erwiderte mit einer Gegenfrage: »Wie würden Sie reagieren, wenn Ihnen Ihr toter Mann wiederbegegnen würde, Mrs. Culp?«
»Das kann ich nicht sagen. Vielleicht würde ich vor Schreck in Ohnmacht fallen.«
»Ich bin davon überzeugt, daß Sie ihn früher oder später wiedersehen werden«, sagte ich bestimmt. »Sie sollten sich rechtzeitig darauf einstellen, und Sie sollten uns unverzüglich anrufen, wenn sich Barry Culp auch nur in Ihrer Nähe blicken läßt. Wir wohnen im ›Century Plaza‹.«
»Er wird nicht kommen«, sagte Olivia Culp hart. Ich hörte aus diesen Worten deutlich heraus, daß sie nichts so sehr hoffte als das.
Ich erklärte ihr, daß wir die Absicht hatten, an die Wurzel des Übels heranzukommen, und daß uns Barry Culp möglicherweise dabei helfen konnte.
Dann verabschiedeten wir uns.
Als wir aus dem Haus traten, entdeckten Mr. Silver und ich einen Mann, der einen grauen Overall trug und damit beschäftigt war, eine Zierhecke zurechtzuschneiden.
Er hatte seidiges. Blondhaar, ein kantiges Gesicht und derbe Züge. Seine Hände glichen Bärentatzen.
Wir gingen auf ihn zu. Er hörte mit dem Heckenschneiden auf und erwartete uns mit teilnahmsloser Miene.
»Sind Sie Mr. Burl Parnaby, der Gärtner?« fragte ich.
»Allerdings. Und wer sind Sie?«
»Das ist Mr. Silver. Mein Name ist Tony Ballard.«
»Engländer?«
»Ja. Ich hoffe, das stört Sie nicht.«
»Ich habe eine Schwester. Die ist glücklich in Liverpool verheiratet. Kommen Sie auch aus Liverpool?«
»Nein. Wir wohnen in London.«
»Ach so.«
»Sie sind eine kleine Berühmtheit geworden, Mr. Parnaby. Ihr Name stand in allen Zeitungen«, sagte Mr. Silver.
Der Gärtner senkte den Blick. »Darauf hätte ich gern verzichtet. Sie können sich nicht vorstellen, wie erschrocken ich war, als ich plötzlich Mr. Culp sah, den wir doch gerade erst beerdigt hatten.«
Ich drehte mich um und bemerkte, daß Olivia Culp uns von einem der Fenster aus beobachtete.
Sie hatte damit rechnen müssen, daß wir uns auch mit dem Gärtner unterhalten würden.
»Wie spielte sich diese Begegnung ab, Mr. Parnaby?« erkundigte sich Mr. Silver.
»Nun, es begann zu dämmern, und ich war gerade im Begriff, mein Arbeitsgerät zu versorgen, da hörte ich plötzlich ein Schleifen und Rascheln in den Büschen dort drüben. Ich dachte, da würde sich irgend so ein Strauchdieb herumtreiben, bewaffnete mich mit einem Hammer und wollte den Kerl verjagen. Na ja, und dann sah ich Mr. Culp…«
»Würden Sie uns zeigen, wo er stand?« fragte Mr.
Weitere Kostenlose Bücher