GK409 - Der Herr der Ghouls
sich dagegen, aber es war ihm nicht möglich, stehenzubleiben.
»Wer ist da?« fragte er an der Tür.
»Machen Sie auf, Mr. Hathaway. Hier ist George Wellington von der Friedhofsverwaltung.«
»George Wellington«, hauchte der Friedhofswärter. Das konnte stimmen. Hin und wieder kam Wellington vorbei, um nach dem rechten zu sehen. Wellingtons Fürsprache war es zu verdanken, daß er hier noch nicht hinausgeflogen war - trotz seiner Trunksucht. »Mr. Wellington!« sagte Hathaway eifrig. Er griff nach dem Riegel, schob ihn zur Seite, drehte den dicken Eisenschlüssel im Schloß herum und zog die Tür auf.
Aber draußen stand nicht Wellington.
Ghouls standen da. Vielleicht zehn.
Zwei von ihnen hielten ein blondes Mädchen, das sich verzweifelt wehrte. Man hielt ihr den Mund zu, damit sie nicht schreien konnte.
Den Friedhofswärter traf beinahe der Schlag. Er sah einen lebenden Leichnam, der ihn grausam anlächelte.
Jetzt konnte sich das Mädchen wenigstens so weit befreien, daß es rufen konnte. »Schließen Sie die Tür, Mr. Hathaway! Schnell! Sonst sind Sie verloren! Rufen Sie die Polizei!«
Die Ghoulhand klatschte wieder auf Vicky Bonneys Gesicht. Sie verstummte.
Und Hathaway handelte.
Er schmetterte die Tür zu, kreiselte herum und hetzte ins Wohnzimmer. Dort schloß er sich ein und riß den Telefonhörer von der Gabel.
In der Eile fiel ihm die Notrufnummer der Polizei nicht ein. Er hörte, wie die Haustür geöffnet wurde, und das versetzte ihn in Panik.
Zweimal verwählte er sich. Die Ghouls näherten sich der Tür. Sie kratzten mit ihren Krallen über das Holz, schlugen mit ihren Fäusten dagegen, wuchteten sich dagegen.
Sie hatten die Tür früher auf, als es dem Friedhofswärter gelang, die Polizei zu erreichen. Die Front der Scheußlichen rückte näher.
Ralph Hathaway wich vor ihnen zurück. Er ließ den Hörer fallen. »Bitte!« flüsterte er händeringend. »Ich flehe euch an, laßt mich leben…«
Doch die Ghouls kannten keine Gnade.
Er brüllte bis zuletzt. Vicky wäre um ein Haar zusammengesackt.
***
Lance Selby kehrte von nebenan zurück. Er war geduscht und umgezogen. Ich nicht. Ich stand immer noch verstört im Wohnzimmer und wartete.
Worauf? Nicht einmal das wußte ich genau. Vielleicht darauf, daß Vicky Bonney im nächsten Augenblick wohlbehalten nach Hause kommen würde, aber mir war klar, daß alles andere eher passieren würde als das.
»Tony, was ist passiert?« fragte Lance.
Ich drehte mich langsam um. Wie ein alter Mann kam ich mir vor. Eine schwere Last drückte auf meine Schultern.
»Vicky ist weg«, sagte ich heiser.
»Weg?«
»Sie wurde entführt.«
»Von wem?«
»Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von Hec Caristros Ghouls.«
Lance sah die Kampfspuren, die ich noch nicht aufgeräumt hatte. Ich hatte in der Zeit, in der er geduscht und sich umgezogen hatte, überhaupt nichts getan, war nicht fähig gewesen, etwas zu tun.
Die Sorge um Vicky Bonney lähmte mich.
»Liebe Güte, das arme Mädchen«, sagte Lance. Er mochte Vicky genauso wie wir alle. Er hätte sich für sie in Stücke reißen lassen. Daß sie sich nun in der Gewalt dieses gefährlichen Hexers befand, traf ihn fast ebenso schmerzlich wie mich. »Wenn wir bloß wüßten, wo wir ihn finden können«, sagte er mit kratziger Stimme.
Meine Augen verengten sich. »Das wird er mir büßen. Niemand vergreift sich ungestraft an Vicky Bonney!«
»Was sollen wir tun, Tony?«
»Ich weiß es nicht. Ich weiß es wirklich nicht, Lance. Caristro will den Dolch haben, und er will bestimmt auch mich. Er wird mir seine Bedingungen diktieren, und ich werde sie akzeptieren müssen, damit Vicky am Leben bleibt. Vorläufig läßt er mich aber noch zappeln, im eigenen Saft schmoren, damit ich schön weich werde«, preßte ich zwischen den Zähnen hervor.
Vor dem Haus hielt ein Wagen.
Mein Wagen.
Mr. Silver und Roxane kehrten zurück. Inzwischen war es dämmerig geworden. Ich drehte das Licht auf.
Der Ex-Dämon und die Hexe aus dem Jenseits betraten den Living-room. Es waren keine Fragen nötig, die beiden wußten auch so sofort, daß etwas passiert war, und da sie Vicky nicht sahen, wußten sie auch, wem das Unheil zugestoßen war.
Ich machte Roxane mit Lance Selby bekannt und berichtete anschließend im Telegrammstil, was sich im Verlaufe des Tages alles ereignet hatte.
»Verdammt«, entfuhr es Mr. Silver. »Während ihr gerackert habt, haben wir beide es uns gut gehen lassen.«
»Ihr konntet nicht
Weitere Kostenlose Bücher