GK409 - Der Herr der Ghouls
der Leichenfresser ausspritzen. Dann konnten wir sicher sein, daß Caristro und seine Leichenfresser diesen Ort nicht wieder betreten konnten, und alle Ghouls, die sich noch im Labyrinth befanden, würden es in heller Panik verlassen.
»Keine schlechte Idee«, sagte Lance, als ich ihm erklärt hatte, wozu die Malerspritzen gut wären.
Ich grinste. »Die besten Ideen hat immer Tony Ballard.«
»Angeber.«
»Wie?« fragte ich amüsiert.
»Ich sagte: Angeber.«
»Tut mir leid, auf diesem Platz hört man nichts.«
»Wollen wir tauschen?«
»Okay«, sagte ich. Wir wechselten unsere Position, so daß Lance nun da ging, wo ich gegangen war, und ich testete sein Gehör, indem ich sagte: »Schenk mir tausend Pfund.«
Darauf antwortete Lance Selby schlagfertig: »Du hast recht. Auf diesem Platz hört man wirklich nichts.«
»Sag’ ich doch.«
Wir waren mit unseren Malerspritzen auf dem Weg zur Royal Oak Church. Pater Cedric Davis war mir seit vielen Jahren bekannt. Er weihte die Silberkugeln, die ich verwendete.
Ein Don-Camillo-Typ. Groß, stark, ein hundertprozentiger Katholik, der nicht nur das Wort dafür einsetzte, um seine Schäfchen dem Herrn zu erhalten, sondern auch die Fäuste, wenn es nicht anders ging.
Wir trafen ihn in der Sakristei an. »Guten Tag, Pater«, sagte ich.
»Guten Tag, Tony«, sagte Pater Davis. Er wies schmunzelnd auf die Spritze. »Haben Sie auf Malermeister umgesattelt?«
»Der Meister ist Lance. Ich bin bloß sein Gehilfe«, gab ich zurück.
»Was haben Sie auf dem Herzen?«
»Wieviel Weihwasser können Sie entbehren?«
»Darf ich erfahren, was Sie damit Vorhaben, Tony?«
Ich sagte es ihm, und wir bekamen von ihm so viel Weihwasser, daß wir die Ghouls darin hätten ertränken können.
»Kann ich sonst noch etwas für Sie tun?« fragte Pater Davis, nachdem die Pumpflaschen gefüllt waren.
»Ein andermal«, sagte ich. »Für heute reicht es. Vielen Dank für das Wasser.«
»War doch selbstverständlich, Tony. Wenn Sie meine Hilfe brauchen…«
»Dann wende ich mich an Sie.«
»Ich bin jederzeit für Sie verfügbar.«
»Das weiß ich«, sagte ich und schleppte mit Lance die Pumpflaschen aus der Kirche.
Wir fuhren zum Brompton Cemetery zurück und fingen im Mausoleum des Hexers und in den verzweigten Gängen des Labyrinths zu sprühen an. Wie die Weinbauern, die ihre Reben besprühen, damit sie nicht von Schädlingen befallen werden, kamen wir uns vor.
Heulend und klagend nahmen mehrere Ghouls, die sich im engen Winkelwerk der Gänge verkrochen hatten, Reißaus.
Das geweihte Wasser verleidete ihnen den Aufenthalt unter der Erde. Sie waren gezwungen, die Flucht zu ergreifen, denn wenn sie vom Wasser getroffen worden wären, hätte dieses sie zersetzt und ausgelöscht.
Wir hatten lange zu tun, aber es war eine Arbeit, die sich lohnte. Wo immer sich Hec Caristro aufhielt, hierher würde er nicht mehr zurückkehren können. Diesen Schlupfwinkel konnten er und seine Leichenfresser nicht mehr benützen.
Nachdem wir unsere Flaschen leergepumpt hatten, verließen wir das Labyrinth.
Lance Selby grinste zufrieden. »Damit haben wir Hec Caristro einen üblen Streich gespielt, Tony.«
»Kannst du laut sagen.«
»Ich könnte mir vorstellen, daß er sich das nicht so einfach gefallen lassen wird.«
»Ich lege es darauf an, ihn herauszufordern. Ich besitze den Dolch, den er haben will. Ich habe ihm diese Möglichkeit genommen, sich zu verstecken. Er wird sich an mich halten müssen, wenn er seine Angelegenheiten ins reine bringen möchte.«
»Ich denke, du wirst nicht lange auf ihn warten müssen«, sagte Lance und kräuselte die Stirn.
»Je eher er mir gegenübertritt, desto lieber ist er mir«, erwiderte ich. Dann kehrten wir zu Lances Wagen zurück.
***
Die Dämmerung setzte ein, als die Ghouls mit Vicky Bonney den Friedhof betraten. Das blonde Mädchen war vor wenigen Augenblicken erst zu sich gekommen. Es war noch benommen.
Die Ghouls hatten Vicky zwischen sich eingeklemmt. Sie stützten sie, und sie ging mit staksenden Schritten.
Leer und unheimlich lag der Friedhof da. Über den Gräbern lastete eine bedrückende Stille.
Zwischen zwei hohen Grabsteinen trat unvermittelt eine Gestalt hervor. Ein Mensch. Im ersten Augenblick faßte Vicky Bonney Hoffnung.
Sie wollte um Hilfe rufen, doch dann sah sie, wie bleich das Gesicht des Mannes war und daß er ein Loch in der Stirn hatte, und da wurde ihr klar, daß sie einen Untoten vor sich hatte.
Wie ein Kartenhaus fiel ihre
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