GK449 - Die Bruderschaft der Hölle
weniger Erfolg. Es werden nicht viele Fragen gestellt. Manchmal verschwindet einer für eine Weile, und die anderen wissen, daß er von den Bullen geschnappt wurde. Berufsrisiko. Es kann jeden von uns erwischen. Damit leben wir.«
»Dann müssen Sie sich ja geradezu wie ein Heiliger vorkommen, wenn Sie sich nun der Staatsanwaltschaft als Zeuge zur Verfügung stellen.«
Maynard Moss schüttelte den Kopf. »Ich war nie ein Heiliger und möchte nie einer werden, Mr. Ballard.«
»Warum sind Sie bereit, gegen Ken Kercheval auszusagen?«
»Das hat persönliche Gründe.«
»Über die Sie nicht sprechen wollen?«
Moss erhob sich. Er holte sich einen Scotch. »Vielleicht ist es Selbstschutz, wenn ich dafür sorge, daß Ken Kercheval lebenslänglich hinter Gitter kommt. Der Mann wurde mir im Laufe der Zeit unheimlich. Von Mord zu Mord wurde er gefühlskälter. Es hätte ihm nichts ausgemacht, auch Kinder zu töten, und da hakte es eines Tages bei mir aus. Wir gerieten in Streit. Ich hatte getrunken, und ich warf Ken Dinge an den Kopf, die ich lieber nicht hätte sagen sollen. Meine ganze Verachtung schleuderte ich ihm ins Gesicht.«
»Wie reagierte er darauf?« fragte ich.
»Zuerst dachte ich, er würde mich umbringen. Viel hat wohl auch nicht gefehlt. Aber dann begnügte er sich damit, mich brutal zusammenzuschlagen.«
Maynard Moss griff mit je zwei Fingern einer Hand in seinen Mund und holte seine regelmäßigen Vorderzähne heraus.
»Das ist Ken Kerchevals Werk«, sagte er verbittert. »Mit einem einzigen Fußtritt hat er mir sechs Zähne ausgeschlagen und meinen Kiefer gebrochen. Seither hasse ich ihn. Seither habe ich auf eine Gelegenheit gewartet, mich zu revanchieren. Die Chance ist endlich gekommen.«
»Sie wissen, daß Oliver Vegas nicht mehr lebt.«
»Ja, aber mich kriegen Kens Killer nicht.«
»Ich vermute, es ist nur ein Mann.«
Maynard Moss schaute mich mit großen Augen an. »Sie wissen, wer Vegas umgebracht hat?«
»Meiner Ansicht nach war es Hector Bose.«
»Kenne ich nicht. Wer ist das? Ein Neuer?«
Ich beschrieb Hector Bose so genau wie möglich und fragte, ob der Mann sich in Moss’ Nähe schon einmal blicken lassen hatte. Der Ganove schüttelte den Kopf, nahm einen Schluck von seinem Scotch und warf einen Blick zum Fenster hinaus.
In der nächsten Sekunde wurde er bleich.
»Ballard!« stieß er heiser hervor. »Dort drüben steht der Mann! Dort drüben steht Hector Bose!«
***
Mr. Silver nahm einen Bademantel vom Haken. Er half dem schluchzenden Mädchen beim Aufstehen und hüllte sie in das weiche Frottee. Sie zitterte. Der Ex-Dämon stellte die Dusche ab und führte Jenny Fair aus dem Bad.
»Was… was war das, Mr. Silver?« hauchte die Tänzerin.
»Ein Angriff auf Ihr Leben«, sagte der Ex-Dämon sanft. Er ließ sie in einen Sessel gleiten. Sie blickte auf ihre zitternden Hände und bat ihn um eine Zigarette. Er zündete das Stäbchen für sie an und schob es ihr zwischen die vollen Lippen. Sie rauchte nervös.
»Kam… kam Oliver Vegas auf eine ähnliche Art ums Leben?«
»Davon bin ich überzeugt«, antwortete der Hüne mit den Silberhaaren.
»Krallenpranken aus der Wand… Ich kann es immer noch nicht fassen. Was läuft da? Wer steckt hinter diesem Horror?«
»Ein gefährlicher Drachengötze und sein Handlanger Hector Bose«, sagte Mr. Silver.
Jenny Fair blickte ihn verwundert an. Ihre Lider flatterten. »Sie sind tatsächlich kein Mensch. Aus Ihren Augen schossen Feuerlanzen, ich hab’s ganz deutlich gesehen. Wer sind Sie, Mr. Silver? Woher kommen Sie? O mein Gott, was soll das alles? Ich verliere noch den Verstand. Oder habe ich ihn schon verloren?«
»Nein, Jenny, mit Ihrem Verstand ist noch alles in Ordnung.«
»Aber ich verstehe nichts mehr…«
Mr. Silver versuchte dem Mädchen mit wenigen Worten die Situation zu erklären. Er sprach zunächst von sich selbst, daß er als Dämon geboren wurde, sich aber geweigert hatte, nach den Gesetzen der Hölle zu leben und deshalb zum Tode verurteilt worden war. Tony Ballard, mit dem er jetzt zusammenarbeitete, hatte ihm das Leben gerettet. Seither kämpfte er auf der Seite des Guten, und er setzte seine übernatürlichen Fähigkeiten mit grimmiger Härte gegen die Mächte der Finsternis ein.
Anschließend redete der Ex-Dämon von Hector Bose und von dem schlimmen Schicksal, das diesem Mann widerfahren war. Er erwähnte Rufus, den Dämon mit den vielen Gesichtern, der sich für die Drachensippe stark gemacht hatte, und er
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