GK470 - Die Teufelsschlange

gemeinsame Sache machten? Duldete Tingo jemanden neben sich?
    Der Ex-Dämon schlich mit geschmeidigen Bewegungen den Gang entlang. Er hielt die magische Streitaxt mit beiden Händen fest. Seine Versuche, die Dämonenschlange zu orten, schlugen alle fehl. Das Biest schien sich gut abgeschirmt zu haben.
    Der Gang wurde mal breiter, dann wieder schmäler, stieg an, fiel ab. Hier eine Gabelung. Dort eine mehrfache Verästelung, und Mr. Silver wußte nicht immer, für welchen Gang er sich entscheiden sollte.
    Eine Krümmung.
    Plötzlich blieb der Ex-Dämon abrupt stehen. Ich schaute nervös an seiner breiten Schulter vorbei. »Was gibt‘s?« fragte ich mit belegter Stimme.
    »Da«, sagte der Hüne mit den Silberhaaren nur.
    Er wies mit der Streitaxt auf ein Skelett. Es bestand aus grünen Knochen. Der Schädel wies in der Mitte eine Augenhöhle auf. Vor uns lagen die Gebeine eines Darganesen.
    »Einer von denen, die es versucht, aber nicht geschafft haben«, stellte Mr. Silver trocken fest.
    »Hoffentlich sehen wir nicht auch bald so aus.«
    »Mit Sicherheit nicht. Deine Knochen sind nicht grün.«
    »Ein schwacher Trost«, brummte ich.
    Wir stiegen über die Gebeine hinweg und setzten unseren Weg fort. Aber wir kamen nicht weit. Auf einmal quollen aus einem Seitengang zwergenhafte Gestalten hervor. Schwarz. Mit schwarzen Stacheln auf dem Körper und einem stumpfen Schlangenkopf auf den Schultern.
    Die Biester griffen uns sofort an. Mr. Silver verbrannte einige mit seinem Feuerblick. Seine Beine ließ er zu purem Silber erstarren, damit ihn die kleinen Ungeheuer nicht beißen konnten.
    Ich wäre glücklich gewesen, wenn ich dazu auch in der Lage gewesen wäre, aber meine Beine blieben »normal«. Das erste schwarze Wesen wuchtete sich mir entgegen. Ich steppte zur Seite und ließ es ins Leere laufen. Es fegte mit großem Schwung an mir vorbei, stolperte, fiel und überschlug sich mehrmals. Aber es stand sofort wieder auf den kurzen, stämmigen Beinchen.
    Der zweite Angreifer, der sein Glück bei mir versuchte, kassierte einen Tritt gegen den Schlangenschädel. Er prallte gegen einen Artgenossen, und ich hatte Zeit, meinen Colt Diamondback aus der Schulterhalfter zu reißen. Blitzschnell entsicherte ich die Waffe.
    Der Parasit, der mich als erster attackiert hatte, hetzte herum.
    Ich stoppte ihn mit einer geweihten Silber kugel.
    Ohrenbetäubend laut wurde der Knall von den Wänden zurückgeworfen. Das Silber zerfetzte den Angreifer. Ich schwenkte die Waffe und feuerte noch einmal. Wieder ein Treffer. So schoß ich nacheinander sechs von diesen schäbigen Wesen ab. Dann lud ich meinen Revolver mit dem Speed loader nach - das ging blitzschnell, und alle Kammern wurden dabei auf einmal gefüllt -, und dann setzte ich das Zielschießen fort.
    Indessen zerstampfte Mr. Silver mehrere von diesen schwarzen Gestalten mit seinen Silberbeinen, und immer wieder fauchten Feuerlanzen aus seinen Augen. Er schlug auch mit der magischen Streitaxt zu, und bald gab es nur noch zwei, drei Wesen.
    Diese wirbelten herum und ergriffen in panischer Angst die Flucht.
    »Die Generalprobe haben wir bestanden«, sagte ich mit einem dünnen Lächeln.
    »Das war nur ein Vorgeplänkel«, stellte der Ex-Dämon fest. »Ich denke, nun wird Tingo nicht mehr lange auf sich warten lassen. Deine Schüsse müssen die Dämonenschlange geweckt haben.«
    »Ich glaube, Tingo weiß schon lange, daß wir uns in ihrem Labyrinth befinden. Nicht erst, seit ich geschossen habe«, erwiderte ich und lud meinen Revolver erneut nach, um später keine unliebsame Überraschung erleben zu müssen.
    Wir wollten weitergehen.
    Da vernahmen wir die Hilferufe von Mädchen.
    »Hörst du das?« fragte Mr. Silver aufgeregt.
    »Ich hab‘ ja nichts mit den Ohren.«
    »Mädchen!«
    »Du merkst aber auch alles.«
    »Gefangene der Dämonenschlange!«
    »Ich schlage vor, es trotzdem nicht an der nötigen Vorsicht mangeln zu lassen«, warnte ich. Mir fiel der hoffnungsvolle Glanz in Mr. Silvers Augen auf, und auf einmal wußte ich, was er dachte.
    »Roxane!« stieß er heiser hervor. Mir rieselte es eiskalt über den Rücken, denn genau dasselbe hatte ich auch gedacht. Im Labyrinth der Dämonenschlange befanden sich Mädchen. Gefangene von Tingo. Mädchen, die der Dämonenschlange geopfert worden waren? War auch Roxane dabei? Lebte Mr. Silvers Freundin, die Hexe aus dem Jenseits, noch?
    Der Ex-Dämon war nicht mehr zu halten.
    Er stürmte vorwärts, auf die Hilferufe der Mädchen zu. Meine