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Glaesener Helga

Glaesener Helga

Titel: Glaesener Helga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfe im Olivenhain
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leid.«
»Und du bildest dir ein …«
»Er ist ein Mann . Die Männer und Treue … Rossi, Himmel, du musst doch wissen, wovon ich spreche.«
Damit hatte sie ihn erwischt. Zum ersten Mal. Sie sah es an der Art, wie er gegen das Licht blinzelte, als wäre er gegen einen Balken gelaufen. Geschieht dir recht, du verlogener Heimlichtuer. Ausgerechnet Großmutter. Ausgerechnet mit ihr gegen mich … Dabei bist du doch dabei gewesen, als sie mir das Herz gebrochen hat.
Mit ihrem bezauberndsten Lächeln verließ Cecilia das Zimmer. Sie war schon fast die Treppe herab, ehe er sich fasste. »Herrgott, Weiberhirne! Besitzt ihr denn gar keinen Funken Verstand!«, hörte sie ihn brüllen. Dann polterte etwas Schweres gegen die Wand.
    Sie musste einen Entschluss fassen, und sie tat es rasch. Früh am nächsten Morgen ging sie ins Kaffeehaus und ließ von Goffredo anspannen.
»Besten Dank, Emilia – was auch immer du für
    mich getan hast. Wir sind nun Freunde.« Sie streichelte die stumpfe Mähne und ließ es zu, dass das Pferd an ihrem Handschuh knabberte. Als sie die Zügel aufnahm, tat sie es mit der Entschlossenheit, zu der Rossi ihr geraten hatte. Gehorsam trottete das Pferd in die Richtung, die Cecilia ihm vorgab.
    Die Entfernung zwischen Montecatini und Marliana betrug etwa vier Meilen, die zurückzulegen waren auf einer Straße voller Serpentinen und Schlaglöchern von der Größe von Kalbsköpfen.
    Über Nacht war der Frühling in die Toskana eingekehrt. Während Cecilia die Straße entlangrollte, wurde ihr zum ersten Mal seit Monaten das Gesicht wieder von einer lauen Brise gewärmt. Die Sonne strahlte so überschwänglich vom Himmel wie eine Mutter, die von einer Reise zurückkehrt und bestürzt ihre verwahrlosten Kinder betrachtet. Der Winter ist vorbei, dachte Cecilia und nahm es als gutes Omen.
    Sie begegnete Bauern, die ihre Felder bestellten, und Händlern und einem Dorfbüttel, der einen Sünder abführte. Danach wurde die Strecke einsamer. Schließlich kam ihr auf einer Steigung ein wappenverzierter Lando entgegen, der von vier Berittenen eskortiert wurde und dem sie bis ins Unkraut am Wegesrand ausweichen musste.
    Als sie der Reisegruppe nachschaute, erblickte sie einen Reiter auf einem Fuchs. Das Tier fiel ihr wegen seiner elfenbeinweißen Mähne auf, und der Mann, weil er einen schwarzen Umhang trug und einen ebenfalls schwarzen Filzhut mit einer Krempe, die ihm bis fast ins Gesicht reichte. Hut und Umhang verliehen ihm ein verwegenes Aussehen – ein bisschen theatermäßig, fand sie. Wie jemand, der sich in einer Rolle gefällt, für die er sich ausstaffiert hat. Ebenso wie sie selbst musste er dem Lando ausweichen. Der Wind wehte ihr einige Worte zu, als einer der Berittenen ihm einen guten Tag wünschte. Irrte sie sich, oder blickte der Mann zu ihr herüber?
    Cecilia lenkte die Vittoria auf den Weg zurück und schaute sich noch einmal um.
Der Fremde sah in ihre Richtung. Eine Bö blähte seinen Umhang, das Pferd scheute, aber er hielt die Zügel immer noch kurz, und seine Aufmerksamkeit galt so eindeutig ihr, als gäbe es für ihn nichts Wichtigeres auf der Welt als die Frau in der weißen Vittoria. Er starrte sie an !
Und dann war alles wieder da – von einem Moment zum anderen: Das Herzflattern, die Angst …
Schlag fester …
Mistdreck! Cecilia fühlte, wie ihre Finger kribbelten und sie zu zittern begann. Ihre Kehle wurde eng, sie hatte Mühe, Luft zu bekommen. Sie bekam … keine Luft … mehr. Luft …
Emilia scharrte mit den Hufen und schnaubte beunruhigt. Der Weg begann zu schwanken, als wäre er ein Kanal und die Kutsche ein Boot … Nein …
Atmen!
Atmen und die Zügel aufnehmen.
Sie atmete. Ja, gut. Atmen.
Das Wasser verfestigte sich. Die Zügel lagen wieder in ihren Händen. Sie war zurück auf dem staubigen Weg nach Marliana.
Am Himmel schrie ein Vogel, und als sie sich umschaute, war der Reiter verschwunden. Wahrscheinlich hatte er den kleinen Pfad genommen, der abwärts in eines der Täler führte. Sie war nicht verrückt. Arthur hatte recht. Etwas in ihr war offenbar erschüttert worden. Kein Blick der Welt hätte sie sonst so außer Fassung bringen können. Und Rossi hatte ebenfalls recht. Sie hätte Irene mitnehmen sollen. Verfluchter Stolz …
Was war überhaupt passiert?
Sie war ein wenig ängstlich geworden, und durcheinander, weil sie einen Schlag auf den Kopf bekommen hatte. Aber das würde vergehen.
Atmen, dachte sie.
    Einige Stunden später tauchte Marliana vor ihr auf. Das

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