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GLÄSERN (German Edition)

GLÄSERN (German Edition)

Titel: GLÄSERN (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rona Walter
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der Göttin! Haben dir die Stimmen in deinem Kopf wieder zu irgendwelchem Blödsinn geraten, Van Sade? Sich beispielsweise mehr als zehn Fuß vom Rockzipfel der Lady zu entfernen?«
    Na wunderbar! Wir hatten uns ausgerechnet das Lager von meinem alten Bekannten Kieran ausgesucht, um es auch noch mitten in der Nacht auszuspionieren. Ein liederlicher Bursche, der die untergehende Sonne auf seiner Seite hatte und sich in der Dunkelheit wie eine Raubkatze bewegte. Wie zum Henker …
    Andererseits sollte ich erleichtert sein, dass es nicht das Lager einer menschenfressenden Räuberbande war. Zwar hätte ich dann das Problem Lord Sandy ein für allemal gelöst … In Gedanken brach ich dem müffelnden Lord die Knie, um ihn darbenden Kannibalen zu überlassen…
    Ich war überrascht und verärgert zugleich. Vorab muss ich jedoch zu meiner Verteidigung sagen, dass ich tatsächlich einmal glaubte, Visionen zu haben. Sie stellten sich jedoch als schlecht gedämmte Wände meines Zimmers im Manor heraus – was Kieran, der als Sohn der Jägers ebenfalls im Haus lebte, natürlich sofort mitbekam.
    Die Mondstrahlen gestatteten uns einen raren Blick auf den hochgewachsenen Mann vor uns, der Sandford in Sachen Körpergröße in nichts nachstand – ihn geistig selbstredend gleich mehrmals überrunden sollte. Scharfsinnige Einzelgänger sind oftmals mit großer Vorsicht und noch mehr Vorsprung zu genießen, wie ich einmal las.
    Der Jäger war in einen dunklen, bodenlangen Ledermantel gehüllt, der eigentlich nur unter englischen Landwirten noch in Mode war. Ein graues Tuch verdeckte die untere Hälfte seines Gesichtes bis zur Nasenspitze und schmale, hellblaue Augen blickten uns belustigt entgegen. Unter einer spitzen Kapuze fielen glatte, hellbraune Haarsträhnen über seine Brust. Ansonsten trug er feste Hosen und Stiefel aus Leder, die ihm bis zu den Knien reichten, sowie kurze Lederarmschienen und eine Weste aus dickem Stoff über seinem schwarzen Leinenhemd.
    »Potzblitz! Nur ein Valet der Amaranth wie Frederick Van Sade kann eine Reise im Frack tun. Zumindest seine Begleitung hat es etwas schlauer angestellt. Ist das tatsächlich echter Wolfspelz!« Er lachte laut auf und ich tat mein Bestes, nicht zusammen zu zucken. »Was veranstaltet ihr denn für ein Rollenspielchen?« Kieran stützte sein Knie auf einen bemoosten Baumstumpf und lehnte sich mit den Ellbogen viel zu lässig darauf. Ich wollte ihm augenblicklich in das überhebliche Gesicht spucken.
    »Keine Spielchen«, sagte ich so selbstbewusst wie möglich. »Und ich trage einen Suit. Von Seamither´s maßgeschneidert, wenn du es wissen willst. Im Nachhinein wohl etwas zu edel, muss ich zugeben. Vor allem für diese Gesellschaft. Der billige von Stick & Stone hätte es auch getan, das ist wohl wahr …«
    Die anderen sahen mich verständnislos an. Für guten Stil hatte Kieran noch nie einen Sinn gehabt.
    Ich deutete mit dem Kinn auf ihn. »Das ist der Förster, der einst in den Diensten der Lady stand. Scheinbar hat er sein Gebiet etwas … ausgeweitet.«, erklärte ich dem Lord. »Allerdings fragt man sich, warum. Hast wohl deine Räuberbande verloren? Alles ist besser, als in England zu versauern, nicht Kieran?«, giftete ich.
    Er reagierte nicht. Das hatte ich schon immer an ihm gehasst, diese Arroganz und Souveränität – und leider auch bewundert, bis hin zur Vergötterung.
    »Nun, eigentlich bin ich kein Förster, Mister …?« Er reichte Sandford die Hand.
    »Lord. Sandford«, sagte dieser und schlug ein.
    »Wales?«, fragte Kieran mit hochgezogenen Brauen.
    Sandy nickte knapp. »Westen.«
    »Raue Gegend.«
    »Wie man es nimmt – ich bin fast nie dort.«
    Kieran nickte erneut und wandte sich beinahe gelangweilt wieder mir zu: »Wohin soll denn die Reise gehen? Nicht zu weit, hoffe ich. Ihr könntet Frederick den echten Räubern versehentlich zum Fraße ausliefern.«
    Ich beschloss, seinen Spott wie immer zu ignorieren und entgegnete knapp: »Hier haben wir noch keine der berüchtigten deutschen Räuberbanden getroffen. Ammenmärchen wohl!«
    »Habe ich auch nicht angenommen. Ihr wärt bereits allesamt Eintopf, so wie ihr durch das Dickicht brecht.«
    Ich schielte erbost zu Sandy. »Gebrochen hat bisher nur einer von uns. Und zwar inmitten der britischen See.« Ich zeigte anklagend auf den Lord, in der Hoffnung, ausnahmsweise nicht allein als Schwächling dazustehen.
    »Dein Repertoire an Wortwitzen erheitert mich noch immer, Fred. Hast du dir diesen wenigstens

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