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Glanz und Elend der Kurtisanen (German Edition)

Glanz und Elend der Kurtisanen (German Edition)

Titel: Glanz und Elend der Kurtisanen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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aufhielt.
    »Kut, gommen Se in die Rie Sainte-Schorsche,« sagte der Baron, indem er stehen blieb, wie ein Hund vor einem Rebhuhn haltmacht. »Das Wedder ist brachtvoll, wir werden in den Champs Elysées schbaßieren fahren, und Frau Saint-Esdèfe wird mit Eischenie Ihre kanße Doilette, Ihre Wäsche und unser Tiner in die Rie Sainte-Schorsche hinieberschaffen.« »Ich werde alles tun, was Sie wollen,« sagte Esther, »wenn Sie mir das Vergnügen machen wollen, meine Köchin ›Asien‹ zu nennen und Eugenie ›Europa‹. So habe ich alle Frauen genannt, die mir gedient haben, von den beiden ersten an, die ich je gehabt habe. Ich liebe die Abwechslung nicht ...« »Aßien ... Eiroba ...« wiederholte der Baron, indem er in ein Gelächter ausbrach. »Wie gomisch Sie sind ... Sie haben Ainfälle ... Ich gönnte viele Tiners essen, ehe ich aine Göchin Aßien nennte.« »Es ist unser Beruf, daß wir komisch sind,« sagte Esther. »Sehen Sie, kann denn ein armes Mädchen nicht Asien für sich kochen und sich von Europa kleiden lassen, während Sie doch von der ganzen Welt leben? Das ist ein Mythus! Es gibt Frauen, die die Erde aufessen würden, und ich will nur die Hälfte; nicht?«
    ›Was fier aine Frau diese Frau von Saint-Esdèfe ist!‹ sagte der Baron bei sich selber, indem er den Wandel in Esthers Wesen bewunderte.
    »Europa, ich brauche einen Hut, meine Tochter,« sagte Esther. »Ich muß einen Kapotthut aus schwarzem Satin mit rosa Futter und Spitzengarnitur haben.« »Frau Thomas hat ihn nicht geschickt ... Auf, Baron, schnell! Tummeln Sie sich! Beginnen Sie Ihren Dienst als Lastträger, das heißt als glücklicher Mensch! Das Glück ist schwer! ... Sie haben Ihren Wagen, gehen Sie zu Frau Thomas,« sagte Europa zum Baron. »Lassen Sie durch Ihren Bedienten um den Kapotthut der Frau van Bogseck bitten ... Und vor allem«, flüsterte sie ihm ins Ohr, »bringen Sie das schönste Bukett mit, das in Paris vorhanden ist. Wir sind im Winter, sehen Sie zu, tropische Blumen zu finden.«
    Der Baron ging hinunter und sagte zu seinem Bedienten: »Szu Frau Thomas.«
    Der Kutscher fuhr seinen Herrn zu einer berühmten Konditorei. »Es ist aine Motistin, Tummkopf kaine Dortenpäckerin!« sagte der Baron, der zum Palais-Royal eilte, zu Frau Prévot, von der er für zehn Louisdor einen Strauß zusammenstellen ließ, während sein Bedienter zu der berühmten Modistin fuhr.
    Der oberflächliche Beobachter fragt sich, wenn er in Paris spazieren geht, welches die Narren sind, die jene fabelhaften Blumen kaufen, wie sie den Laden der berühmten Blumenhändlerin schmücken, oder die Erstlinge Chevets, des Delikatessenhändlers von europäischem Ruf, des einzigen, der mit dem Rocher de Cancale eine wirkliche und wundervolle ›Revue der beiden Welten‹ bietet ... Jeden Tag erheben sich in Paris hundert und einige Leidenschaften gleich der Nucingens, und sie zeigen sich in Seltenheiten, wie sie Königinnen sich nicht zu schenken wagen, wie man sie aber auf den Knien jenen Mädchen darbringt, die zu glänzen lieben. Ohne einen solchen Hinweis würde eine ehrliche Bürgersfrau nicht begreifen, wie ein Vermögen in den Händen dieser Geschöpfe zerschmelzen kann, deren soziale Obliegenheit im System Fouriers vielleicht darin besteht, daß sie das Unglück des Geizes und der Habgier wieder gutmachen. Solche Verschwendung wirkt ohne Zweifel auf den sozialen Organismus wie der Schnitt einer Lanzette auf einen vollblütigen Körper. In zwei Monaten hatte Nucingen den Kleinhandel mit mehr als zweihunderttausend Franken bewässert.
    Als der alte Liebhaber zurückkehrte, brach die Nacht herein, das Bukett war überflüssig. Im Winter legt man die Spazierfahrt auf den Champs Elysées in die Zeit von zwei bis vier Uhr. Immerhin diente der Wagen Esther dazu, sich von der Rue Taitbout in die Rue Saint-Georges zu begeben, wo sie Besitz ergriff von dem ›glainen Balais‹. Nie, das muß man sagen, war Esther der Mittelpunkt eines solchen Kultus und einer solchen Verschwendung gewesen; sie war überrascht; aber sie hütete sich wie all jene königlichen Undankbaren, das geringste Staunen zu verraten. Wenn man in Rom Sankt Peter betritt, so zeigt man, um einen Anhalt über die Größe und Höhe der Königin aller Kathedralen zu geben, den kleinen Finger einer Statue, der ich weiß nicht welche Länge hat und doch als ein kleiner Finger in natürlicher Größe erscheint. Nun hat man gegen alle Schilderungen so viele Einwände erhoben, obwohl sie für

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