Glanz und Elend der Kurtisanen (German Edition)
geschickt den Generalpolizeidirektor ins Spiel, dem der Polizeipräfekt mitteilte, daß die Leute, die sich in dieser Sache über Peyrade beklagt hatten, keine geringeren gewesen seien als der Graf von Sérizy und Lucien von Rubempré.
»Wir haben sie!« hatten Peyrade und Corentin ausgerufen. Der Plan der beiden Freunde war im Nu entworfen. »Dieses Mädchen hat Beziehungen gehabt, sie hat Freundinnen. Es ist unmöglich, daß nicht unter diesen Freundinnen eine im Unglück ist; einer von uns muß die Rolle eines reichen Ausländers spielen, der sie unterhält; wir werden sie zusammenbringen. Sie sind einander für das Tricktrack der Liebhaber stets vonnöten, und dann stehen wir im Herzen der Festung.«
Es war ganz natürlich, daß Peyrade daran dachte, die Rolle des Engländers zu übernehmen. Das Leben der Ausschweifung, das er führen mußte, bis das Komplott, dem er zum Opfer gefallen war, entdeckt wurde, lächelte ihm, während Corentin sich wenig daraus machte, denn seine Arbeiten hatten ihn gealtert, und er war kränklich. Als Mulatte entging Contenson Herreras Gegenpolizei auf der Stelle. Drei Tage vor der Begegnung Peyrades mit Frau du Val-Noble auf den Champs Elysées war der letzte der Agenten der Herren von Sartine und Lenoir mit einem vollständig ordnungsmäßigen Paß versehen, in der Rue de la Paix im Hotel Mirabeau abgestiegen; er kam über Le Havre aus den Kolonien, und zwar in einer so kotbespritzten Kalesche, als käme sie wirklich aus Le Havre, obwohl sie nur den Weg von Saint-Denis nach Paris gemacht hatte.
Carlos Herrera seinerseits ließ auf der spanischen Gesandtschaft seinen Paß visieren und rüstete auf dem Quai Malaquais alles für eine Reise nach Madrid. Der Grund war dieser. In wenigen Tagen sollte Esther Besitzerin des kleinen Hotels in der Rue Saint-Georges sein; sie sollte auch Staatspapiere über dreißigtausend Franken Rente erhalten; Europa und Asien waren listig genug, um sie zu veranlassen, daß sie sie verkaufte und Lucien heimlich den Erlös übergab. Lucien, den die Freigebigkeit seiner Schwester angeblich reich gemacht hatte, sollte auf diese Weise den Rest des Preises der Ländereien von Rubempré erhalten. Niemand konnte daran etwas auszusetzen finden. Nur Esther konnte indiskret sein; aber sie wäre eher gestorben, als daß sie sich hätte eine Bewegung der Wimpern entschlüpfen lassen. Klotilde hatte eben ein rosa Tuch um ihren Schwanenhals gelegt, und also war im Hotel Grandlieu das Spiel gewonnen. Die Aktien der Omnibusse gaben bereits drei Kapitalien statt eines. Wenn Carlos auf ein paar Tage verschwand, so leitete er jeden Argwohn irre. Menschliche Voraussicht hatte alles vorausgesehen, ein Fehler war nicht möglich. Der falsche Spanier sollte am Tage, nach dem Peyrade auf den Champs Elysées Frau du Val-Noble getroffen hatte, aufbrechen. In ebendieser Nacht aber kam gegen zwei Uhr morgens im Fiaker Asien auf den Quai Malaquais, und sie fand den Heizer dieser ganzen Maschinerie in seinem Zimmer rauchend vor; er ging gerade den Abriß des Ganzen durch, den wir mit wenigen Worten wiedergegeben haben, wie etwa ein Autor eine Seite seines Buches durchfeilt, um Fehler zu finden, die er verbessern könnte. Ein solcher Mensch wollte nicht zweimal eine Vergeßlichkeit begehen, wie er sie in betreff des Portiers der Rue Taitbout begangen hatte. »Paccard«, sagte Asien ihrem Herrn ins Ohr, »hat gestern um zweieinhalb Uhr auf den Champs Elysées Contenson erkannt; er war als Mulatte verkleidet und diente einem Engländer als Diener, der seit drei Tagen auf den Champs Elysées spazieren geht, um Esther zu beobachten. Paccard hat den Hundsfott an den Augen erkannt, genau wie ich, als er Austräger der Markthalle war. Paccard hat die Kleine so nach Hause gefahren, daß er unsern Schlingel nicht aus den Augen verlor. Er wohnt im Hotel Mirabeau; aber er hat mit dem Engländer solche Zeichen der Verständigung ausgetauscht, behauptet Paccard, daß der Engländer unmöglich ein Engländer sein kann.«
»Uns sitzt eine Bremse auf dem Rücken,« sagte Carlos. »Ich reise erst übermorgen. Dieser Contenson ist sicher der, der uns den Portier der Rue Taitbout hierher nachgeschickt hat; wir müssen in Erfahrung bringen, ob der falsche Engländer unser Feind ist.«
Mittags bediente der Mulatte des Herrn Samuel Johnson voll Ernst seinen Herrn, der aus Berechnung stets zu gut frühstückte. Peyrade wollte als ein Engländer von der Gattung der Trinker gelten; er ging stets nur
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