Glanz und Elend der Kurtisanen (German Edition)
überließ den Palast als erster dem Parlament, [Fußnote: Gerichtshof letzter Instanz.] einer damals neu geschaffenen Einrichtung, und zog selbst unter dem Schutz der Bastille in das berühmte Hôtel Saint-Pol, an das man später den Palais des Tournelles anbaute. Dann kehrte unter den letzten Valois die königliche Familie ins Louvre zurück, das ihre erste Bastille gewesen war. Die erste Wohnung der französischen Könige, der Palast des heiligen Ludwig, der kurzweg den Namen ›des Palastes‹ bewahrt hat, um ›den‹ Palast an sich zu bezeichnen, ist jetzt ganz und gar begraben unter dem Justizpalast; er bildet seine Keller, denn er war wie die Kathedrale in die Seine gebaut worden, und zwar so sorgfältig, daß der Fluß selbst bei Hochwasser kaum ihre ersten Stufen bedeckte. Etwa zwanzig Fuß unter dem Quai de l'Horloge liegen jetzt diese tausendjährigen Bauten. Die Wagen rollen auf dem Niveau der Kapitale jener starken Säulen der drei Türme, deren Höhe ehemals mit der Eleganz des Palastes in Einklang gestanden haben muß, als sie noch malerisch über dem Wasser standen; denn noch heute nehmen diese Türme es an Höhe mit den höchsten Monumenten von Paris auf. Wenn man diese ungeheure Stadt von der Höhe der Laterne des Pantheon herab betrachtet, so ist der Palast mit der Sainte-Chapelle noch immer das, was unter so viel Monumenten den monumentalsten Eindruck macht. Dieser Palast unserer Könige, auf den man tritt, wenn man den ungeheuren Vorsaal des Gerichts durchschreitet, war ein Wunder der Architektur; er ist es für die verständnisvollen Augen des Dichters, der ihn studiert, wenn er die Conciergerie untersucht, noch heute. Ach! die Conciergerie ist eingedrungen in den Palast der Könige. Es blutet einem das Herz, wenn man sieht, wie man Zellen, Nischen, Gänge, Wohnungen, Säle ohne Licht und Luft in diese große Komposition hineingeschnitten hat, in der das Byzantinische, das Romanische und das Gotische, diese drei Gesichter der alten Kunst, durch die Architektur des zwölften Jahrhunderts vereinigt wurden. Dieser Palast ist für die erste Epoche der Geschichte der französischen Baukunst, was das Schloß von Blois für die Geschichte ihrer zweiten Epoche ist. Wie man zu Blois (siehe »Étude sur Cathérine de Médicis«, »Études philosophiques ) in einem Hof das Schloß der Grafen von Blois, das Ludwigs XII., das Franz' I., und das Gastons bewundern kann, so findet man innerhalb desselben Umkreises in der Conciergerie den Charakter der ersten Geschlechter und in der Sainte-Chapelle die Architektur des heiligen Ludwig. Ihr Stadträte, wenn ihr Millionen hergebt, so stellt den Architekten einen oder zwei Dichter zur Seite, wenn anders ihr die Wiege von Paris, die Wiege der Könige retten wollt, während ihr euch überlegt, wie ihr Paris und eurem höchsten Gerichtshof einen Frankreichs würdigen Palast zu geben vermögt! Es ist das eine Frage, die ein paar Jahre lang überlegt sein will, ehe man irgend etwas beginnt. Noch ein oder zwei Gefängnisbauten gleich dem der Roquette, und der Palast des heiligen Ludwig ist gerettet.
An vielen Wunden leidet heute dieses riesenhafte Monument, das gleich einem jener vorsintflutlichen Tiere im Gips von Montmartre unter dem Palast und dem Kai vergraben liegt; aber die größte Wunde ist die, daß es als Conciergerie dienen muß! Man versteht dieses Wort. [Fußnote: Es heißt etwa ›Vogtei‹.] In den ersten Zeiten der Monarchie wurden die großen Schuldigen – denn die Bauern und Bürger unterstanden städtischer oder ritterschaftlicher Rechtsprechung –, wurden die Inhaber der großen oder kleinen Lehen dem König zugeführt und in der Conciergerie in Haft gehalten. Da man nur wenige solcher großen Schuldigen verhaftete, so genügte die Conciergerie für die Rechtsprechung des Königs. Es ist schwer, die Baustelle der ersten Conciergerie genau zu erkunden. Da jedoch die Küchen des heiligen Ludwig noch vorhanden sind und heute das ausmachen, was man die ›Souricière‹ nennt, so ist anzunehmen, daß die ursprüngliche Conciergerie da lag, wo sich vor 1825 die Conciergerie des Parlaments befand, nämlich unter der Arkade rechts von der großen Außentreppe, die zum zweitinstanzlichen Gericht hinaufführt. Dort kamen bis 1825 die Verurteilten heraus, wenn sie zum Tode gingen. Dort kamen alle großen Verbrecher, alle Opfer der Politik heraus, die Marschallin von Ancre wie die Königin von Frankreich, Semblançay wie Malesherbes; Damien wie Danton,
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