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Glanz und Elend der Kurtisanen (German Edition)

Glanz und Elend der Kurtisanen (German Edition)

Titel: Glanz und Elend der Kurtisanen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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Ludwig XIV, dazu trieb, Versailles zu erbauen, die die Menschen in alle verderblichen Unternehmungen stürzt: die Miasmen eines Sumpfes in eine Fülle köstlicher Wohlgerüche über lebendigen Wassern zu verwandeln; auf einem Hügel einen See anzulegen, wie es der Fürst von Conti zu Nointel tat, oder Schweizer Ansichten zu Cassan, wie es der Generalpächter Bergerat unternahm. Kurz, da bricht die Kunst in die Moral ein.
    Der Priester schämte sich, weil er dieser Zärtlichkeit erlegen war, und stieß Esther heftig zurück; sie setzte sich, gleichfalls beschämt, denn er sagte zu ihr: »Sie sind immer noch Kurtisane!« Und er schob den Brief kühl in seinen Gürtel zurück. Wie ein Kind, das nur einen einzigen Wunsch im Kopf hat, ließ Esther nicht ab, die Stelle des Gürtels anzustarren, hinter der der Brief stak. »Liebes Kind,« fuhr der Priester nach einer Pause fort, »Ihre Mutter war Jüdin, und Sie sind nicht getauft; aber Sie sind auch nie in die Synagoge geführt worden: Sie sind in der Vorhölle, in die die kleinen Kinder kommen ...« »Die kleinen Kinder! ...« wiederholte sie mit gerührter Stimme. »... Wie Sie in den Listen der Polizei stehen, als eine Ziffer außerhalb der menschlichen Wesen,« sagte der unerschütterliche Priester, indem er fortfuhr: »Wenn die Liebe, die Sie flüchtig streifte, Ihnen vor drei Monaten den Eindruck gab, als würden Sie erst geboren, so müssen Sie von heute an das Gefühl haben, als ständen Sie wirklich in Ihrer Kindheit; Sie müssen sich völlig verwandeln, und ich übernehme es, Sie unkenntlich zu machen. Zunächst werden Sie Lucien vergessen.«
    Dieses Wort brach dem armen Mädchen das Herz; sie hob die Augen auf den Priester und schüttelte den Kopf; sie war nicht imstande zu reden, als sie von neuem im Heiland den Henker fand.
    »Sie werden wenigstens darauf verzichten, ihn zu sehen,« sagte er. »Ich werde Sie in ein Kloster führen, in dem die Töchter der besten Familien ihre Erziehung erhalten; Sie werden dort katholisch werden, man wird Sie in der Übung der christlichen Gebräuche unterweisen, in der Religion unterrichten; Sie können es als gebildetes, keusches, reines, wohlerzogenes junges Mädchen verlassen, wenn ...« (dieser Mensch hob den Finger und machte eine Pause), »wenn Sie die Kraft in sich fühlen, die Torpille hier zurückzulassen.« »Ach!« rief das arme Kind, für das jedes Wort gleichsam der Ton einer Musik gewesen war, bei deren Klang sich langsam die Pforten des Paradieses öffneten, »ach, wenn es möglich wäre, hier mein ganzes Blut zu vergießen, um ein neues dafür zu erhalten! ...« »Hören Sie mich an.« Sie verstummte. »Ihre Zukunft hängt von Ihrer Kraft, zu vergessen, ab. Denken Sie an den Umfang Ihrer Verpflichtungen! Ein Wort, eine Geste, die die Torpille verriete, tötet Luciens Frau. Ein im Traum gesprochenes Wort, ein unwillkürlicher Gedanke, ein zuchtloser Blick, eine Bewegung der Ungeduld, eine Erinnerung an die Ausschweifungen, eine Unterlassung, ein Kopfnicken, das enthüllte, was Sie wissen oder was Ihnen zu Ihrem Unglück bekannt geworden ist ...« »Lassen Sie, lassen Sie, mein Vater,« sagte das Mädchen mit der Glut einer Heiligen; »müßte ich in Schuhen aus glühendem Eisen gehen und lächeln, müßte ich in einem mit Stacheln besetzten Mieder leben und die Anmut einer Tänzerin bewahren, müßte ich mit Asche bestreutes Brot essen und Absinth trinken – alles wäre süß und leicht!«
    Sie sank wieder auf ihre Knie; sie küßte dem Priester die Schuhe, brach über ihnen in Tränen aus und benetzte sie, umschlang seine Beine und schmiegte sich an sie, indem sie unter Freudentränen sinnlose Worte murmelte. Ihre schönen, wundervollen blonden Haare rieselten herab und breiteten sich wie ein Teppich zu den Füßen dieses Himmelsboten aus, den sie düster und hart fand, als sie sich erhob und ihn ansah.
    »Wodurch habe ich Sie beleidigt?« sagte sie ganz entsetzt. »Ich habe von einer Frau gleich mir gehört, die Jesu Christi Füße mit Wohlgerüchen wusch. Ach, die Tugend hat mich so arm gemacht, daß ich Ihnen nur noch meine Tränen bieten kann.« »Haben Sie mich nicht verstanden?« erwiderte er mit grausamer Stimme. »Ich sage Ihnen, Sie müssen das Haus, wohin ich Sie führen werde, physisch und moralisch so verwandelt verlassen, daß keiner und keine von denen, die Sie gekannt haben, Ihnen je wieder ›Esther!‹ zurufen kann und Sie den Kopf zu wenden zwingt. Gestern hatte Ihnen die Liebe noch nicht

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