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Glashaus

Glashaus

Titel: Glashaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gray
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um `ne Vernehmung wegen des Joints in Ihrem Ascher herum.“
    In Bellinis Blick kroch ein samtig weicher Ausdruck.
    „ Wenn Sie den vernehmenden Bullen geben - war das `n ernstzunehmendes Angebot oder doch wieder nur das übliche leere Versprechen?“
    Trotz seiner inneren Anspannung zeichnete sich ein Lächeln auf Boyles Gesicht ab.
    „ Weder noch. Nur `n gut gemeinter Rat. Aber ich brauch wirklich Ihre Hilfe, Bellini. Ich bin der Sonderkommission zugeteilt, die Stiller eingerichtet hat. Alles was ich kriege, kriegen auch Sie. Außerdem schulden Sie mir immer noch einen Gefallen. Färber und Saleki, erinnern Sie sich? Ich hab Ihnen damals zu `n paar netten Schnappschüssen verholfen.“
    „ Nichts ist so alt wie die Schlagzeilen von gestern. Und versuchen Sie gefälligst nicht mich für dumm zu verkaufen: Färber und Saleki war für Sie was Persönliches und meine Story sozusagen das Sahnehäubchen auf IHRER Torte.“
    Bellinis Blick verhakte sich einen Moment an dem Pflaster auf Boyles Stirn.
    „ Die Treppe runter gefallen?“
    „ So ähnlich.“
    „ Steht Ihnen – hat so was Männliches.“
    Boyle hatte in dieser Nacht keinen Nerv für Komplimente. Noch nicht einmal, wenn sie von einer Frau wie Bellini kamen.
    „ Wollen Sie nun die Story? Ich brauch alles, was Sie über Stiller an dreckiger Wäsche kriegen können. Und ich brauch es noch heute Nacht.“
    Bellini, die an Boyle vorbei auf irgendeinen Punkt an ihrer Wohnzimmerwand starrte. Dann – ihre Hände, die den Handtuchturban lösten, das Handtuch fallen ließen und anschließend nach dem Drink mit der Olive griffen.
    „ Was soll das, Boyle? Wieso sind Sie so scharf darauf in Stillers dreckiger Wäsche zu wühlen? Weil Sie denken, dass irgendwer die Sünden des Vaters am Sohn abgebüsst hat? Oder wissen Sie es schon, aber wollen es mir nur nicht sagen?“
    Boyle zuckte die Achseln.
    „ Kommen Sie, Bellini. Sie wissen doch genau wie so was läuft. Der beste Weg um an einen Mörder zu kommen ist immer noch der über die schmutzigen kleinen Geheimnisse seines Opfers.“
    Boyle war klar, dass sein Lächeln zu schief und unsicher war, dass er damit ausgerechnet Bellini hätte beeindrucken können. Trotzdem ließ er es da wo es war.
    „ Dafür schulden Sie mir was, Boyle. Sie persönlich. Und Gott sei Ihnen gnädig, falls Sie es mir abschlagen, wenn ich deswegen irgendwann an Ihre Tür klopfe.“
    Boyle hatte keine große Wahl.
    „ Ich rufe Sie an. Nicht umgekehrt. Wir wollen doch nicht, dass da vielleicht irgendwer zufällig mithört.“
    Boyle hörte Bellini zum ersten Mal wirklich lachen. Ein tief aus dem Bauch herauf gekrochenes Kollern, das in ihm Erinnerungen an seine Mutter weckte, wenn sie sturzbesoffen auf der Suche nach einer Flasche, auf allen vieren, über den Küchenboden ihrer dreckigen Sozialwohnung gekrochen war.

3 / 4. 9. 2000, 22 Uhr 18 – 00 Uhr
    22 Uhr 18. Immer noch nichts im Radio. Zwei Tote in einer Nacht, und keiner schien Notiz davon zu nehmen.
    Younas fragte sich was das zu bedeuten hatte. Interessierte sich keiner dafür? Hatten sie eine Nachrichtensperre verhängt? Vielleicht. Was immer der Grund war – er spielte Younas in die Hände. Solange er ihnen immer um einen Schritt voraus blieb, hatte er eine Chance.
    Der Toyota schnurrte eine düstere Vorortstraße voll hässlicher Siebziger-Jahre-Plattenbauten herab.
    „ Wir sind einmal dort gewesen. An dem Abend als Du mit Mutter zu Halif gegangen bist“, hatte Sertab erzählt. Selbst, wenn er jetzt nur daran DACHTE, versetzte es ihm einen Stich.
    „ Er hat rotgefärbte Haare. Freitags legt er in einer Disco auf. In einem ehemaligen Supermarkt. Er ist groß und dürr. Die Disco heißt FUN.“
    Younas zwang sich, jetzt nicht an das zu denken, was Sertab ihm sonst noch von jenem Abend erzählt hatte. Ein spoilergemotzter Golf überholte ihn links trotz des Gegenverkehrs.
    Ein Impuls: Younas folgte ihm und stieß ein paar Minuten darauf auf die ersten Hinweisschilder: Mädchen in engen Hot Pants, die sich an einer Go-Go-Stange drehten. Darunter war ein dicker blauer Pfeil und das Versprechen auf die längste Happy-Hour der Stadt. Und am Himmel kreisten zwei riesige Spotlights.
    Er war auf dem richtigen Weg.
    Keine zehn Minuten darauf parkte Younas den Toyota bei dem ausrangierten Lastwagen, der der Disko als Träger für die Spots diente. Ein guter Ort für den Wagen, versteckt und doch nicht allzu weit von der Ausfahrt entfernt.
    Pärchen und Grüppchen und Betrunkene –

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