Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Glashaus

Glashaus

Titel: Glashaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gray
Vom Netzwerk:
durchwanderte er die Zimmer und endete schließlich in der Küche. Sah einen Moment zum Fenster auf die Straße hinaus, an deren Rand immer noch sein Alfa parkte.
    Jeglicher Zugang zu Personalakten war strikt beschränkt. Nur der oberste Führungsstab hatte das Recht auf Einsichtnahme ohne nervigen Papierkrieg. Dass eine Personalakte so spurlos verschwand, wie Becker es ihm weismachen wollte, war ausgeschlossen, es sei denn irgendwer ganz oben WOLLTE, dass Tommys Akte verschwand.
    In einem Punkt, so war Boyle überzeugt, hatte Becker bestimmt nicht gelogen: Die letzten, die Tommys Personalakte anforderten, waren Stiller und Klein.
    Boyle glaubte nicht, dass Stiller Tommy Graf auf ähnliche Art erpresst hatte wie ihn. Wahrscheinlich hatte er Tommy irgendeinen Deal angeboten, der so verlockend war, dass Tommy dafür so ziemlich jedes Risiko in Kauf genommen hatte.
    Keine Frage WAS für Tommy Graf so verlockend gewesen war, dass er dafür fast jedes Risiko eingegangen wäre - Haffners Job. Tommy Graf, die Schwuchtel, das Söhnchen mit mehr Kohle auf der Bank als er je ausgeben konnte – mit nicht mal fünfunddreißig Chef der MoKo. Endlich hätte er allen bewiesen, dass mehr in ihm steckte als der exzentrische Nebenberufsbulle, für den ihn man ihn im Präsidium, den Revieren und auf der Straße gehalten hatte. Doch irgendwas lief schief und Tommy tappte seinem eigenen Ehrgeiz in die Falle.
    Tommy mochte ein Pedant gewesen sein und angesichts seines brennenden Ehrgeizes und persönlichen Hintergrundes in gewissem Sinne vielleicht sogar ein Spinner, aber ein Idiot war er nicht. Bestimmt hatte er sich abgesichert. Irgendwo mussten Memos, Berichte oder Fotos über das existieren, wovon Boyle überzeugt war, dass Tommy es für Stiller und Klein erledigt hatte.
    Boyle setzte sich auf den Küchentisch und schloss die Augen.
    „ Was haben sie von Dir verlangt? Was war ihnen so wichtig, dass sie dafür selbst einen Außenseiter, wie Dich, in Haffners Sessel gehoben hätten?“
    Boyle konnte sich nicht vorstellen, dass Tommy entscheidende Berichte oder Fotos in ein Bankschließfach oder zu einem Anwalt gebracht haben sollte. Nein, Tommy der Pedant, hätte nur sich selbst und seiner sicheren kleinen Welt getraut. Irgendwo hier musste versteckt sein, wonach Boyle suchte.
    Was hätten Tommy und Boyle selbst getan, wenn das hier nicht seine Wohnung, sondern die irgendeines X-beliebigen Fremden gewesen wäre?
    Zuerst wären sie, jeder für sich, durch die Zimmer geschlendert und hätten versucht all die Kleinigkeiten in sich aufzunehmen, die eine Wohnung erst zu einer wirklichen Bleibe machten: das schmutzige Geschirr in der Spüle, die Staubflusen unter den Schränken, die Klamotten auf dem ungemachten Bett und Haare im Waschbecken.
    Dann hätten sie sich, wie Boyle es jetzt tat, zurückgezogen und ihre Eindrücke auf sich einwirken lassen, anschließend noch einmal von vorn angefangen und das Spiel solange wiederholt bis einem von ihnen irgendeine Anomalie ins Auge gefallen wäre.
    So etwas, wie ein um eine Winzigkeit verschobener Teppich, ein Schubfach, das um Millimeter zu weit offen stand, ein Schrank unter dem sich, im Gegensatz zu allen anderen, keine Staubflusen tummelten, ein Tisch, ein Computer, ein Waschbecken, die zu sauber, zu dreckig, oder eben einfach bloß zu sehr Tisch, Computer oder Waschbecken waren.
    In seine Überlegungen vertieft, nahm Boyle die Schritte erst wahr, als es bereits zu spät war.
    „ Irgendwie hab ich geahnt, dass ich Dich hier treffen würde.“
    Haffner hatte seinen hellen Sommermantel locker über den Arm gelegt, die rechte Hand in der Hosentasche verborgen und in seine Insektenaugen ein klaren kühlen Schimmer gelegt.
    „ Weit und breit kein Kanakenkiller zu sehen, Haffner. Was tust Du also hier?“
    Haffner warf den Mantel über einen Küchenstuhl.
    „ Dasselbe wie Du, nehme ich an. Nur vielleicht aus einem anderen Grund.“
    Boyle tat überrascht.
    „ Tommys Mörder?“
    Haffner schüttelte den Kopf.
    „ Nein, den Maulwurf, der mir seit Monaten meine Ermittlungen versaut.“
    „ Was für`n Maulwurf?“
    „ Diese Prostituierte, die wir letztes Jahr unter der Brücke gefunden haben, erinnerst du Dich? Sie wollte aussagen. Ich hab ein Treffen arrangiert. Aber als ich hinkam war sie schon tot. Der Sitte und der Drogenfahndung ging es mit ihren Fällen auch nicht viel besser. Zuerst dachte ich, wie alle anderen, an Zufall, aber mit der Zeit wurden es zu viele Zufälle.“
    Haffner war

Weitere Kostenlose Bücher