Glashaus
erstaunt fest, dass der Rausch dem er sich zuerst widerwillig, zunehmend aber bereitwilliger und schließlich auf eine eigenartige Weise sogar mit jeder Faser seines Herzens hingegeben hatte, ebenso unspektakulär schleichend zu Ende ging, wie er zu Beginn dieser Nacht von ihm Besitz ergriffen hatte.
Dennoch bereute er nichts.
Younas öffnete die Augen, und sah durch die Windschutzscheibe zu dem Streifenwagen gegenüber.
Woher nur soll ich die Kraft nehmen, jetzt auszusteigen da hinüber zu gehen, an die Scheibe zu klopfen und ihnen zu sagen: ich bin der, den ihr schon die halbe Nacht sucht?
Ein Lieferwagen suchte sich seinen Weg an dem Streifenwagen vorbei Richtung Krankenhaus.
Younas stieg aus und überquerte die Straße in Richtung des Streifenwagens. Kam dabei an einem kleinen Kiosk vorbei. Eine geradezu irrwitzige Idee, brachte ihn dazu umzukehren und wieder in den Ford zu steigen.
7 Uhr 45. Boyle hatte nicht erwartet, dass Premuda oder Stiller vor ihm den Treffpunkt erreicht hätten. Dazu war ihnen zu wenig Zeit geblieben, seit er sie mit seinem Anruf aufgeschreckt hatte. Premuda hatte er - wie er hoffte - durch einen seiner Kapos in seinem Haus am Stadtrand erreicht und Stiller über seine Frau, die geklungen hatte als stünde sie unter dem Einfluss irgendwelcher Muntermacher.
Wenn es einen Ort in der City gab, den Boyle wirklich mochte, dann war es dieses Stück Rasen am Rand des Parks das von hohen alten Bäumen begrenzt, einem kleinen Verein von Bogenschützen als Trainingsfeld diente.
Vor einigen Jahren war er während einer Ermittlung zufällig hierher geraten und hatte sich sofort in die stille Würde dieses Ortes verliebt. Vielleicht war es gerade das, was für ihn den Zauber dieses Ortes ausmachte: Die Verbindung aus der selbstgewissen Würde der alten Bäume und der unheimlichen Leichtigkeit mit der die Schützen hier mit ihren tödlichen Waffen hantierten.
„ Hallo, Bulle“, krächzte Premuda von irgendwoher rechts hinter Boyle.
„ Du hast Tommy Graf erschossen“, flüsterte Boyle ohne sich nach dem alten Mann hinter ihm umzusehen.
„ Ich habe schon viele Männer sterben sehen. Und ich bin ziemlich sicher, dass es noch ein paar mehr werden könnten.“
„ Drohst Du mir?“
„ Nein.“
„ Ich hätte achtzig zu vierzig gewettet, dass Du nicht kommst alter Mann.“
„ Ich habe keine Angst vor Dir. Du bist kein Killer. Ich könnte Deine russische Freundin neben Dir schlachten lassen und Du würdest immer noch glauben, dass ich dafür für fünfundzwanzig bis immer in den Knast gehöre, statt mit Deiner Kugel im Kopf irgendwo in die Gosse. Wir sind, was wir sind, Bulle. Und Du bist nun mal kein Killer.“
Boyle zuckte unmerklich zusammen, sowie der Alte sich jetzt neben ihn stellte,
„ Halif Kahn hat einen Russen namens Ryschkow in seinem Kühlhaus töten lassen. Weißt Du etwas davon?“
„ Ich weiß, wer es getan hat, wenn es das ist.“
„ Das weiß ich mittlerweile auch. Nur bezweifle ich, dass Halif gesund und munter von seiner Reise nach Istanbul zurückkommen wird. Du nicht auch?“
Premuda lachte sein hartes krächzendes Lachen.
„ Du irrst Dich. Ryschkow war bloß ein Handlanger. Halif wird gesund und munter aus Istanbul zurückkehren. Und Dein Freund Stiller wird keinen Finger rühren um ihn wegen Ryschkow hinter Gitter zu bringen. Die Schwuchtel hat geredet bevor er starb. Ich weiß von den Akten. Ich weiß, dass Stolze seit Jahren für Halif den Handlanger gemacht hat, und zwar zusammen mit diesem anderen Bullen - Geist.“
„ Hallo Premuda.“
Boyle fuhr herum und sah sich Stiller gegenüber.
„ Stolze und Geist haben nur deswegen für Halif Kahn gearbeitet, weil sie Ihnen schon lange nicht mehr genug Mumm zugetraut haben, die Stadt weiterhin im Griff zu behalten.“
Premuda blickte regungslos auf Bäume und Bastzielscheiben.
„ Diesmal wird Ihnen keiner mehr aus der Patsche helfen können. Ich bring Sie für den Rest Ihres erbärmlichen Lebens hinter Gittern. Sie hätten Ihre Finger von Tommy Graf lassen sollen.“
Etwas Eigenartiges geschah.
Boyle sah kaum die Bewegung mit der der Alte einen schnellen Schritt auf Stiller zumachte, mit einer einzigen flüssigen Bewegung eine winzige Pistole aus dem Mantel zog, sie an Stillers Stirn setzte, abdrückte und sich beinah im selben Augenblick auch schon wieder von Stillers in sich zusammenfallender Gestalt entfernte.
Premuda zog ein Taschentuch aus seinem Mantel hervor, wischte damit sorgfältig über
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