Glasklar
beschert.
Die Bedienung kam, und sie bestellten je ein kleines Pils.
»Was mich stutzig macht«, sagte Bayreuter mit gedämpfter Stimme, doch die Gespräche um sie herum waren laut genug, um alles zu übertönen, »das ist die Frage nach dem Küchenmesser.«
Brandt sah seinen Freund verständnislos an. »Werner wurde erstochen, vergiss das nicht.« Dann vergewisserte er sich: »Ihr habt doch ein Messer dabeigehabt, oder?«
»Klar hatten wir eins dabei. Meines.« Bayreuter wurde schlagartig bewusst, welche Bedeutung dieser Tatsache beigemessen werden konnte.
»Du hast es aber noch?« Brandts zweifelnde Frage ließ in seinem Gehirn sämtliche Alarmglocken schrillen. Das Messer. Es hatte vorhin beim Ausräumen seines Autos gefehlt. Jedenfalls war es nicht im Besteckkorb gewesen.
»Bist du sicher?«, forschte Brandt.
Bayreuters Gesichtsfarbe hatte sich verändert. Er erwiderte nichts, sondern fingerte in den Taschen seines Freizeithemds nach dem Handy. »Ich frag Angelika«, erklärte er schließlich knapp.
Eine halbe Minute später hatte er sie am Apparat. »Ich bin’s«, meldete er sich so leise er nur konnte. »Das Küchenmesser … kannst du mal schnell nachsehen, ob es tatsächlich nicht in dem Korb drin ist – oder vielleicht in einem der Kartons?«
Angelika wollte etwas entgegnen, doch Bayreuter bat sie inständig, sofort nachzusehen, denn es sei wichtig. Er hörte ihre Schritte, die die Stufen zur Garage hinuntereilten. Schließlich sagte sie: »Wenn es in dem Korb oder in den beiden Kartons sein sollte, ist es nicht da. Warum? Warum fragst du?«
»Erklär ich dir später!«, antwortete er knapp und legte auf. »Nicht da«, wandte er sich gleich darauf an seinen Freund.
»Da bleibt nur eins: Wir müssen es der Kripo melden.«
Sie erhoben sich in dem Moment, als Sander und seine Partnerin zur Tür hereinkamen. Der Journalist sah die beiden Schulfreunde verwundert an.
»Wir kommen gleich wieder«, gab sich Bayreuter ungewöhnlich wortkarg. Brandt grinste verlegen.
Manuela Maller, Kripochefin im knapp zehn Kilometer entfernten Göppingen, war im Lehrsaal der Direktion eingetroffen, wo sich inzwischen ein halbes Dutzend Kriminalisten an die Arbeit gemacht hatte. Häberle und Specki hatten bereits mehrfach angerufen und sie auf dem Laufenden gehalten. Die Kollegen der Spurensicherung wurden von einer Hundertschaft der Bereitschaftspolizei unterstützt, die – wie in solchen Fällen üblich – den Tatort weiträumig absuchte. Meist wusste man nicht, wonach, aber es bestand die Möglichkeit, dass der Täter irgendetwas weggeworfen oder verloren hatte, was später von Bedeutung sein könnte. Mittlerweile kreiste auch ein Hubschrauber der Landespolizeidirektion tief über den Baumwipfeln und den Lichtungen, um die Mannschaften auf dem Boden zu unterstützen und zu dirigieren. Gleichzeitig wurden die Ausflügler in dem weitläufigen Gelände per Lautsprecher aufgefordert, verdächtige Gegenstände nicht anzufassen, sondern deren Fundort der Polizei im Wasserberghaus zu melden. Jetzt galt es, keine Chance ungenutzt zu lassen, um an Beweismittel zu kommen.
»Was ist eigentlich mit Herrn Linkohr?«, fragte die Kripochefin in die Runde, während sie selbst ein Laptop in die vorgesehenen Netzwerkverbindungen stöpselte. Niemand konnte ihr eine Antwort geben. Sie hatte sich längst gewundert, dass der engagierte Jungkriminalist noch nicht aufgetaucht war. Vermutlich, so dachte sie, war es halt doch so, wie man über ihn witzelte: dass er jeden Morgen aus einer anderen Richtung zur Dienststelle angefahren kam. Seit er keine feste Freundin mehr hatte, schien er ein bisschen von der Rolle zu sein. Und vermutlich war er auch deshalb telefonisch nicht erreichbar.
»Die Kollegen auf’m Berg haben bereits die Namen jeder Menge Personen, die wir überprüfen müssen«, erklärte sie den Männern, die bislang nur oberflächlich über die Geschehnisse informiert waren.
»Eine Beziehungstat?«, wollte einer der Kriminalisten wissen und pinnte eine bei Google Earth ausgedruckte Satellitenaufnahme vom Gebiet des Wasserbergs an die Wand.
»Herr Häberle will derzeit gar nichts ausschließen«, erwiderte die zierliche Manuela Maller, die in engen Jeans und weißer Bluse vor ihnen stand. Auch sie hatte sich diesen Sonntag anders vorgestellt.
»Hat man schon die Fahrzeuge überprüft, die auf den Wanderparkplätzen stehen?«, fragte ein anderer.
»Ist geschehen, ja. Heidenreichs Wagen parkt übrigens auf dem
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