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Glasseelen - Schattengrenzen #1 (German Edition)

Glasseelen - Schattengrenzen #1 (German Edition)

Titel: Glasseelen - Schattengrenzen #1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Meurer
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sprang Christoph auf Grimm zu und rammte ihm die Faust gegen die Kehle.
    Keuchend taumelte Grimm zurück und presste beide Hände gegen seinen Hals. Bevor er wieder nach seiner Waffe greifen konnte, trat Nathanael zwischen die beiden Männer.
    »Aufhören!«
    Atemlos beobachtete Camilla Grimms Reaktion. Bislang hörte er nur widerstrebend auf Nathanaels Befehle. Sie spannte sich, beständig sprungbereit, um Chris oder sich selbst aus der Schussbahn zu bringen. Für einen Moment sah es so aus, als überlegte Grimm ernsthaft, sich zu widersetzen. Seine Hand lag auf dem Kolben, während sich seine Blicke in Nathanaels breiten Rücken bohrten. Erwog er den Gedanken, seinen Meister zu beseitigen?
    Camilla presste die Kiefer aufeinander. »Das werden Sie nicht tun, Grimm«, presste sie hervor.
    Unweigerlich richtete sie sich auf einen Kampf ein. Sie suchte festen Stand, wobei sie Grimm keine Sekunde aus den Augen ließ. Wenn er sein Gesicht nicht verlieren wollte, musste er handeln, sie mental oder physisch angreifen.
    Er ließ sich Zeit. Seine große Hand lag gelassen auf der Waffe. Zugleich lächelte er süffisant. In seinen Augen funkelte unheimliches Feuer. Eine gewaltige Welle Energie traf sie.
    Keuchend stemmte Camilla sich gegen das, was er tat. Sie spürte nichts Greifbares, keine Manipulation, keine gezielten Gefühle, die er vermittelte, nur die rohe Gewalt, zu der er fähig war. Wie geballte Elektrizität traf sie ein zweiter Angriff. Gleißend rann die Energie durch ihre Nerven, versengte sie innerlich, flutete sie mit seinem Hass. Die Schmerzen stiegen, sensibilisierten sie bis in die Fingerspitzen für seinen Angriff, als hätte ihr jemand die Haut mit kochendem Wasser verbrüht und setzte nun ein Skalpell an …
    Nein. Das wirst du nicht schaffen.
    Camilla hörte ihre Stimme in sich widerhallen, zugleich war nicht sie diejenige, die diese Worte dachte. Christophs Kräfte rannen durch ihren Körper.
    Nathanael wirbelte herum, packte Grimm und trieb ihn brutal zurück, bis er mit dem Rücken gegen den Stahlschrank stieß. Geräte polterten zu Boden, Gläser zersprangen. Ölige Flüssigkeit rann zwischen den Scherben auf den Estrich. Augäpfel rollten über den Boden.
    Camilla prallte zurück, bevor sie mit geballten Fäusten verharrte. Die Attacke ihres Gegners verebbte.
    »Andreas, wenn du nicht willst, dass ich dich abschalte, reißt du dich am Riemen.« Nathanaels Präsenz wuchs spürbar an.
    Alles, was ihn ausmachte, seine tiefen Gefühle, die mühsam zurückgehaltene Wut, das reißende Tier, aber auch die Genialität eines Mannes, der seiner Zeit weit voraus war, baute sich zu einer Aura unbedingter Macht auf. Er füllte diesen gewaltigen Raum vollkommen aus. Fasziniert und ängstlich beobachtete sie, was geschah.
    Christoph trat zu ihr. Sein Gesicht hatte alle Farbe verloren. Auch ihm war Nathanaels unglaubliches Charisma nicht entgangen. »Gegen ihn ist Amadeo fast lächerlich.« Atemlos klang seine Stimme.
    Camilla nickte benommen. »Was für ein Wesen ist das?«
    Nathanaels Augen funkelten noch immer gefährlich. Das Raubtier schien Blut geleckt zu haben. Etwas Monströses, aber zugleich faszinierend Anziehendes lag in der Art, wie er sich verhielt.
    Er schloss die Augen. Mühsam zwang er sich zur Ruhe. Langsam kniete Nathanael nieder und fischte die Augäpfel aus den Scherben, um sie vorsichtig in ein anderes Gefäß gleiten zu lassen. Staub und Dreck lösten sich in dem Öl. Schaudernd konzentrierte sich Camilla auf Grimm, der kreidebleich an dem Schrank lehnte. Ihr fiel auf, dass der Schnitt unter seinem Auge wieder blutete. Sein ausdrucksloses Gesicht vermittelte seine Angst. Er fürchtete Nathanael.
    »Verzeiht mir.« Nathanael trat auf Chris und sie zu.
    Unfähig, etwas sagen zu können, wich sie seinem Blick aus. Ihr Herz raste noch immer. Nathanaels Präsenz sank langsam wieder. Er war nichts weiter als ein alter – mächtiger – Mann.
    »Camilla?«
    Sie zwang sich, Nathanael anzusehen.
    »Andreas besitzt unglaubliche Kräfte. Nimm dich vor ihm und diesem Talent in Acht.«
    »Was wollen Sie …« Ihre Stimme brach.
    »Du hast Christophs Leben gerettet. Im Austausch dazu gibst du einen Teil deines Lebens, etwas Menschlichkeit und ein Stück deiner Seele auf.« Er fuhr zu Grimm herum. »Du müsstest das besser wissen als jeder andere, mein junger Freund.«
    Grimm reagierte nicht. Er hielt den Blick gesenkt.
    Eisige Kälte kroch ihr in die Knochen. Christophs Leben zu bewahren, war zwingend.

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