Glatze mit Sommersprossen
vor?“
„Gibt’s im Ort einen Gasthof mit Zimmervermietung?“
„Ich kann Ihnen gern ein Zimmer im ,Ochsen“ bestellen.“
„Großartig. Dann werde ich jetzt mit Pinsel einen ausgedehnten Spaziergang unternehmen und anschließend einen ebenso ausgedehnten Mittagsschlaf machen. Der verschwiegene junge Mann sollte sich um 15 Uhr bei mir im ,Ochsen’ melden.“
„Werde ich veranlassen. Allerdings kann ich Sittner und Bleching erst nach 16 Uhr besuchen, da ich jetzt aufs Landratsamt fahre.“
„Das macht nichts!“
Ich fragte mich zu Bántrolyis Hof durch, nahm dort eine Nase voll fein duftendem Stall und sagte zu meinem Klienten: „Nach Einbruch der Dunkelheit postieren Sie sich in der Nähe von Sittners Haus und notieren die Uhrzeiten von Kommen und Gehen. Aber lassen Sie sich nicht sehen. Um 21 Uhr treffen wir uns im ,Ochsen’. Von dort aus gehen wir dann gemeinsam in das Büro des Bürgermeisters.“
„Also Sittner, das ist der Schuft...“ ereiferte er sich.
Ich schüttelte heftig den Kopf. „Noch ist Sittner genauso unschuldig wie Sie und wie ich. Was ich vorhabe, ist weiter nichts wie ein Experiment!“
„Also gut, wird sich Bántrolyi Josef unsichtbar machen!“
Punkt 15 Uhr schob sich ein junger Mann in mein „Ochsenzimmer“. Er machte einen aufgeweckten Eindruck. Leise sagte er:
„Ich heiße Martin Plöm. Der Bürgermeister sagte, ich solle Ihnen helfen, Detektiv zu spielen.“
Ich gab ihm den gleichen Auftrag wie Bántrolyi, nur mit dem Unterschied, daß er sich des Bauern Bleching annehmen sollte.
Und dann kam doch alles ein bißchen anders...
17.10 Uhr sah ich den Bürgermeister aus einem Hof kommen. „Ich war gerade bei Bleching!“ flüsterte er mir im Vorbeigehen zu. „Sittner konnte ich noch nicht erreichen, der kommt erst mit dem 18.20-Uhr-Zug.“
17.45 Uhr kaufte ich beim Metzger ein paar Knorpel für Pinsel.
18 Uhr brachte mir Bántrolyi einen Korb mit Wurst, Schinken und Semmeln in den „Ochsen“.
18.10 Uhr wollte Pinsel unbedingt Gassi gehen.
18.15 Uhr waren wir zurück.
18.35 Uhr stand plötzlich der Bürgermeister im Zimmer. Ziemlich verwirrt stellte er zwei große Flaschen Parfüm auf den Tisch. „Als ich genau eine halbe Stunde später nach unserem Treffen ins Büro kam, standen die Flaschen vor der Tür. Ich habe hier angerufen, aber man sagte mir, Sie seien mit dem Hund unterwegs.“
„Stimmt, wir waren beim Metzger!“
Er schüttelte ratlos den Kopf.
„Als ich Sittner ansprechen wollte, tat der, als habe er mich nicht gesehen. Verstehen Sie das?“
Ei der Daus und heiliges Kanonenröhrchen, und ob ich das verstand. Ich streckte dem Bürgermeister die Hand entgegen. „Lassen Sie sich Dank sagen!“
Er schlug ein, zögernd und fragend. „Dank wofür?“
„Für Ihre wertvolle Mitarbeit. Ich werde jetzt die beiden Beobachtungsposten nach Hause schicken und anschließend machen wir beide einen Besuch bei dem Attentäter. Vielleicht läßt sich alles wieder ins reine bringen, ohne daß es große Auseinandersetzungen gibt. Wer in so einer herrlichen Landschaft wohnt, sollte jeden Tag in Frieden und Eintracht genießen. Na,wie habe ich das gesagt?“
„A... Also w-w-w-enn man Ihnen so z-z-zuhört, könnte man direkt meinen, der Fall sei gelöst...“
„Ist er, Herr Bürgermeister. Und wenn Sie noch so überrascht in die Welt schauen.“
„Und welcher der beiden war es?“
„Das ist ganz einfach. Nur eine kleine Rechenaufgabe war für die Auflösung nötig. Wir beide trafen uns zehn nach fünf, da sagten Sie, daß Sittner erst mit dem 18.20-Uhr-Zug käme.“
„Stimmt!“ nickte Herr Fußegger.
„Diese Parfümflaschen hier fanden Sie eine halbe Stunde nach unserem Treffen. Das wäre dann also 17.40 Uhr gewesen. Zu einer Zeit also, zu der sich Sittner noch im Zug befand.
„Dann... dann war es also Bleching. Wer hätte das gedacht.“
„Kommen Sie. Mal sehen, wie er über Wiedergutmachung denkt...“
Ich, Balduin Pfiff, war Ehrengast bei der Versöhnungsfeier. Und ich schwöre, daß es nicht nur eine schöne Feier war, sondern auch, daß es lange her war, daß ich so schnell, so mühelos und so angenehm ein so rundes Honorar verdient hatte.
…seltsames Abenteuer Nr. 4
Die Dame mit den schwarzlackierten Fingernägeln
„Ich bin in einer verzweifelten Situation, sozusagen in einer peinlichen Zwickmühle“, jammerte der vornehme Herr Vande-mer, der mir seit zwei Minuten gegenübersaß und sich ein ums andere Mal gar nicht vornehm
Weitere Kostenlose Bücher