Glaub nicht es sei vorbei
gerahmtes Foto von einem dunkelhaarigen Mädchen in Cheerleader-Uniform, das in die Höhe sprang und dabei neckisch das Höschen unter dem Rock hervorblitzen ließ. Dabei grinste es unverfroren in die Kamera und hielt sich zweifellos für unwiderstehlich.
Das dritte Schlafzimmer gehörte eindeutig Jean. Eine hellblaue Tagesdecke lag über dem Bett, und ein weißes, herzförmiges Zierkissen ruhte auf den normalen Kissen. Auf einem leicht ramponierten Nachttisch stand eine kleine Leselampe mit einem billigen Stoffschirm. Ein Sortiment billiger Parfums und Lippenstifte war auf einer Spiegelkommode arrangiert, dazu fünf Duftkerzen mit Jasminaroma, die erst kürzlich gebrannt hatten.
Bill öffnete leise den Schrank. Makellose Schwesterntrachten. Drei Wollhosen, zwei aus Baumwolle, ein marineblaues Kostüm, mehrere Nylonpullis, das obligatorische kleine Schwarze. Zwei Paar Schwesternschuhe, Straßenschuhe, ein Paar schwarze und ein Paar weiße Pumps, beide in Payless-Schuhkartons. Jedes Kleidungsstück im Schrank war präsentabel, aber preisgünstig. Bill war darin Experte, denn seine Exfrau hatte nichts anderes im Kopf gehabt als Kleider. Während ihrer kurzen Ehe hatte sie mit seinen Kreditkarten sämtliche Konten geplündert, um sich schöne Kleider zu kaufen, die sie nirgends tragen konnte. Was ihm an Miss Wrights Schrank zudem auffiel, war die Abwesenheit von Jeans, T-Shirts und Turnschuhen. Er wusste, dass sie welche besaß — er hatte sie darin gesehen. Sie musste sie mitgenommen haben.
Er hielt inne und lauschte. »Vielleicht sollte ich Sabu mit zu mir nehmen«, hörte er Molly sagen. »Er könnte sich einsam fühlen.«
»Damit brächten Sie womöglich seine Gewohnheiten durcheinander. Katzen sind sehr eigen, was ihr Katzenklo anbelangt und so«, sagte Curry ernsthaft. »He, glauben Sie, dass Jean den Sand gewechselt hat? Riecht ein bisschen streng, wenn Sie mich fragen. Frisch ans Werk.«
Bill hätte beinahe gelacht. Das war mehr als Pflichterfüllung. Curry hatte eine Gehaltserhöhung verdient. Er hatte Bill noch ein wenig Zeit verschafft.
Er öffnete eine der Schubladen in Jeans Frisierkommode. Drei Höschen, ein BH. Zweifellos besaß sie mehr Unterwäsche. In einer anderen Schublade fand er zu seiner Überraschung ein paar sexy Negligees, ein blaues, tief ausgeschnittenes Nachthemd und ein weißes Hängerchen. Sich die strenge Jean in einem Hängerchen vorzustellen, fiel ihm schwer. Aber im Grunde war nur ihr Benehmen unattraktiv, nicht etwa ihr Gesicht oder ihr Körper. Vielleicht in diesen Kleidern ...
»Sehen Sie nur, er geht schon in den frischen Sand!«, rief Molly begeistert aus. »Danke, dass Sie dieses abscheulich stinkende Zeug in den Müll geworfen haben.«
Diesmal gab Curry keine Antwort, und das Fliegengitter wurde mit unnötiger Kraft zugeworfen. Bill nahm den Hinweis lächelnd zur Kenntnis und wandte sich dem kleinen Tisch am Fenster zu. Zuerst fand er eine hingekritzelte Notiz von einer Wendy, die Geld für einen »todschicken« Bikini haben wollte. Das musste die ehemalige Cheerleaderin sein. Als Nächstes fand er eine Karteikarte mit einer Telefonnummer, auf der kein Name stand. Die dürfte leicht herauszufinden sein. In einer Schublade lag ein Brief von der Bank, in dem man Jean drohte, ihr kleines Auto zu beschlagnahmen, wenn sie nicht umgehend die Raten bezahlte. Als Nächstes entdeckte er drei Kreditkartenrechnungen. Sie hatte ihre Kredite überzogen und nicht zurückgezahlt; zur Strafe musste sie jetzt wesentlich höhere Zinsen zahlen.
Bill notierte sich die Telefonnummer und legte die Rechnungen zurück. Jean Wright steckte in finanziellen Schwierigkeiten. Jean Wright hatte sich schon das ganze Jahr merkwürdig verhalten und gezwungenermaßen ihren Job aufgeben müssen. Jean Wright behauptete, sie sei nicht zu Hause gewesen., als man Todd Ryan entführt hatte. Das Mädchen, das darauf bestanden hatte, dass Jeans Aussage nicht der Wahrheit entsprach, war Opfer eines Mordanschlags geworden. Und nun war Jean Wright geflohen. Vielleicht waren es ja wirklich familiäre Gründe, aber er musste das auf jeden Fall überprüfen.
Bill wollte gerade das Zimmer verlassen, als sein Blick auf eine billige Stereoanlage fiel, die hinter der Tür stand. Wäre die Tür ganz offen gewesen, hätte er sie überhaupt nicht entdeckt. Aus purer Neugierde besah er sich die verschiedenen Knöpfe und Tasten. Er schaltete das Gerät ein und öffnete das Kassettendeck. Leer. Als er die eingelegte CD
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