Glaub nicht es sei vorbei
bewahrte einen kühlen Kopf. Sie musste sich ein Beispiel an ihm nehmen.
Rebekka spazierte zu einem der Rosengärten, hatte aber keinen Sinn für die blühende Pracht. Sie kehrte an den Kiosk zurück, kaufte sich eine weitere Limonade und bemühte sich, weniger hastig zu trinken, aber sie fühlte sich, als müsse sie verdursten. Dieses Warten machte sie noch verrückt. Die Band polterte weiter mit Ciribiribin . Die Menschen verschwammen zu einer undeutlichen Masse. Wieder näherte sie sich den Toiletten. Diesmal sah sie Clay an einem Baum lehnen und mit einer hübschen jungen Frau reden. Sie kochte innerlich. Ausgerechnet jetzt musste er flirten! Dann bemerkte sie, dass seine Augen immer wieder zum Eingang der Toilette wanderten. Natürlich konnte er nicht einfach da stehen und auf die Tür starren. Die Frau war nur ein Vorwand. Rebekka ärgerte sich über sich selbst, weil sein Verhalten ihr nicht gleichgültig war.
Bis um halb elf hatte die Band Home on the Range, Au Claire dela Lune, Oh, Susannah und Funiculi, Funicula durchgerockt. Erschöpft von der Anspannung, setzte Rebekka sich auf eine Bank, ungefähr zehn Meter von der Toilette entfernt, und beobachtete die Tür aus dem Augenwinkel heraus. Sie hatte sich bereits die vierte Flasche Limonade geholt und wünschte sich stattdessen eine Margarita mit einem doppelten Schuss Tequila.
Sie wusste nicht, was sie sich von dieser Nacht versprochen hatte, aber bestimmt nicht dieses Nichts. Wahrscheinlich hatte sie zu viele Bücher gelesen und Filme gesehen. Sie hatte Action erwartet, und nun konnte sie nichts anderes tun, als hier zu sitzen und zu warten und Limonade zu schlürfen.
3
»Diese Stadt verwandelt sich immer mehr in eine Mördergrube« , sagte Burt, der Barkeeper im Gold Key, zu Larry Cochran, nachdem er auf dem auf dem Bildschirm über der Bar die neuesten Nachrichten im Mordfall Matilda Vinson gesehen hatte. »Zuerst Skeeter, dann Miss Vinson. Und auch der Angriff auf Sonia Ellis. Armes Mädchen. Noch ein halbes Kind.«
»Ja, und es hätte nicht viel gefehlt, und das Kind wär nur noch ein blutiger Haufen Fleisch gewesen«, behauptete ein fetter Kerl neben Larry. Er hatte gewaltige Arme, über und über tätowiert, einen kahl rasierten Schädel, einen goldenen Schneidezahn und die winzigen gemeinen Augen eines Keilers. »Hübsches kleines Mädchen. Erstklassiges Fleisch.« Er lachte hämisch. »Aber diese Rothaarige, die sie gerettet hat, die ist auch nicht schlecht.«
»Kennst sie beide, was, Densh?«, fragte der Barkeeper mit vorsichtigem Lächeln. »In dieser Stadt kenn ich jede hübsche Braut, Burt«, prahlte Densh. »Und die meisten hab ich rumgekriegt, wenn du weißt, was ich meine.«
»Deutlicher ging's kaum«, murmelte ein magerer, dunkelhaariger Mann am Tisch hinter ihn.
Densh wirbelte herum. »Was soll das heißen, du Waschlappen? Nennst du mich einen Lügner? Niemand nennt mich ungestraft einen Lügner.«
»Ich hab nur mit mir selber geredet«, lenkte der junge Mann ein. »Dann hast du einen Sprung in der Schüssel, ist es das? Nur ein Trottel redet mit sich selbst! Willst du Skeeter Dobbs ersetzen?«
»Ich hab das nur so dahingesagt.«
»Das nehm ich dir nicht ab. Du bist bloß neidisch. So wie du aussiehst, hast du noch nie eine flachgelegt. Ich hab meine erste Braut mit neun gehabt.« Der Barkeeper verdrehte die Augen, und ein paar Gäste grinsten spöttisch, aber Densh war ganz auf sein dunkelhaariges Opfer fixiert. »Wie heißt du überhaupt, du Waschlappen?« Der junge Mann starrte schweigend auf sein Bier. »Wie du heißt, will ich wissen!«
»Alvin.«
»Alvin!« Densh klappte der Mund auf. »Was für ein mächtiger Name! Und so männlich. Alvin und wie noch?«
»Tanner. «
Larry Cochran hob ruckartig den Kopf. »Alvin Tanner«, wiederholte Densh. »Kommt mir irgendwie bekannt vor. Kenn ich dich?«
»Das glaube ich kaum. Nein, bestimmt nicht.«
»Was soll das heißen, bestimmt nicht? Meinst du damit, dass du mit Kerlen wie mir nichts zu tun haben willst?«
»He, Densh, lass ihn in Ruh«, schaltete Larry Cochran sich ein. Densh funkelte Larry wütend an. »Und was geht dich das an?«
»Gar nichts. Ich denk nach, und das geht nicht, wenn du so plärrst.«
»Ach so, du denkst also nach.« Densh blickte um sich. »He, hört mal alle her, der Exknacki ist beim Nachdenken! Was geht dir denn so im Kopf rum, Cochran? Computer? Gehirnchirurgie? Der Sinn des Lebens?«
Larry sah plötzlich wütend aus. »Mach mal 'ne Pause,
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