Glaub nicht es sei vorbei
stellte sich auf die Hinterbeine und kratzte winselnd an der Tür. Er ließ sich fallen, sah sie an und wiederholte seine Aktion.
»Was ist denn um Gottes willen los?«, rief Rebekka und dachte im selben Moment, dass Frank womöglich in die Hütte gegangen und umgekippt war. Sein Herz ...
Sie rannte auf die Hütte zu. Sean drehte sich im Kreis und sprang dann erneut an der Tür hoch.
Rebekka drehte den Knauf der üblicherweise verschlossenen Tür. Sie ließ sich öffnen. Wie die Türen der Gruft. Die Assoziation machte sie schaudern. Bis jetzt waren unverschlossene Türen kein gutes Omen gewesen.
Rebekka trat in den Hauptraum. »Frank?« Ihre Stimme klang hohl in der alten, modrigen Hütte. Sie blickte auf den Boden. Keine Fußabdrücke im Staub. Kein Staub. Ob Esther regelmäßig hier den Fußboden wischte? Die Hütte hatte zwar historischen Wert, und Rebekka wusste, dass Esther sie erhalten wollte, aber dass sie sie wie ihr eigenes Heim sauber hielt? Vielleicht überließ sie die Arbeit ihren Angestellten.
Sean rannte wie wild durch die kleinen Räume. In einer neuen Umgebung legte er normalerweise vorsichtige Neugierde an den Tag. Heute nicht. Irgendetwas stimmte nicht, was sie noch mehr davon überzeugte, dass Frank hier drin sein musste. Vielleicht hatte er nicht geantwortet, weil er bewusstlos war.
Die Hütte besaß einen Bereich, den Rebekka immer als die Küche bezeichnet hatte, obwohl früher an der großen Feuerstelle im Hauptraum gekocht worden war. Die »Küche« hatte Regale, die von, grob gezimmerten Türen verdeckt waren, einen etwas nach hinten versetzten Bereich für eine Wanne, die zum Waschen von Kleidung diente und zum allwöchentlichen Bad, und einen Lagerbehälter für Gemüse. An die Küche schlossen sich drei Schlafzimmer, luxuriös für die Zeit, in der die Hütte entstanden war. Eines der Schlafzimmer war größer als die anderen und dort hatten die Eheleute und der jüngste Leland geschlafen. Nun waren alle Schlafzimmer leer, die alten Möbel längst verkauft. Die Hütte besaß einen Hintereingang. Rebekka schloss ihn auf und trat hinaus auf eine schmale Veranda. Das Gelände ringsum wies viele Büsche und Bäume auf. Frank war nirgends zu sehen.
Rebekka ging in die Hütte zurück. Sean war wieder im Hauptraum und kratzte an den Wandschränken in der Ecke. Rebekka öffnete ihre Türen und sah Staub und ein paar tote Fliegen. Sean hörte nicht auf zu kratzen. »Da ist nichts, Junge. Gehen wir.«
Sie schloss die Schranktüren wieder und ging zum Ausgang. Sean schoss plötzlich an ihr vorbei und stellte sich ihr knurrend in den Weg. »Was soll denn das werden?«, rief Rebekka. »Seit wann knurrst du mich an?« Er kam näher. Sie trat einen Schritt zurück, er folgte ihr knurrend. Sie setzten das Spiel fort, bis sie wieder bei den Wandschränken war, wo Sean erneut an den Türen kratzte und bellte. Und bellte. Und bellte.
Und endlich hörte Rebekka es auch. Ein Geräusch, das so leise war, dass sie dachte, sie hätte es sich eingebildet. Nur der Hauch eines Geräusches. Sean bellte aufgeregt weiter. »Schsch!«, zischte Rebekka. Sie öffnete die Schranktüren und steckte den Kopf zwischen zwei Regalböden.
»Tramp?«
Sie zuckte zusammen. Hatte sie wirklich eine schwache kleine Stimme >Tramp< sagen hören? »Todd!«, brüllte sie. »Todd Ryan!« Ein Schluchzen, heiser und schwach.
Wie wild versuchte Rebekka, die Schränke beiseite zu schieben, und schürfte sich dabei die Haut von den Fingern. Sean sprang ebenfalls gegen sie an und kratzte an ihnen, als könne er mit seinen Krallen das Holz durchbohren. Rebekka zog und zerrte, um die Schränke von der Wand wegzurücken. Als sie eine Ecke des vierten Schranks packte, spürte sie endlich eine leichte Bewegung. Sie zerrte fester. Noch ein leichter Ruck, dann ein Knarzen. Sie zerrte ein drittes Mal, und endlich bewegte sich die gesamte Schrankreihe von der Wand weg und gab den Blick frei auf ein schwarzes Loch und ungehobelte Treppendielen, die in die Dunkelheit hinunterführten. Auf der obersten Stufe lag eine Taschenlampe. Sie hob sie auf und leuchtete die Treppe hinunter. Unten auf dem Lehmboden lag unter einer schmutzigen Decke ein kleines Bündel.
21.Kapitel
1
Rebekka leuchtete die engen Dielen aus und stieg vorsichtig hinunter, Stufe für Stufe, um nur ja nicht auszurutschen. Unten angekommen, schlug sie die Decke zurück. Strohblondes Haar. Ein blasses, ausgezehrtes Gesicht mit aufgesprungenen Lippen, schweißgebadet. Die Augen
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