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Glaub nicht es sei vorbei

Glaub nicht es sei vorbei

Titel: Glaub nicht es sei vorbei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlene Thompson
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der Präsidentensuite auf und ab. An diesem Abend tat er das eine ganze Weile. Dann setzte er sich ein paar Minuten auf den Fenstersims und sprang. Ich habe genau darunter gestanden. Sein Blut und sein Hirn haben mich vollgespritzt. Ich hab geschrien und geschrien.« Er schüttelte den Kopf. »Eine grauenvolle Sache.«
    Skeeter erzählte ohne Gefühlsregung. Er hatte die Geschichte unzählige Male erzählt, und Bill wusste, dass er der Überzeugung war, dass nicht sein Vater, sondern er auf dem Gehweg gestanden hatte, als Carson gesprungen war.
    »Sie sagten, dass Ihr Großvater sich diesmal merkwürdig benommen hätte«, meinte Bill aufmunternd.
    »Zuerst war er normal. Ging wie immer in der Präsidentensuite auf und ab. Vielleicht um nach einer Möglichkeit zu suchen, sein Vermögen zu retten. Er hatte sich nämlich verspekuliert.« Bill wusste, dass Skeeter keine Ahnung hatte, was das Wort bedeutete. Er wiederholte lediglich, was sein Vater ihm über den Börsenkrach von 1929 erzählt hatte, der so vielen Investoren das finanzielle Rückgrat gebrochen hatte. »Oder vielleicht versuchte er auch, den Mut aufzubringen, um seinem Leben ein Ende zu setzen. Ganz schön gruselig. Jedenfalls ging er ständig auf und ab in der Präsidentensuite.«
    Das Möbelhaus Klein nutzte drei Etagen des ehemaligen Hotels. In den oberen Stockwerken befanden sich Wohnungen. In der ehemaligen Präsidentensuite lebte seit dreißig Jahren ein Ehepaar namens Moreland.
    Skeeter biss von seinem Gebäckstück ab und kaute den Bissen mit der Gemächlichkeit einer Kuh, bevor er ihn hinunterschluckte. »Das Gewitter war schlimm. Der Sturm hat Blätter von den Bäumen gerissen. Und Zweige. Und er hat den Müll die Straße entlang gefegt. Dieses Mädchen, das Gedanken lesen kann, hatte einen Unfall. Es gefällt mir nicht, dass sie wieder in der Stadt ist.«
    »Die braucht Sie doch gar nicht zu kümmern.«
    »Ich weiß ja, dass sie mit Ihnen verwandt ist, aber sie ist nicht ganz normal. Sie ist die Handlangerin des Teufels, sag ich Ihnen.«
    »Schluss mit dem Unsinn«, sagte Bill streng. »Sie hat nichts Böses getan. Jetzt erzählen Sie weiter.«
    »Das Gewitter hatte nachgelassen. Ich überlegte, ob ich einen Spaziergang machen sollte, aber irgendwie hatte ich das Gefühl, ich müsste auf mein Hotel Acht geben.« Skeeter lebte mit der Gewissheit, dass er als letzter Dobbs noch immer der Besitzer des Gebäudes war. »Na ja, ich hatte mich richtig entschieden, weil ich Großvater wiedersah. Nur dass er diesmal nicht in der Präsidentensuite war, sondern direkt darüber.«
    »Was soll das heißen? War er denn auf dem Dach?«
    »Nein. Großvater würde sich doch nicht im Regen auf das Dach stellen. Er hatte mehr Verstand als ich. Mein Dad hat mir das erzählt. Er sagte mir, ich wäre eine große Enttäuschung für Großvater gewesen.«
    Es ging doch nichts über ein gesundes Selbstvertrauen bei Kindern, dachte Bill. Skeeter mochte ein Trunkenbold mit Wahnvorstellungen sein, aber sein Vater war so voller Selbstmitleid und Boshaftigkeit gewesen, dass er es größtenteils zu verantworten hatte, in welch erbärmlichem Zustand sich Skeeter befand.
    »Großvater war im Stockwerk darunter, auf dem Dachboden.« 
    »Sind Sie sicher?«
    »Er hatte eine Taschenlampe bei sich, aber eine ganz große, weil sie viel mehr Licht gibt als die kleinen. Er ist ungefähr fünfmal vor dem Fenster auf und ab gegangen.«
    »Haben Sie sein Gesicht gesehen?«
    »Nein, Sir, hab ich nicht, aber das sehe ich nie.«
    »Wie oft haben Sie Ihren Großvater denn schon auf dem Speicher gesehen?«
    »Noch nie. Deshalb habe ich es Ihnen ja erzählt. Und ich habe ihn nie nach Mitternacht gesehen. Ich glaube nämlich, dass Geister um Mitternacht immer an ihren Ort zurückkehren müssen, ganz gleich, wo der ist. Es ist eine Art Regel.«
    »Verstehe.« Bill wollte sich seine Erregung nicht anmerken lassen. »Hat Ihr Großvater sonst noch irgendetwas Ungewöhnliches angestellt?«
    »Nun, ich habe seine Silhouette am Fenster gesehen, wegen der Straßenlaterne gleich darunter. Er hat auf die Straße gesehen. Zuerst nach links, dann nach rechts. Vielleicht dreimal in jede Richtung. Manchmal sind ja nach Mitternacht noch Leute auf der Straße, wenn sie aus den Kinos und Kneipen kommen, zum Beispiel dem Landy's und dem Dingsda, dem Gold ... «
    »Gold Key. Aber letzte Nacht, nach dem Gewitter war die Straße leer. «
    »Stimmt. Ich habe mich im Hauseingang versteckt. Ich glaube nicht, dass er

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