Glaub nicht es sei vorbei
sehr gewünscht und wollten ihm all die Liebe geben, die sie selbst als Kinder so schmerzlich vermisst hatten.
»Alvin, Schatz, du bist müde. Fahr schon mal heim. Ich bleibe nicht länger als eine Stunde, wenn dir das lieber ist. Und hör auf, dir Sorgen zu machen. Wir werden das schon hinkriegen.«
Alvin nickte, und sein Ärger schien verflogen zu, sein. »Ich weiß.«
»Gott wird uns helfen.«
»Ich habe gelernt, mich nicht auf Gottes Hilfe zu verlassen«, sagte Alvin niedergeschlagen. »Ich werde selbst für meine Frau und mein Kind sorgen. Du wirst schon sehen, Amy. Unser Leben wird sich ändern.«
3
Nachdem Lynn sich ein paar nette Worte für eine dankbare, kleinlaute Matilda Vinson abgerungen hatte, raste sie nach Hause. Sie hatte die Vermutung, dass Doug sich zu den freiwilligen Helfern gesellen wollte, und sie hatte Recht. Mit dem Autoschlüssel in der Hand war er gerade im Begriff, das Haus zu verlassen.
»Lynn, was tust du denn hier?«
»Du wirst nicht glauben, was passiert ist.«
Dougs Miene erstarrte. »Sie haben Todd gefunden.«
»Todd? Nein. Das hättest du bestimmt vor mir erfahren. Warum siehst du mich so an?«
»Ich dachte nur ... « Doug schluckte. »Du hast mir kurz Hoffnungen gemacht, sonst nichts.« Er sah müde aus, offenbar hatte er eine schlaflose Nacht hinter sich, denn seine Augenlider waren dick geschwollen. Lynn sah ihn ungern in seinen ältesten Jeans und dem verschlissenen grünen T-Shirt, das er offensichtlich aus dem Trockner geholt und ungebügelt angezogen hatte. Sie mochte es, wenn Doug gut aussah. Die überflüssigen Pfunde und die schlaflosen Nächte trugen nicht gerade dazu bei, aber wenigstens konnte er sich anständig anziehen, dachte sie verstimmt. Die Leute kamen sonst noch auf die Idee, er sei unglücklich mit ihr, und hielten sie womöglich für eine schlechte Ehefrau, die sich nicht einmal um seine Wäsche kümmerte.
»Doug, dieses Hemd ...«
»Nörgele jetzt bloß nicht an meiner Kleidung herum. Komm lieber rein und erzähl, was los ist.«
Ihre Wohnung war klein und dürftig, neuer zwar als die von Molly, aber nicht so großzügig und aus billigen Materialien gebaut. Frank hatte sich erboten, etwas Hübscheres für sie zu kaufen, aber zu Lynns Leidwesen hatte Doug es nicht zugelassen. Er wollte von dem leben, was sie beide verdienten. Er war noch immer nicht begeistert von der Idee, dass Frank für Lynn einen Laden gekauft hatte, obwohl sie Frank den Betrag in Raten zurückzahlen würde. Douglas und Lynn hatten viel über dieses Thema gestritten. Gestritten, sich geeinigt, erneut gestritten. Schließlich hatte Lynn sich durchgesetzt.
Sie mochte ihre Wohnung nicht, hielt sie aber trotzdem tadellos in Schuss und hatte vor kurzem die Küche und das Wohnzimmer frisch gestrichen. Sie zog Doug auf die harte blaue Couch, die sie hasste, und setzte sich neben ihn. »Skeeter Dobbs ist ermordet worden. Miss Vinson hat ihn im Eingang zur Drogerie gefunden. Ist regelrecht über ihn gestolpert.«
»Ermordet?«, wiederholte Doug hölzern. »Bist du sicher?«
»Jemand hat ihm einen Eispickel ins Auge gerammt.« Sie verzog angewidert das Gesicht. »Ich hab ihn deutlicher gesehen, als mir lieb war. Es war scheußlich. Das Ding muss sich direkt in sein Hirn gebohrt haben. Das Blut ...«
»Hör auf.« Douglas wandte den Blick ab. Lynn berührte seine Handfläche. Ihre Hand war dünn und blass, mit langen, scharlachroten Nägeln. Doug machte keine Anstalten, seine klobige Hand um ihre zu schließen.
»Nun, ich hätte nicht gedacht, dass du dir die Nachricht so zu Herzen nehmen würdest«, sagte Lynn schnippisch. »Du hast Skeeter nie wie einen Schoßhund behandelt wie so viele Leute hier. Er war nichts als ein verblödeter, fauler Trunkenbold. Er hätte hinter Gitter gehört.«
»Ich glaube, dass er ein ziemlich trauriger Zeitgenosse war«, grollte Doug.
»Das glaubst du? Was hat er denn jemals getan? Konnte sich nicht mal den eigenen Lebensunterhalt verdienen. Hat nie einen Beitrag geleistet.«
»Beitrag geleistet?«
Seine Begriffsstutzigkeit ging Lynn auf die Nerven. »Genau. So wie du als Lehrer. Du trägst etwas bei. Er hat nie einem Menschen geholfen.«
»Vielleicht doch«, sagte Douglas schwach.
»Ach ja? Und wem zum Beispiel?«
»Todd.«
Lynn starrte ihn an. »Das versteh ich nicht.«
»Skeeter hat Bill erzählt, dass sich auf Kleins Dachboden jemand rumtreibt.«
»Sie haben nachgesehen und Todds Stofftier gefunden. Mehr hast du mir letzte Nacht nicht
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