Glaub nicht es sei vorbei
einigermaßen glatt zu verlaufen schien.
Zwanzig Minuten später saßen sie zu dritt bei Tisch und gaben vor, das Hühnchen mit wildem Reis zu genießen. Suzanne, die eine Flasche Wein demonstrativ neben ihrem Teller stehen hatte, schabte mühsam das Fleisch von den dünnen Knochen. Rebekka und Frank gaben vor, ihr unbeholfenes Hantieren mit Messer und Gabel nicht zu bemerken, bis eine ruckartige Bewegung das Huhn auf den Boden fegte. Frank legte ruhig sein Besteck nieder und wandte sich an seine Frau.
»Ich denke, du solltest dich jetzt zurückziehen.«
»Ich sollte was?«, fauchte Suzanne.
»Du hast mich schon verstanden. Wenn du zu betrunken bist, um dein Essen auf dem Teller zu behalten, bist du bei Tisch nicht willkommen. Geh auf dein Zimmer. Betty wird dir etwas bringen. «
»Du schickst mich, auf mein Zimmer?«, protestierte Suzanne. »Für wen hältst du dich eigentlich? Für meinen Vater? Der verfluchte Vogel ist verflucht fettig. Er ist mir weggeflutscht.«
»Genau wie der Reis, der jetzt um deinen Teller verstreut ist wie ein Ring des Saturn. Und dass dein Brötchen auf deinem Schoß liegt, scheint dir noch gar nicht aufgefallen zu sein.«
Suzanne sah wütend auf ihren Schoß. Sie packte das Brötchen und warf es gegen die Wand. Dann stieß sie ihren Stuhl nach hinten, sodass er fast kippte, und stakste mitsamt der Weinflasche aus dem Zimmer.
Weder Frank noch Rebekka sagten etwas. Betty kam sofort hereingehastet, nahm Suzannes Teller, hob die Reste des Huhns und das Brötchen vom Boden auf und begab sich ohne ein Wort wieder in die Küche. Schließlich sagte Frank: »Es tut mir Leid. Ich hätte sie ignorieren sollen.«
»Ich finde, das hast du viel zu lange getan«, sagte Rebekka sanft. »So kann es nicht weitergehen mit ihr.«
»Soll ich meine eigene Frau zum Alkoholentzug abholen lassen? Soll ich sie vor der ganzen Stadt demütigen, in der sie aufgewachsen ist?«
»Ich glaube, dass die meisten Leute über ihren Zustand bereits im Bilde sind. Das hat sie sich selbst zuzuschreiben, ob sie es will oder nicht. Und außerdem, was kümmert uns das Gerede der Leute, wenn wir ihr Leben retten?«
Frank lächelte ihr zu. »Wann bist du denn so weise geworden?«
Rebekka bemerkte plötzlich, wie still es in der Küche geworden war. Normalerweise hörte man, wie Betty und Walt sich gedämpft unterhielten. Sie wechselte das Thema. »Ich fühle mich alles andere als weise. In der Sache mit Todd war ich bis jetzt überhaupt keine Hilfe.«
»Wenigstens wissen wir, dass er noch lebt.«
»Aber ich habe keine Ahnung, wo er ist.«
»An irgendeinem dunklen Ort, wo er zu essen bekommt und es warm hat.«
»Überaus hilfreich, nicht wahr? Wir können die Polizei fortschicken.« Sie seufzte ungeduldig. »Ich müsste viel mehr tun. Vielleicht sollte ich mich an den Suchaktionen der Polizei. beteiligen.«
»Das wirst du schön bleiben lassen nach deinem Unfall. Und Training hast du auch keines.«
»Na und? Die halbe Stadt beteiligt sich an der Suche. Und die wenigsten Helfer haben das nötige Training.«
»Man hat sie ein wenig instruiert. Aber offen gestanden erwarte ich mir nicht viel von den Freiwilligen, trotz ihres guten Willens. Schon damals nicht.«
»Du meinst bei Jonnie. Nein, seine einzige Hoffnung war ich, und ich habe ihn im Stich gelassen.«
»Sei nicht so streng mit dir, Rebekka. Diese Begabung macht dich schließlich nicht allwissend.«
»Du hast noch nie an meine Fähigkeiten geglaubt«, sagte sie ohne Groll. »Und vielleicht hast du damit Recht. Ich war die letzten Male nicht besonders erfolgreich. Vielleicht sind die traditionellen Ermittlungsmethoden ja doch die besten.« In beiläufigem Ton fuhr sie fort: »Ich habe heute mit Sonia Ellis gesprochen. Jetzt kann ich verstehen, warum Bill so viel von ihr hält.«
»Sie ist hübsch und klug dazu. Vielleicht sogar zu klug für ihre Mutter.«
»Ist Mrs. Ellis denn beschränkt?«
»Nein. Sie ist schon in Ordnung, nur ungemein konservativ und naiv. Ich glaube, dass Sonia um einiges abgebrühter ist. Sie ist ihrer Mutter ein Rätsel, und so was macht nervös.«
»Was du nicht sagst«, sagte Rebekka. trocken. »Ich bin doch der Prototyp der rätselhaften Tochter.«
Frank grinste. »Vielleicht solltest du einen Club gründen.«
»Ich werde darüber nachdenken, sobald ich wieder in New Orleans bin. Vielleicht finde ich ja ein passendes Motto. Elegant muss es sein, aber nicht zu übertrieben.« Rebekka verstummte. »Jedenfalls hatte Sonia einiges
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