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Glaub nicht es sei vorbei

Glaub nicht es sei vorbei

Titel: Glaub nicht es sei vorbei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlene Thompson
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und ihres Bruders zwar akzeptieren, empfand aber kein Mitgefühl, weil sie nur die eigene Verzweiflung spüren konnte.
    »Mutter, vielleicht empfindest du für Frank nicht dasselbe wie für Daddy, aber du hast ihn doch gern«, gab Rebekka ihrer Mutter ruhig zu bedenken. »Er hat dich immer gut behandelt. Also reiß dich bitte zusammen. Sonst verlierst du ihn womöglich.«
    Sie erwartete eine scharfe Zurechtweisung, aber Suzanne starrte sie nur wie versteinert an und füllte ihr Glas erneut mit Wein. In einer Mischung aus Ekel und Hoffnungslosigkeit verließ Rebekka das Zimmer. Kaum war sie draußen, ertönte erneut, und lauter als zuvor, A Whiter Shade of Pale. Sie setzte sich aufs Bett, nahm ihr Amulett ab und betrachtete das Bild des lächelnden Jonnie. »Nichts ist mehr, wie es war, seit du fort bist«, sagte sie. »Ich frage mich, ob die Dinge jemals wieder ins Lot kommen.«
    Sean sprang neben sie aufs Bett. Sie legte das Amulett wieder um und tätschelte seinen Kopf. »Lass uns ein bisschen spazieren gehen, Junge.«
    Der Himmel war von einer ungewöhnlich blaugrauen Färbung gewesen, als Rebekka nach Hause gekommen war, und jetzt sah sie, wie sich in der Ferne dunkelgraue Gewitterwolken zusammenballten. Im Sommer war es im Ohio Valley immer sehr schwül und gewittrig, aber im Augenblick jagte ein Unwetter das andere. Nach der Dürre im letzten Sommer würden die Farmer den Regen begrüßen. Sean war anderer Meinung.
    Er blieb hinter ihr zurück und blickte ab und zu winselnd gen Himmel. Rebekka ging in die Knie und rieb seine Ohren. »Führt man sich so auf wegen ein paar Wolken, mein Tapferer?«
    Sie gingen weiter, bogen von der Lamplight Lane auf einen schmalen Asphaltweg, einem schlichten hölzernen Wegweiser folgend, auf dem Mockingbird Court stand, angeblich wegen der vielen Spottdrosseln in dieser Gegend. Früher einmal hatte hier als einziges Gebäude das prächtige Heim von Carson Dobbs gestanden, aber das Haus war abgebrannt, kurz nachdem er Selbstmord begangen hatte. Versicherungsagenten hatten Brandstiftung nachgewiesen, und die Familie hatte keine Entschädigung bekommen. Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte ein Spekulant billige Wohnblocks auf dem Grundstück errichten wollen, aber Rebekkas Großvater hatte das Grundstück erworben, um den Bau der »Zündholzschachteln«, wie er sie nannte, zu verhindern. Er hatte das Land Patrick vermacht, weil dieser es, wie er wusste, nicht um des schnellen Geldes wegen verkaufen würde, und jetzt gehörte es Suzanne.
    Das Land war von Unkraut überwuchert, obwohl einmal im Jahr ein paar Leute, mit Rasenmähern und sonstiger Gerätschaft bewaffnet, das Gröbste beiseite schafften. Rebekka wusste, dass ihr Vater mit diesem Grundstück ihr, Jonnie und Molly ein hübsches Zuhause schaffen wollte und sich ausgemalt hatte, dass die drei für immer glücklich in seiner und Suzannes Nähe leben würden.
    Sie erinnerte sich, dass Frank Suzanne vor Jahren dazu bringen wollte, das Land zu veräußern, aber sie hatte seinen Vorschlag abgelehnt und war Patricks Traum weiterhin treu geblieben. Nun, da auch Jonnie fort war, schien sie das Interesse an dem Stück Land verloren zu haben.
    Rebekka legte den Kopf zurück, schloss die Augen und sog die Luft in sich ein, die beruhigend nach Regen roch. Dann schlug sie die Augen auf. Ein Falke flog über sie hinweg, eine strampelnde Maus in den Krallen. Der Friede war dahin, Ekel an seine Stelle getreten. Rebekka war sich bewusst, dass alle Geschöpfe Nahrung brauchten, und dennoch ...
    Ganz in der Nähe miaute eine Katze. Sie wandte den Kopf nach rechts und sah einen Vogel auf einem Strauch sitzen. Sein Gefieder war schiefergrau mit schwarzem Käppchen. Ein Katzenvogel, so benannt wegen seines Gesangs, dem Miauen einer Katze täuschend ähnlich. Es ging das Gerücht, dass Carson Dobbs, als er dem Gelände seinen Namen gegeben hatte, den Katzenvogel mit einer Spottdrossel verwechselt hatte, deren Gesang allerdings um einiges hübscher war. Rebekka war keine Vogelkennerin, aber der katzenartige Ruf dieses Vogels erinnerte sie an Sonia, die unmittelbar vor Todds Entführung das Miauen von Jean Wrights Katze gehört hatte. Sonia wusste, dass Jean zur Tatzeit zu Hause gewesen war. Und Jean wiederum wusste, dass Sonia sie beobachtet hatte.
    Rebekka blieb stehen. Ein altbekannter Schmerz machte sich hinter ihrer rechten Schläfe bemerkbar. Die Sträucher und Bäume der Umgebung wurden undeutlich und verschwanden schließlich. Stattdessen sah

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