Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Glaube der Lüge: Ein Inspector-Lynley-Roman (German Edition)

Glaube der Lüge: Ein Inspector-Lynley-Roman (German Edition)

Titel: Glaube der Lüge: Ein Inspector-Lynley-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
Vom Netzwerk:
widerstrebend ließ Alatea Deborah eintreten. Die Frau war dermaßen angespannt, dass Deborah sich fragte, ob sie womöglich einen Liebhaber im Schrank versteckt hatte.
    Sie durchquerten die Eingangshalle. Alatea öffnete die doppelflügelige Schiebetür, durch die sie in einen Flur gelangten, dessen Wände mit dunklen Holzpaneelen verkleidet waren. Durch mehrere bleiverglaste Fenster mit einem hübschen Muster aus roten Tulpen und grünen Blättern fiel nur wenig Licht.
    Das Haus sei wirklich eindrucksvoll, sagte sie zu Alatea. Ob schon Fotoreportagen darüber in Zeitschriften erschienen seien? Die Arts-and-Crafts-Bewegung sei so schlicht und sympathisch gewesen, nicht wahr? Ob Alatea an einem Dokumentarfilm über die Restaurationsarbeiten interessiert sei? Und ob schon jemand von einer der zahllosen Fernsehsendungen an sie herangetreten sei, die über historische Häuser in England berichteten? Auf alle ihre Fragen erhielt sie einsilbige Antworten. Sich mit dieser Frau anzufreunden würde kein leichtes Unterfangen werden, sagte sich Deborah.
    Im Wohnzimmer angekommen, versuchte sie es mit einem anderen Thema. Wie es Alatea in England gefalle? Es sei doch sicher völlig anders als in Argentinien?
    Alatea schaute Deborah verblüfft an. »Woher wissen Sie, dass ich Argentinierin bin?«
    »Ihr Mann hat es mir erzählt.« Am liebsten hätte Deborah hinzugefügt: Warum fragen Sie? Ist das ein Problem? Doch sie beherrschte sich. Sie ließ ihren Blick durch den Raum schweifen. Sie musste Alatea zu dem Erkerfenster locken, wo die Zeitschriften lagen. Deborah machte ein paar Aufnahmen von Stellen, die sich für ein Interview eigneten, und näherte sich dabei unauffällig dem Erkerfenster.
    Aber als sie dort ankam, bemerkte sie sofort, dass die Zeitschrift Conception nicht mehr auf dem Tisch lag. Das würde die Sache etwas komplizierter, jedoch nicht unmöglich machen. Deborah schoss ein Foto von den beiden Sesseln und dem niedrigen Tisch vor dem Erkerfenster und stellte die Blende so ein, dass auch die Aussicht zu sehen war, die man vom Fenster aus hatte. Beiläufig sagte sie: »Wir haben übrigens etwas gemeinsam, Mrs. Fairclough.« Sie blickte von ihrer Kamera auf und lächelte Alatea an.
    Die stand an der Tür, als wollte sie jeden Augenblick die Flucht ergreifen. Höflich erwiderte sie Deborahs Lächeln, sah sie jedoch zweifelnd an. Offenbar hatte sie keine Ahnung, was sie mit Deborah gemeinsam haben könnte, abgesehen davon, dass sie beide Frauen waren und sich zufällig im selben Zimmer ihres Hauses aufhielten.
    Deborah sagte: »Wir wünschen uns beide ein Kind. Ihr Mann hat es mir erzählt. Ihm war aufgefallen, dass ich die Zeitschrift Conception auf Ihrem Tisch gesehen hatte. Ich lese sie schon ewig«, log sie. »Na ja, seit fünf Jahren. Seit Simon – mein Mann – und ich versuchen, ein Baby zu bekommen.«
    Alatea sagte nichts dazu, aber Deborah sah, wie sie schluckte und wie ihr Blick zu dem Tisch wanderte, auf dem die Zeitschrift gelegen hatte. Deborah fragte sich, ob Alatea oder Nicholas das Heft weggenommen hatte. Und sie fragte sich, ob Nicholas sich genauso große Sorgen um den Seelenzustand seiner Frau machte, wie Simon um sie besorgt war.
    Während sie eine weitere Aufnahme machte, sagte sie: »Anfangs haben wir uns einfach darauf verlassen, dass die Natur es schon richten würde. Dann haben wir es mit dem Eisprungkalender versucht, mit der Temperaturmethode, mit Mondphasen.« Sie rang sich ein Lachen ab. Es fiel ihr nicht leicht, solche Dinge einer Fremden anzuvertrauen, aber sie wusste, wie wichtig es war, Vertrauen aufzubauen, und zudem hatte sie das Gefühl, dass ihr Geständnis tröstend wirken könnte. »Und dann haben wir uns untersuchen lassen, was Simon alles andere als angenehm fand, das kann ich Ihnen flüstern. Und schließlich die endlosen Diskussionen über Alternativen, Besuche bei Spezialisten.« Sie ließ ihre Kamera sinken und zuckte die Achseln. »Es hat sich herausgestellt, dass ich kein Kind werde austragen können. Konstruktionsfehler. Jetzt denken wir über eine Adoption nach. Ich würde eine Leihmutter bevorzugen, doch davon will Simon nichts wissen.«
    Die Argentinierin hielt sich immer noch auf Distanz. Deborah fiel auf, dass sie etwas blasser wirkte und dass sie ihre eleganten Hände immer wieder zu Fäusten ballte. In ihren Augen glänzten unvergossene Tränen.
    Deborah begriff, was in der Frau vorging. Jahrelang hatte sie sich genauso gefühlt. »Verzeihen Sie«, sagte sie

Weitere Kostenlose Bücher