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Glaube der Lüge: Ein Inspector-Lynley-Roman (German Edition)

Glaube der Lüge: Ein Inspector-Lynley-Roman (German Edition)

Titel: Glaube der Lüge: Ein Inspector-Lynley-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Menschen, die sich unter diesem Dach aufhielten. Und an die Absichten dieser beiden Frauen, vor allem die Absichten seiner Mutter.
    Gott sei Dank musste er sich im Moment darüber keine Gedanken machen, dachte Zed. Wenige Tage nach Yaffa Shaws Einzug – der so schnell erfolgt war, dass sogar seine Mutter gestaunt hatte – hatte die junge Frau ihm vor dem Bad aufgelauert, das sie zu teilen gezwungen waren. Verschwörerisch hatte sie ihm zugeraunt: »Keine Sorge, Zed. Okay?« Zed hatte angenommen, sie meinte die vor ihm liegende Reise in den Lake District. Doch dann dämmerte ihm, dass Yaffa über die kupplerischen Absichten seiner Mutter redete.
    Zed sagte »Hä?« und fummelte am Gürtel seines Morgenmantels herum. Der Morgenmantel war ihm ebenso wie seine Schlafanzughose zu kurz, und da er nie Pantoffeln fand, die ihm passten, trug er wie üblich am frühen Morgen zwei verschiedene Socken an den Füßen. Er kam sich vor wie ein tapsiger Riese im Vergleich zu Yaffa, die schlank und adrett und in einer Farbe gekleidet war, die ihre Haut- und Augenfarbe betonte.
    Yaffa drehte sich um und schaute in Richtung Küche, von wo Geschirrklappern zu hören war. »Hör zu, Zed«, sagte sie leise. »Ich habe einen Freund in Tel Aviv. Er studiert dort Medizin. Du brauchst dir also keine Sorgen zu machen.« Sie schob sich eine Strähne aus dem Gesicht und schaute ihn mit einem spitzbübischen Funkeln in den Augen an. »Das hab ich ihr nicht gesagt«, flüsterte sie. »Auf diese Weise« – sie deutete mit einer Kopfbewegung auf die Tür zu dem Zimmer, das sie bewohnte – »spare ich eine Menge Geld. Und das bedeutet, dass ich nicht so viel arbeiten muss und einen zusätzlichen Kurs an der Uni belegen kann. Und wenn ich das in jedem Semester so machen kann, bin ich eher mit dem Studium fertig, und umso schneller bin ich wieder zu Hause bei Micah.«
    »Ah«, sagte Zed.
    »Als deine Mutter uns einander vorgestellt hat – also, dich und mich –, da war mir sofort klar, was sie im Schilde führt. Deshalb hab ich meinen Freund lieber nicht erwähnt. Ich brauchte das Zimmer – ich brauche ein Zimmer –, und ich bin bereit mitzuspielen, wenn du es auch bist.«
    »Was?« Anscheinend war er nicht in der Lage, im Gespräch mit dieser jungen Frau jeweils mehr als ein Wort herauszubringen, und er war sich nicht ganz sicher, was das zu bedeuten hatte.
    Sie sagte: »Wir spielen ihr eben ein bisschen Theater vor.«
    »Theater?«
    »Wir tun so, als würden wir einander mögen. Als würden wir uns ineinander verlieben. Und dann, irgendwann, wenn wir genug davon haben, breche ich dir das Herz. Oder du mir meins. Es spielt eigentlich keine Rolle, aber mit Rücksicht auf deine Mutter würde ich vorschlagen, dass ich dir deins breche. Wahrscheinlich müssen wir irgendwie am Telefon miteinander turteln, während du in Cumbria bist. Je länger wir das durchhalten, umso mehr Geld könnte ich sparen, und du hättest eine Weile Ruhe vor deiner Mutter. Natürlich müssten wir ab und zu auch ein bisschen rumschmusen oder so, aber dafür bräuchtest du nicht mit mir zu schlafen. Denn ich würde mich selbstverständlich weigern, deiner Mutter gegenüber so respektlos zu sein und es zu tun, solange ich unter ihrem Dach wohne und wir nicht verheiratet sind. Also, ich glaube, es könnte funktionieren. Was meinst du?«
    Er nickte. »Ich verstehe.« Zwei Wörter. Ein Fortschritt.
    »Und?«, fragte sie. »Bist du einverstanden?«
    »Ja.« Dann der Durchbruch – vier Wörter: »Wann fangen wir an?«
    »Beim Frühstück.«
    Als Yaffa ihn dann beim Frühstück bat, ihr von der Geschichte zu erzählen, für die er in Cumbria recherchieren musste, ließ er sich auf das Spiel ein. Zu seiner Überraschung stellte sie sehr kluge Fragen, und seine Mutter warf ihm, beglückt über Yaffas gespieltes Interesse an seinen Angelegenheiten, einen bedeutungsvollen Blick zu. Zum Abschied hatte seine Mutter ihn enthusiastisch umarmt und ihm ins Ohr geflüstert: »Siehst du? Siehst du, mein Junge?«, und Yaffa hatte ihm unauffällig einen Zettel in die Jackentasche gesteckt, den er im Zug gelesen hatte: »Warte sechsunddreißig Stunden, dann ruf zu Hause an, und sag deiner Mutter, dass du mich sprechen möchtest. Und während sie unser Gespräch belauscht, geb ich dir meine Handynummer. Viel Erfolg in Cumbria, mein Freund.« Nach exakt sechsunddreißig Stunden hatte er daheim angerufen, und auch diesmal hatte es ihn überrascht, wie viel Spaß ihm das kurze Gespräch mit Yaffa

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