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Glaube der Lüge: Ein Inspector-Lynley-Roman (German Edition)

Glaube der Lüge: Ein Inspector-Lynley-Roman (German Edition)

Titel: Glaube der Lüge: Ein Inspector-Lynley-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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während der Urlaubssaison ein bisschen Geld ein. Es war übrigens Allies Idee, den Bauern mit ins Boot zu holen. Anfangs hat sie noch bei dem Projekt mitgemacht.«
    »Und jetzt nicht mehr?«
    »Sie hält sich gern im Hintergrund. Außerdem … na ja, als die ersten Junkies kamen, ist sie lieber zu Hause geblieben.« Sie waren auf der Baustelle angekommen, und Nicholas hielt an. »Aber keine Sorge. Diese Burschen sind viel zu kaputt und viel zu sehr damit beschäftigt, ihr Leben wieder in den Griff zu bekommen, um eine Gefahr für irgendjemanden darzustellen.«
    Aber sie waren nicht zu kaputt, um zu arbeiten, stellte Deborah fest. Einer von ihnen war zum Gruppenleiter bestimmt worden, ein Mann, den Nicholas ihr als Dave K vorstellte – »Es ist üblich, keine Nachnamen zu verwenden«, erklärte er ihr –, und sie begriff sofort, dass der Tagesablauf aus Arbeiten, Essen, Zwölf-Schritte-Programm und Schlafen bestand. Dave K hatte einige zusammengerollte Pläne bei sich, die er auf der Motorhaube von Nicholas Faircloughs Auto ausrollte. Mit einem Nicken nahm er Deborah zur Kenntnis, dann zündete er sich eine Zigarette an, die er, während er mit Nicholas über das Projekt sprach, als Zeigestock benutzte.
    Deborah schlenderte zur Baustelle hinüber. Der Turm war enorm, ein Trumm von einem Gebäude mit Zinnendach, das an eine normannische Burg erinnerte. Auf den ersten Blick hatte sie gar nicht den Eindruck, dass hier größere Restaurierungsarbeiten vonnöten waren, doch als sie um den Turm herumging, sah sie, was im Lauf der Jahrhunderte aus dem Gemäuer geworden war. Jeder hatte sich von den Steinen bedienen können.
    Deborah betrachtete das alles mit dem Blick der Fotografin, die Baustelle und auch die Männer, die dort arbeiteten, die meisten im Rentneralter. Sie hatte keine ihrer großen Kameras dabei, nur eine kleine Digitalkamera, sozusagen als Requisit für ihre Rolle als Filmemacherin. Sie nahm die kleine Kamera aus der Tasche und begann zu fotografieren.
    Nicholas Fairclough stieß zu ihr. »Ehrlich gesagt sehen Ihre Arbeiter nicht aus, als wären sie kräftig genug, hier viel auszurichten, Mr. Fairclough. Warum sind hier keine jungen Männer?«, fragte sie.
    »Weil diese Männer am dringendsten Hilfe brauchen. Hier und jetzt. Wenn niemand sich ihrer annimmt, werden sie in den nächsten Jahren auf der Straße sterben. Ich finde, dass niemand es verdient hat, so zu sterben. Im ganzen Land – auf der ganzen Welt – gibt es Programme für junge Leute, und glauben Sie mir, da kenne ich mich aus, denn ich habe eine Menge davon durchlaufen. Aber für solche Männer wie die hier? Schlafplätze, Sandwiches, warme Suppe, Bibeln, Decken, alles Mögliche gibt es für sie. Aber keine Hoffnung. Die sind noch nicht so weit weggetreten, dass sie nicht in der Lage wären, Mitleid zehn Meter gegen den Wind zu riechen. Wenn man sie so behandelt, besorgen sie sich von dem Geld, das man ihnen gibt, den nächsten Rausch und wünschen einen zum Teufel … Entschuldigen Sie mich einen Moment, ja? Sehen Sie sich ruhig um. Ich muss kurz mit einem der Männer reden.«
    Deborah schaute ihm nach, als er behende über den Bauschutt kletterte. »Hey Joe!«, rief er. »Hat der Steinmetz sich schon gemeldet?«
    Deborah ging auf das große Zelt zu, über dessen Eingang ein Schild mit der Aufschrift EAT AND MEET hing. Ein bärtiger Mann mit Strickmütze und dicker Jacke – viel zu warm für das Wetter, aber er schien überhaupt kein Körperfett zu haben, das ihn wärmte – war drinnen gerade dabei, das Mittagessen vorzubereiten. Auf Spirituskochern standen große Kochtöpfe, und es duftete nach Fleisch und Kartoffeln. Er sah Deborah, und sein Blick fiel sofort auf die Kamera, die sie in der Hand hielt.
    »Hallo«, sagte sie freundlich. »Keine Sorge, ich schaue mich nur ein bisschen um.«
    »Das sagen sie alle«, brummte der Mann.
    »Kommen viele Besucher her?«
    »Am laufenden Band. Der Chef braucht die Kohle.«
    »Ah, verstehe. Ich fürchte, ich bin keine potentielle Spenderin.«
    »Das war der Letzte auch nicht. Mir ist das egal. Wenn einer mich fragt, ob ich glaub, dass das hier funktioniert, dann sag ich ja.«
    Deborah durchquerte das Zelt bis zu dem langen Tisch, auf dem die Kessel mit dem Eintopf standen. »Aber eigentlich glauben Sie das nicht?«
    »Das hab ich nicht gesagt. Es spielt keine Rolle, was ich glaube. Ich krieg was zu essen und kann an dem Programm teilnehmen, und das reicht mir. Die Versammlungen gefallen mir

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