Glaube der Lüge: Ein Inspector-Lynley-Roman (German Edition)
immer, Ihr Charme bestünde gerade in Ihrer Gleichgültigkeit gegenüber jeder Art von Modetrend.«
»Die Zeiten sind vorbei, Sir. Was kann ich für Sie tun? Ich geh mal davon aus, dass Sie mich nicht anrufen, um sich zu vergewissern, dass ich mir immer schön die Beine rasiere.«
»Ich möchte, dass Sie für mich etwas überprüfen, aber niemand darf etwas davon mitbekommen. Möglicherweise wird auch ein bisschen Lauferei auf Sie zukommen. Sind Sie bereit, das für mich zu tun? Das heißt, ist es Ihnen möglich?«
»Ich nehm an, das hat mit dem zu tun, was Sie grade treiben. Im Yard zerreißen sich schon alle das Maul darüber, wissen Sie.«
»Worüber?«
»Wo Sie stecken, warum Sie weg sind, wer Sie geschickt hat und so weiter und so fort. Laut vorherrschender Meinung sind Sie grade dabei, irgendeinen Riesenschlamassel zu untersuchen. Korruption innerhalb der Polizei – Sie mit Tarnkappe auf der Jagd nach Leuten, die bündelweise Schmiergeld kassieren oder einem armen Verdächtigen Elektroden an die Eier klemmen. Sie kennen das ja.«
»Und Sie?«
»Was glauben Sie denn? Hillier hat Sie auf einen Fall angesetzt, den er selber nicht mit einem fünf Meter langen Stock anrühren würde. Wenn die Sache in die Hose geht, bleibt die Scheiße an Ihnen hängen, während er immer noch nach Rosen duftet … Stimmt das in etwa?«
»Was Hillier angeht, ja. Es geht aber nur um einen Gefallen, den ich ihm tue.«
»Und mehr dürfen Sie nicht verraten.«
»Vorerst jedenfalls nicht. Sind Sie bereit?«
»Wozu? Ihnen unter die Arme zu greifen?«
»Sie müssen unter dem Radar fliegen. Niemand darf davon erfahren. Vor allem nicht …«
»Superintendent Ardery.«
»Sie könnten Ärger mit ihr bekommen. Langfristig wohl nicht, aber kurzfristig.«
»Wozu bin ich denn auf der Welt?«, seufzte Barbara. »Schießen Sie los.«
CHALK FARM – LONDON
Kaum hatte Lynley den Namen Fairclough ausgesprochen, wusste Barbara Bescheid. Das lag nicht etwa daran, dass sie das Schicksal sämtlicher Titelinhaber Großbritanniens verfolgte, weit gefehlt. Nein, es war dem Umstand geschuldet, dass sie eine leidenschaftliche Leserin der Source war. Ja, sie war regelrecht süchtig nach zehn Zentimeter großen Schlagzeilen und herrlich kompromittierenden Fotos, und das schon seit Jahren. Wenn sie an einer Werbetafel vorbeikam, die eine Skandalgeschichte ankündigte, marschierten ihre Füße von ganz allein zum nächsten Kiosk. Sie kaufte sich das Blatt und schwelgte in den schlüpfrigen Details, meist bei einer Tasse Tee und einem getoasteten Teilchen. Deshalb war ihr der Name Fairclough vertraut, und zwar nicht nur wegen des Barons von Ireleth und dessen Firma – über die die Presse jahrelang immer wieder ihren Spott gegossen hatte –, sondern auch wegen des Lotterlebens von Nicholas Fairclough, dem Sprössling des Barons.
Und sie wusste sofort, wo Lynley sich aufhielt: in Cumbria, wo die Familie Fairclough wohnte und die Firma ihren Sitz hatte. Was sie nicht wusste, war, was Hillier mit den Faircloughs zu tun hatte und um welchen Gefallen er Lynley gebeten hatte. Anders ausgedrückt, sie war sich nicht sicher, auf wessen Seite sie stehen würden. Da aber ein Adelstitel im Spiel war, würde es Hillier ähnlich sehen, sich bei dessen Träger einzuschmeicheln. Hillier hatte ein Faible für Adelstitel, vor allem für solche, die höher angesiedelt waren als seiner, und das waren so ziemlich alle.
Also ging es wahrscheinlich um Lord Fairclough und nicht um seinen nichtsnutzigen Sohn, der ebenso wie viele andere reiche junge Leute, die ihr Leben zerstörten, schon oft für Schlagzeilen gesorgt hatte. Doch die Liste der Dinge, über die Lynley Informationen wünschte – darunter ein Testament, eine Versicherungspolice, die Source , Bernard Fairclough und die neueste Ausgabe der Zeitschrift Conception –, sagte ihr, dass er ein breites Netz ausgeworfen hatte. Mit auf der Liste standen auch ein Mann namens Ian Cresswell, Faircloughs Neffe, sowie – falls ihre Zeit es erlaubte – eine Frau namens Alatea Vasquez del Torres, eine Argentinierin aus Santa María de soundso. Aber nur, wenn ihre Zeit dafür ausreichte, betonte Lynley, denn im Moment gehe es in erster Linie um Fairclough. Fairclough senior, nicht Fairclough junior.
LAKE WINDERMERE – CUMBRIA
Freddies neueste Flamme, eine Frau, die er beim Internet-Dating kennengelernt hatte, war über Nacht geblieben. Eigentlich hielt Manette sich für eine ziemlich moderne Frau, aber das ging doch
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