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Glaube der Lüge: Ein Inspector-Lynley-Roman (German Edition)

Glaube der Lüge: Ein Inspector-Lynley-Roman (German Edition)

Titel: Glaube der Lüge: Ein Inspector-Lynley-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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ich nicht gesagt. Und ich habe es auch nicht gemeint. Ich wollte sagen, einen aus der Familie.«
    »Das hast du bereits mehrfach betont.«
    »Es tut mir leid, Kaveh, es geht hier nicht um dich. Es geht um Tim und Gracie. Wir können den Kindern nicht noch mehr zumuten. Tim geht daran zugrunde. Und Gracie wird über kurz oder lang ebenfalls daran zugrunde gehen. Ich muss verhindern, dass ihre Welt noch mehr auseinanderfällt. Ich hoffe, das kannst du verstehen.«
    »Lass die Dinge, wie sie sind, Manette«, sagte ihr Vater. »Im Moment haben wir andere Sorgen.«
    »Und was sollte das sein?«
    Er sagte nichts. Aber schon wieder tauschte er verstohlene Blicke mit seinem Londoner Freund aus, und zum ersten Mal fragte sich Manette, was hier eigentlich vor sich ging. Auf keinen Fall war der Mann hier, um wie ein Galan aus dem achtzehnten Jahrhundert das Herz ihrer hinterlistigen Schwester zu erobern und mit ihrem Geld seinen maroden Familiensitz in Cornwall instand zu setzen. Und dass ihr Vater darauf bestanden hatte, ihn das ganze Gespräch zwischen ihr und Kaveh mithören zu lassen, legte den Verdacht nahe, dass das stille Wasser, als das dieser Mann sich ausgab, so tief war, dass Nessie darin schwimmen konnte. Okay, davon durfte sie sich jetzt nicht beirren lassen. Sie durfte sich von gar nichts beirren lassen. Sie würde etwas für die Kinder ihres Vetters tun, und wenn ihr Vater nicht bereit war, mit ihr an einem Strang zu ziehen, dann würde es jemand anders tun. Und sie wusste auch schon, wer.
    Sie hob die Hände und seufzte. »Also gut.« Zu Lynley sagte sie: »Tut mir leid, dass Sie sich das alles anhören mussten.«
    Er nickte höflich. Aber sein Gesichtsausdruck verriet ihr, dass all die neuen Informationen ihm durchaus willkommen waren.
    AUF DEM WEG VON BRYANBARROW NACH WINDERMERE – CUMBRIA
    Der Tag zuvor war ein Reinfall gewesen. Nachdem Tim zwei Stunden lang an der Straße gestanden hatte, hatte er es aufgegeben, nach Windermere zu trampen. Aber heute würde er sein Ziel erreichen.
    Kurz bevor er den langen Fußmarsch von Bryanbarrow durch das Lyth Valley angetreten hatte – der anstrengendste Teil seines Ausflugs –, hatte es angefangen zu regnen. Bestimmt würde ihn niemand mitnehmen, denn die Straße war kaum befahren, und wenn hin und wieder ein Bauer auf einem Traktor vorbeituckerte, war der so langsam und fuhr so eine kurze Strecke, dass er zu Fuß mindestens genauso schnell vorankam. Aber mit dem Regen hatte er nicht gerechnet. Das war ziemlich dumm, weil er nur ein T-Shirt und darüber ein Flanellhemd und darüber ein Sweatshirt mit Kapuze trug, und nichts davon war wasserdicht. Außerdem trug er Sportschuhe, die zwar noch nicht durchnässt, aber bis an die Knöchel voll Schlamm waren, weil der Straßenrand wie immer um diese beknackte Jahreszeit völlig aufgeweicht war. Seine Jeans wurden mit jedem Schritt, den er durch den Regen lief, schwerer. Und da sie ihm viel zu groß waren, musste er sie dauernd hochziehen, damit sie ihm nicht vom Hintern rutschten.
    Unten im Tal angekommen, gelang es ihm tatsächlich, ein Auto anzuhalten, ein Lichtblick an diesem verkackten Tag. Es war ein Bauer in einem Land Rover, dessen Kotflügel komplett mit Schlamm beschmiert waren. Der Bauer öffnete die Beifahrertür und sagte: »Steig ein, mein Junge. Du siehst ja aus, als wärst du in den Straßengraben gefallen. Wo willst du denn hin?«
    Tim sagte Newby Bridge – was in der entgegengesetzten Richtung lag –, denn es kam ihm irgendwie merkwürdig vor, wie der Typ ihn musterte. Außerdem wollte er nicht, dass man seine Spur verfolgen konnte. Wenn alles wie geplant ablief, wenn sein Name und sein Bild in der Zeitung erschienen und dieser Typ ihn erkannte, dann sollte er, wenn er bei der Polizei anrief, sagen: »Ich erinnere mich an den Jungen. Der hat gesagt, er wollte nach Newby Bridge.«
    Der Bauer sagte: »Ach so, Newby Bridge«, und fuhr los. Er sagte, er könne ihn bis Winster mitnehmen, und dann wollte er natürlich wissen, warum Tim nicht in der Schule war. »Heute ist doch ein Schultag, oder? Hast wohl geschwänzt?«
    Tim war es gewöhnt, dass Erwachsene dauernd irgendwelche Fragen nach Dingen stellten, die sie einen Scheißdreck angingen. Und jedes Mal würde er denen am liebsten die Augen auskratzen. Einem anderen Erwachsenen würden sie solche Fragen nie stellen – »Warum sind Sie heute nicht bei der Arbeit wie jeder anständige Mensch?« –, aber einem Jugendlichen konnten sie mit jedem Mist

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