Glauben Sie noch an die Liebe
Distanzen …
Wenn man seltener zusammen ist, muss man dann halt intensiver zusammen sein. Wenn meine Frau und ich uns eine Zeit lang nicht gesehen haben, brechen allerdings leider in den ersten vier bis fünf Stunden oft erst mal Konflikte auf. Man kommt mit hohen Erwartungen auf den Partner zu, und dann gibt es plötzlich einen Bruch. Im Urlaub zum Beispiel sind wir am letzten Tag immer wahnsinnig traurig, dass der Urlaub vorbei ist. Aber der erste kann manchmal schwierig sein.
Sie sind jetzt seit fast dreißig Jahren verheiratet. Wir sind erst seit ein paar Jahren mit unseren Freundinnen zusammen. Was ist Ihr Erfolgsrezept für eine jahrzehntelange, glückliche Beziehung?
Sich bloß nicht verstellen, sondern sich selbst treu bleiben.
Was aber, wenn die Partnerin – oder der Partner – an einem herummeckert?
Was glauben Sie, wie oft meine Frau mich kritisiert!
Manchmal drohen die Partner auch, einen zu verlassen, wenn man sich nicht ändert – und am nächsten Tag liegt man sich wieder in den Armen. Kennen Sie das?
(Großmann nickt.)
Hat Ihre Frau schon Angst vor dem Tag, an dem Sie morgens nicht mehr zu RWE gehen? Nach dem Motto »Pappa ante portas«?
Obwohl mir meine Frau diesen Loriot-Film zu meinem RWE-Abschied geschenkt hat, freuen wir uns schon lange auf die neu gewonnene Freiheit und haben gerade das Halbjahr nach meinem Ausscheiden geplant. Und danach habe ich auch schon wieder jede Menge Termine. Es gibt so viel zu tun. Das Gute ist ja, wenn Sie selbstständig sind, können Sie dosieren, wie viel Sie arbeiten. Und ich will immer wissen, was los ist, ich will den morgendlichen Anruf, das brauche ich.
Sie haben doch alles erreicht. Warum arbeiten Sie überhaupt noch?
Was heißt »erreicht«? Ich habe einfach ein bisschen Glück gehabt, aber manche Dinge, für die ich gearbeitet habe, sind nie oder noch nicht sichtbar geworden.
Klingt, als würden Sie nie einen Zustand der totalen Zufriedenheit erreichen. Ist eine Ehe auch so etwas wie eine Sisyphosaufgabe?
Ich sehe hier keinen Zusammenhang. Aber auf die Frage zur Ehe: Ich glaube, dass eine Zweierbeziehung nur dann gut geht, wenn man sich immer wieder umeinander bemüht und an der Beziehung arbeitet. Gleichgültigkeit ist der Tod einer Partnerschaft. Man muss nach wie vor Interesse aneinander haben. Wie meine Frau mich beurteilt, ist mir sehr wichtig. Wenn sie zum Beispiel sagt: »Ich finde das klasse, wie du dich eingesetzt hast.« Es geht darum, Anteil zu nehmen an dem, was der andere tut. Meine Frau und ich waren etwa kürzlich in Berlin, wo sie eine Rede hielt. Sie wusste, dass ich ihr ganz genau zuhörte, und sie freute sich, als ich ihr danach sagte: »Das hast du gut gemacht.« Das Urteil des Partners sollte einem also auch nach vielen Jahren nicht egal sein.
Und wie bändigt man eine sehr temperamentvolle Frau? Soll man immer voll dagegenhalten?
Ja.
Oder sollte man sie erst mal ein bisschen ins Leere laufen lassen und sagen: »Beruhige dich doch, Schatz!«?
Nein. Wenn ich meinen Zorn herunterschlucken würde, dann bekäme ich Magengeschwüre. Also, raus damit! Denn wenn man sich tagelang nicht sieht und dann mit den alten »Kamellen« kommt – will sagen: einen Streit wieder aufwärmt –, führt das nur zu unnötigen Komplikationen.
Aber dann eskaliert es ja völlig.
Ja, gut, auch wenn sie mal aus dem Zimmer läuft und die Türen zuschlägt oder so – laufen lassen, sie kommt schon wieder.
Also nicht hinterherlaufen? Man ist da ja immer ein bisschen hin- und hergerissen …
Na ja, in den ersten zwei Jahren läuft man hin und her, aber irgendwann lacht man und sagt: »Wenn du aus der Tür rausgehst, musst du auch wieder reinkommen.« Aber auf jeden Fall ist es ganz wichtig, nie im Bösen einzuschlafen.
Aber wenn die Frau sagt: »Komm bloß nicht hinter mir her«, will sie eigentlich doch, dass man ihr nachkommt, oder?
Natürlich. Da gilt der alte Spruch: Wenn eine Dame »Nein« sagt, meint sie »Vielleicht«, wenn sie »Vielleicht« sagt, meint sie »Ja«, und wenn sie »Ja« sagt, ist sie keine Dame.
Was ist also wirklich wichtig in der Liebe?
Mein amerikanischer Freund hat mir zur Hochzeit eine Schale und einen Sack mit Erbsen geschenkt und dazu gesagt: »In den ersten zwei Jahren deiner Ehe legst du jedes Mal, wenn du deine Frau liebst, eine Erbse in die Schale. In den darauffolgenden beiden Jahren nimmst du jedes Mal, wenn ihr euch liebt, eine raus. Du wirst die Schale in deinem Leben nie leer kriegen.« Aber was sehr
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