Glauben Sie noch an die Liebe
im Abendkleid in eine Badewanne oder fragen Passanten über ihr Liebesleben aus. Meinen Sie das?
Natürlich kann ich die Kampfsau raushängen lassen oder wie eine Kalaschnikow austeilen, wenn das gewünscht ist. Aber im Grunde bin ich eine große Menschenfreundin. Ich verteile meine Liebe gerne, und nicht nur auf eine Person.
Bei vielen Menschen entsteht ein starkes Liebesbedürfnis aus der Erfahrung des Verlustes.
Ich habe keine Verlustängste, weil ich weiß, dass ich Verluste verarbeiten kann, ohne daran zugrunde zu gehen. Dass mein Vater sich das Leben genommen hat, finde ich immer noch sehr verwerflich. Man schmeißt sein Leben nicht einfach so weg. Das Leben ist ein Geschenk, es ist sowieso kurz, und man darf es nicht aus nichtigen Gründen beenden. Anders ist das bei schweren Krankheiten mit starken Schmerzen. Da wäre ich die Erste, die sagt: »Hallo, geben Sie mir bitte meine Überdosis Morphium!«
Warum hat Ihr Vater sich umgebracht?
Es war ein Cocktail aus Depression, Alkoholismus und einer väterlicherseits ausgeprägten Disposition zur Schizophrenie. Er hatte geschäftliche Probleme, eine Lebenskrise.
Der große amerikanische Komödiant Jim Carrey pflegte mit sechzehn Jahren seine schwer kranke Mutter und arbeitete als Nachtwächter, um die Familie finanziell zu unterstützen. Man weiß von ihm, dass er seine Gags nicht für das Publikum entwickelt hat, sondern um seine kranke Mutter zum Lachen zu bringen. Ist das bei Ihnen ähnlich?
Ich möchte allen Menschen um mich herum ein gutes Gefühl geben, damit sie sich entspannen und sich in meiner Anwesenheit wohlfühlen. Ich räume immer mein Hotelzimmer auf, weil ich nicht will, dass die Putzfrau so viel tun muss. Ich spreche alte Frauen auf der Straße an und frage sie, ob ich ihnen die Einkaufstüten nach Hause tragen soll. Wäre ich religiös, was ich nicht bin, würde ich das vielleicht mit Nächstenliebe beschreiben.
Liebt man eine andere Sorte Männer, wenn man den eigenen Vater früh verloren hat?
Ja. Der Tod meines Vaters hat mein Rollenverständnis total infrage gestellt. Ich wusste seitdem, dass der Vater nicht der Beschützer und Ernährer sein muss. Solche Vorstellungen wurden schon damals in meinem Kopf ausgelöscht.
Ähnelt Ihr jetziger Partner Ihrem Vater?
Nein, überhaupt nicht. Mein Freund ist jünger als ich, ich bin also frei von jeglichem Vaterkomplex.
Entsteht aus dem Verlust auch das Bedürfnis, von vielen Menschen geliebt zu werden? Das würde Ihre Berufswahl erklären: Früher waren Sie Model, heute sind Sie Fernsehmoderatorin.
Es gibt Menschen, die in die Medien stürmen, um dort Ruhm und Anerkennung zu finden. Aber meiner Meinung nach sind die in dieser Branche völlig fehl am Platz. Wenn du dich an die vorderste Front stellst, ist der Gegenwind so stark, dass du eigentlich vor allen Dingen Kritik zu hören bekommst. Die entgegengebrachte Liebe beschränkt sich auf eine Erhöhung deines Bankguthabens und auf nette Fanpost. Mir war die Anerkennung meiner Familie immer sehr, sehr wichtig. Meinen Job – und ich sage »Job«, weil er für mich keine Berufung ist – habe ich grundsätzlich unter sehr materiellen Gesichtspunkten gesehen. Ich habe mich immer als Dienstleisterin begriffen und wollte mir finanzielle Unabhängigkeit erarbeiten. Die Bestätigung von anderen brauche ich nicht.
Haben Sie manchmal Angst, dass die Vergangenheit Sie einholt und in dunkle Gedanken stürzt?
Sicherlich hat jeder Mensch einen gewissen Hang zur Melancholie und dazu, das Leben infrage zu stellen.
Trauen Sie sich, diesen dunklen Gedankengängen zu folgen, oder haben Sie Angst, weil Sie am Schicksal Ihres Vaters gesehen haben, wo Melancholie enden kann?
Ich habe keine Angst, weil ich weiß, wo mich solche Gedanken hinführen, nämlich wieder zu dem Standpunkt, an dem ich heute stehe. Sicherlich habe ich auch andere Phasen durchgemacht. Ich hatte so etwas wie eine Pubertätsdepression, ausgelöst durch Hermann Hesse, den ich für geniales Gift halte, wenn man empfindsam ist. Ich rühre ihn jedenfalls nicht mehr an und umschiffe dieses Thema ganz gezielt und sehr bewusst. Man muss die Welt verdammt noch mal verändern und nicht zu Hause heulend im Kämmerchen sitzen!
Das klingt, als hätten Sie sich selbst therapiert.
Ja, es gibt doch die Theorie vom Facial Feedback, die besagt, dass man positive Emotionen empfindet, wenn man sich selbst zum Lächeln zwingt. Daher auch dieser blöde alte Spruch: »Mach ein freundliches Gesicht.«
Also
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