Glauben Sie noch an die Liebe
ich mit einem Partner auf einen Empfang kam, wurde ich unweigerlich gefragt: »Frau Roth, wen haben Sie denn dabei?« Dann antwortete ich: »Das ist Herr Soundso, mein Lebenspartner.« Die Menschen gaben ihm daraufhin höflich die Hand, drehten sich aber sehr schnell wieder zu mir: »Frau Roth, was können wir gegen die Klimakatastrophe tun?«
Es gibt aber viele Politikerfrauen, die mit dieser Rolle zurechtkommen.
Aber nur sehr wenige Männer. Einer hat es überhaupt nicht ausgehalten. Der lebte in New York und Istanbul, und selbst in New York, wo wir einfach nur rumgelaufen sind, wurde ich angesprochen. Eines Tages sagte er mir: »Das kann ich nicht.«
Könnten Sie nicht im Beruf kürzertreten für die Liebe zu einem Mann?
Warum sollte ich? Außerdem bin ich dafür viel zu preußisch.
Das empfinden Partner vermutlich als Härte.
Natürlich! Dann heißt es: »Alles andere ist dir wichtiger!«
Wer Claudia Roth diesen Vorwurf gemacht hat, sagt sie nicht mehr, denn die Zeit ist um. Während der letzten Minuten unseres Gesprächs kam einer ihrer Mitarbeiter in den Konferenzraum geschlichen, nahm ein paar Stühle von seiner Chefin entfernt Platz und hörte uns zu.
Noch während wir uns von Frau Roth verabschieden, beginnt sie ein lockeres Gespräch mit dem Mitarbeiter. Und gerade als die Tür ins Schloss fällt, hören wir sie sagen:
Martin, warum habe ich eigentlich keinen Freund? Sind die Männer so feige, oder was?
GUIDO KNOPP
»Wir Deutschen haben gelernt, Emotionen öffentlicher auszuleben, auch die Liebe zu uns selbst«
»Willkommen auf der Wolfsschanze!«
Es ist natürlich nicht Guido Knopp, der uns so begrüßt, es ist der Taxifahrer, der uns mit diesen Worten auf dem Mainzer Lerchenberg absetzt. Tatsächlich mutet die Zufahrt zum Hauptquartier des ZDF mit seinen zahlreichen Schranken und Unterständen für das Wachpersonal ein wenig an wie militärisches Sperrgebiet, zumal an diesem Tag dichter Nebel die Anhöhe einhüllt. Dass der Taxifahrer den Vergleich zum »Führerhauptquartier« in Ostpreußen zieht, ist aber vielleicht auch dem Umstand geschuldet, dass er unser Gespräch belauscht hat und weiß, wer uns in der Sicherheitszone erwartet. Es ist Guido Knopp, Deutschlands größter Geschichteerzähler, der vor allem mit Veröffentlichungen rund um den Nationalsozialismus zum TV-Star und Bestsellerautor aufgestiegen ist: »Hitlers Helfer«, »Hitlers Krieger«, »Hitlers Frauen«, »Hitlers Kinder«, »Hitlers Geld« – es würde Fernsehdeutschland wohl nicht ernstlich überraschen, wenn irgendwann sogar die Knopp-Dokumentation »Hitlers Hunde« über die Bildschirme flimmern würde.
Doch der Leiter der ZDF-Redaktion Zeitgeschichte ist weiß Gott kein monothematischer Geschichtsguru. Auch mit Beiträgen zum Bau und Fall der Mauer oder über Kanzler und Königshäuser hat er ein Massenpublikum für Geschichte begeistert. Wer könnte also unsere Fragen, wann und wie die Liebe den Lauf der Geschichte beeinflusst hat und wie die Weltenlenker lieben, besser beantworten als er?
Herr Professor Knopp, wir möchten gerne mit Ihnen über die Bedeutung der Liebe in der Geschichte sprechen.
Natürlich kann ich nicht behaupten, dass ich in der Lage bin, Ihnen über alle Affären und Liebesgeschichten aller wesentlichen Menschen der Geschichte kompetent Auskunft zu geben, aber versuchen wir es.
Welches ist Ihr Lieblings-Liebespaar in der Geschichte?
Mein Lieblings-Liebespaar in der Geschichte … Lassen Sie mich überlegen, wer mir da überhaupt einfällt. Romeo und Julia sind märchenhafte Gestalten. Bei Cäsar und Kleopatra oder Mark Anton und Kleopatra ist die Quellenlage äußerst unsicher. Gehen wir mal weiter ins Mittelalter oder in die frühe Neuzeit. Da fällt mir eigentlich kein großes Liebespaar ein. Luther und seine Frau – na ja, Gott, auch nicht so das Wahre. In der jüngeren Geschichte vielleicht Napoleon und Joséphine oder Napoleon und Désirée? Vielleicht Napoleon und Désirée … Bernardine Eugénie Désirée Clary, die Tochter eines Seidenhändlers aus Marseille, lernte ihn als jungen Offizier kennen. Er hat ihr die Hochzeit versprochen, sie waren quasi verlobt.
Warum hat Napoleon dann doch Joséphine geheiratet?
Er ging weg, machte Karriere, und für ihn war es offenkundig opportuner, Joséphine zu heiraten. Désirée guckte in die Röhre, wurde aber trotzdem in seinem Pariser Hofstaat immer wieder mit ihm konfrontiert, weil sie General Jean-Baptiste Bernadotte geheiratet hatte.
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