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Glauben Sie noch an die Liebe

Glauben Sie noch an die Liebe

Titel: Glauben Sie noch an die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Philipp Burgard , Justus Bender
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Leben genommen.
    So ist es. Seine Cousine hat sich das Leben genommen, eine frühere Freundin namens Maria Reiter hat einen Selbstmordversuch unternommen. Auch über Eva Braun, die spätere Gefährtin, sind ein oder zwei Suizidversuche in den Dreißigerjahren bekannt. Und Unity Mitford, eine britische Adlige, die Hitler völlig ergeben war, schoss sich am 3. September 1939 in München mit einer Pistole, die Hitler ihr geschenkt hatte, eine Kugel in den Kopf. Es war der Tag der britischen Kriegserklärung an das Deutsche Reich. Die Kugel blieb in Mitfords Gehirn stecken, und sie starb mit vierunddreißig Jahren an den Spätfolgen. Jemand, der eine so große innere Leere hat, der Frauen nicht lieben konnte, dessen Frauen hatten ein tragisches Schicksal.
    Ist das nicht paradox – ausgerechnet ein Mann, der nicht lieben kann, wird von Millionen Frauen verehrt wie ein Popstar? Wie erklären Sie sich Hitlers magnetische Wirkung?
    Dieser Führerkult wurde ja ganz bewusst von Goebbels zelebriert und im Laufe der Jahre immer weiter aufgeblasen. Man darf auch nicht vergessen, dass es keine freie kritische Presse gab und dass das neue Medium Radio sehr geschickt von den Nazis genutzt wurde.
    Aber Zeitzeugen sprachen doch auch immer von diesem enormen Charisma Hitlers, das für uns heute gar nicht nachvollziehbar ist …
    Wir können wirklich nicht verstehen, warum die Leute ihm verfallen sind. Aber viele ästhetische Elemente in seiner Redetechnik sind nicht nur bei Hitler zu erkennen, sondern sie sind charakteristisch für die späten Zwanziger- und Dreißigerjahre. Wenn Sie alte Reden von Kurt Schumacher oder Ernst Thälmann hören, ist das ganz ähnlich. Diese expressive Form und dieses totale Aus-sich-Herausgehen haben wohl dem Bedürfnis der damaligen Zeit entsprochen, vielleicht auch dem der Frauen. Aber man darf den Aspekt nicht überbewerten. Es gibt ja dieses alte Vorurteil, dass Hitler seine Wahlerfolge, 1933 vor allem, den Frauen verdankt. Das hat mein Kollege Jürgen Falter von der Uni Mainz in seinem Buch »Hitlers Wähler« glänzend widerlegt. Andererseits hat Hitlers Beliebtheit bei den Frauen natürlich extrem zum Führermythos beigetragen. Denken wir etwa an die Bilder vom Einmarsch ins Sudetenland 1938, wo die Frauen mit verzücktem Blick am Straßenrand stehen. Oder die Bilder vom Deutschen Turnfest in Breslau, wo die Frauen regelrecht auf ihn losstürmen. Das sind meiner Meinung nach aber von den Medien gemachte Gefühle gewesen, die in der Kriegszeit – da sind Frauen auch realistisch – schon mit dem Russlandfeldzug kollektiv entschwunden sind.
    Aber Ihre Analyse zeigt doch, dass Frauen in Liebesdingen anscheinend durch Propaganda manipulierbar sind, oder?
    Männer auch! Aber bei Frauen schwingt eben noch ein zusätzliches Gefühl von Erotik mit. Der Kerl hat bewusst nicht geheiratet, um die Stimmen und die Zuneigung der Frauen nicht zu verlieren. Das war ein ganz wesentliches Element seiner Propaganda.
    »Meine Frau ist Deutschland« und so weiter …
    »Meine Frau ist Deutschland« – all das. Erst ganz am Ende hat Eva Braun es geschafft, ihn zur Ehe zu bewegen. Auch so ein Verhältnis, das sehr merkwürdig war. Wir kennen ja dieses Zitat von Hitler, das er gegenüber seinen Vertrauten in der »Wolfsschanze« äußerte: »Es gibt doch nichts Schöneres, als sich ein junges Ding zu erziehen. Ein Mädel mit achtzehn, zwanzig Jahren, das biegsam ist wie Wachs. Einem Mann muss es möglich sein, jedem Mädchen seinen Stempel aufzudrücken, die Frau will auch gar nichts anderes.«
    Es fällt auf, dass viele Personen, die die Geschichte geprägt haben, sehr seltsame Liebesbeziehungen hatten. Sie hatten Napoleon genannt, dann Hitler. Lieben mächtige Männer anders als »Normalos«?
    Ich glaube, mächtige Männer, sehr mächtige Männer, entwickeln im Unterbewusstsein da und dort das Gefühl, sie hätten einen Anspruch, ein Anrecht darauf, dass Frauen, vor allem junge und hübsche, auch das tun, was sie von ihnen verlangen – siehe Bill Clinton. Sie haben dabei oft gar kein Unrechtsbewusstsein: »No, I did not have sexual relations with that woman …« – aus Clintons Sicht mochte das stimmen.
    Werden diese Männer erst so, wenn sie ins Amt kommen, oder waren sie schon immer so und konnten diese Seite nur nicht ausleben?
    Solch eine große Frage kann man nur anhand einzelner Beispiele belegen und untersuchen.
    Über Clinton liest man ja, dass er diesen Liebeshunger, diesen Drang, Menschen für sich

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