Glauben Sie noch an die Liebe
regelmäßig in Filmproduktionen von ARD und ZDF mit, sondern bekommen auch als Theaterschauspielerin glänzende Kritiken. Können Sie in Ihrer »neuen« Schauspiellaufbahn von Erfahrungen aus der »alten« Karriere profitieren?
Als Schauspielerin, egal in welcher Rolle, müssen Sie immer Ihr Schamgefühl ablegen können. Auch ich habe dieses Schamgefühl, aber ich kann mich sehr gut fallen lassen. Ich gehe nicht mit der Angst auf die Bühne: »O Gott, was denken die Zuschauer von mir, wenn ich jetzt weine oder schreie?«
Sie haben sich in relativ kurzer Zeit einen Namen als seriöse Schauspielerin gemacht. Auch als Erotikdarstellerin wurden Sie blitzschnell zum Star. Was ist Ihr Erfolgsgeheimnis für beide Welten?
Ich behaupte einfach mal, dass ich alles in meinem Leben hundertprozentig mache – egal, ob in meinem ersten Beruf als Kinderkrankenschwester, als Erotikdarstellerin oder jetzt als Schauspielerin. Ich bin extrem professionell, absolut zuverlässig. Alles, was man machen muss, um gute Arbeit abzuliefern, tue ich.
Wie genau liefert man denn als Erotikdarstellerin gute Arbeit ab?
Ich habe dieser Kunstfigur so viel Leben eingehaucht, dass sich Millionen Männer für sie begeistert haben. Ich habe Illusionen erzeugt. Zum damaligen Zeitpunkt steckte auch ein Teil von mir in dieser Kunstfigur. Aber sie ist immer eine Kunstfigur gewesen.
Bereuen Sie heute Ihre Zeit als Erotikdarstellerin?
Wenn ich das heute Revue passieren lasse, würde ich sicher vieles im Leben anders machen – das kennen Sie wahrscheinlich auch. Jeder denkt doch irgendwann mal: »Mein Gott, warum habe ich das damals gemacht?« Aber es ist sinnlos, sich damit verrückt zu machen. Sie können die Uhr nicht zurückdrehen. Ich möchte mich nicht an meiner Vergangenheit aufhängen.
Haben Sie auf die Frage »Warum habe ich das damals gemacht?« inzwischen eine Antwort gefunden?
Ich wollte geliebt werden. Damals hatte ich einen falschen Liebesbegriff, der sich fast ausschließlich auf sexuelle Anerkennung beschränkte. Verstehen Sie mich nicht falsch – ich hatte eine glückliche Kindheit und ein gutes Verhältnis zu meinen Eltern, alles tipptopp. Aber ich war in gewisser Weise ein ausgesprochen unglücklicher Teenager. Während ich als Kind spontan und aufgeschlossen war, wurde ich als Teenager sehr unsicher. Denn ich war übergewichtig und trug eine wirklich unvorteilhafte Brille …
War es tatsächlich so schlimm?
Kommentarlos beginnt Michaela Schaffrath in ihrer Handtasche zu wühlen und zieht nach einer Weile ihren Führerschein hervor. So schlimm hätten wir uns das Foto von 1988 tatsächlich nicht vorgestellt. Das achtzehnjährige Mädchen mit den lupendicken Brillengläsern in einem riesigen Gestell und den wild in alle Himmelsrichtungen wuchernden dunklen Locken hat von der Papierform her das Zeug für die Geschäftsführerin einer Geisterbahn, aber taugt beim besten Willen nicht als auf DVD gebrannter Männertraum. Die junge Frau hat keinerlei Ähnlichkeit mit der Michaela Schaffrath, die uns gegenübersitzt. Wir glauben zunächst an einen Scherz, doch dann überzeugt sie uns von der Echtheit des Führerscheins.
Wow.
»Wow« ist auch sehr charmant. (Lacht.)
Sieht man daran nicht, dass Schönheit von innen kommt? Wir haben eine Theorie: In der Schule gab es Mädchen, die hübsch waren, aber blöd. Heute sind sie gar nicht mehr so hübsch. Dagegen sehen die Frauen, die damals optisch nicht groß aufgefallen sind, aber Persönlichkeit hatten, heute oft toll aus …
Ich möchte mich nicht selbst beweihräuchern, aber genau das hat mir vor Kurzem jemand gesagt, der mich längere Zeit nicht gesehen hatte. Er meinte: »Michaela, du siehst super aus, besser als je zuvor!« Das sagen mir zurzeit viele Leute, und es liegt mit Sicherheit daran, dass ich momentan so glücklich bin, wie ich es noch nie in meinem Leben war. Ich liebe meinen Mann wahnsinnig, und ich liebe meinen Beruf …
Lieben Sie Ihren neuen Beruf, weil Sie sich auch von Ihrem Publikum geliebt fühlen?
Natürlich fühle ich mich auch geliebt. Die direkte Bestätigung durch das Publikum habe ich ja erst durch das Theater so richtig erfahren. Wenn Sie Filme fürs Fernsehen machen, bekommen Sie vielleicht auch mal hier und da Bestätigung, weil jemand Sie anspricht und sagt: »Ich habe Sie im Fernsehen gesehen!« Die Quote ist natürlich ebenfalls eine Art der Bestätigung. Das ist zum Teil der Grund, warum ich die Liebe zu diesem Beruf entdeckt habe. Die Liebe zur
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