Glauben Sie noch an die Liebe
gegeneinander abwiegen? Und darf es ein bisschen mehr sein? Es gibt glückliche Singles und unglücklich Liierte. Und viele Frauen sind neidisch auf den eigenen Mann, weil der so glücklich verheiratet ist. In meinem Bühnenprogramm bitte ich das Publikum oft, mir mit einem Summen auf Fragen zu antworten. Dann frage ich zum Beispiel, wer im Raum gerade Single ist. Und weil man im Dunkeln nicht sehen oder hören kann, wer in dem großen Summen wie mitgestimmt hat, bekomme ich so halbwegs ehrliche Meinungsbilder. Jeder Mensch sehnt sich nach Liebe.
Waren Sie in Ihrer Jugend auf Partys immer derjenige, der wissenschaftliche Studien zitiert hat, wenn es um emotionale Fragen ging?
Ja, ich muss gestehen: Ich mag die Wissenschaft. Das war schon zu Schulzeiten so. Meine Leistungskurse waren Biologie und Deutsch. Viel hat sich nicht geändert an meinen Interessen. Aber ich habe in der Zwischenzeit auch gelernt, mit Menschen zu sprechen, die sich überhaupt nicht für Studien interessieren.
Hat Ihnen Ihre Sicht schon von weiblicher Seite Kritik eingebracht?
Aber sicher. Gelegentlich kam das vor.
Ist ein Pragmatiker wie Sie glücklicher als ein Romantiker?
Das weiß ich nicht. Jeder muss ja nach seiner Fasson glücklich werden. Ich habe aber den Eindruck, dass viele Menschen nicht glücklich sind, wenn sie denken, ihr Leben müsste wie ein Hollywoodfilm verlaufen. Wer frisch verliebt ist, denkt übereifrig: Ich mag »Titanic«, er »Ice Age«, wir passen doch super zusammen, wir interessieren uns beide für Eisberge. Aber das täuscht, ebenso wenn der »Terminator« auf eine noch so »Pretty Woman« trifft. Mit einem, der aus der Zukunft kommt, kann man schlecht eine gemeinsame Zukunft planen. Warum nicht wie in »Harry und Sally« einfach befreundet sein? Dann weiß man wenigstens von Anfang an, dass es nicht klappt.
Reicht es, an die Liebe zu glauben, um glücklich zu sein?
Der Glaube ist immer das Entscheidende, er kann auch im Körper sehr viel bewirken. Kennen Sie den Placeboeffekt?
Sie meinen, wenn man ein Medikament verabreicht bekommt, das eigentlich wirkungslos ist, aber trotzdem wirkt, weil man an die Wirkung glaubt?
Genau. Dieser Effekt ist sehr stark. Sie glauben gar nicht, wie schwer es für die pharmazeutische Industrie ist, Medikamente zu entwickeln, die wirksamer sind als der Placeboeffekt. Zuwendung wirkt! Deshalb ist es ja auch so schwierig, wenn man neue Wirkstoffe testet, den Effekt von Liebe, Glauben und der Hoffnung herauszurechnen.
Also ist die Liebe so etwas wie ein Placebo des Glücklichseins?
(Lacht.) Ja! Wenn es die Liebe nicht gäbe – ein Arzt hätte sie erfinden müssen.
MICHAELA SCHAFFRATH
»Sexualität steht bei uns nicht an oberster Stelle«
Um uns der Frage anzunähern, ob es immer der Erotik bedarf, um die Liebe zu erwecken und am Leben zu halten, wie es die altgriechische Übersetzung »zur Liebe gehörig« nahelegt, treffen wir die Schauspielerin Michaela Schaffrath. Von einer Schauspielerin erwartet man vielfältige Perspektiven auf die Liebe, schließlich darf und muss sie sich ihr in immer neuen Rollen nähern.
Für Michaela Schaffrath gilt dies in besonderem Maße, denn bevor sie als Theater- und Filmschauspielerin Karriere machte, war sie eine sehr bekannte Erotikdarstellerin. »Erotik ist die Überwindung von Hindernissen. Das verlockendste und populärste Hindernis ist die Moral«, schrieb einst der österreichische Schriftsteller Karl Kraus. Michaela Schaffrath überwand dieses Hindernis, weil sie geliebt werden wollte. Heute dreht sie immer noch Filme, doch deren Dramaturgie ist wesentlich raffinierter geworden, und der Sprechanteil ist extrem gestiegen.
Viele Frauen, die Michaela Schaffrath am Sonntagabend etwa in einer Nebenrolle des »Tatort« sehen, haben vermutlich keine Ahnung, dass sich der brave Ehemann während des gesamten Krimis nicht nur fragt, wer der Mörder ist, sondern auch, in welchem Film er die patente blonde Schauspielerin schon einmal gesehen hat. Jedenfalls ist Michaela Schaffrath im Gegensatz zu den Erotikikonen früherer Dekaden wie Teresa Orlowski oder Dolly Buster der Wechsel ins seriöse Schauspielfach mit Bravour gelungen.
Das ist nicht die einzige überraschende Wende in ihrem Leben. Michaela Schaffrath erklärt uns, warum Sex in ihrer Beziehung keinesfalls die Hauptrolle spielt und was passieren muss, damit ein Katholik aus bestem Hause mit Jurastudium ausgerechnet eine ehemalige Erotikdarstellerin heiratet.
Sie spielen nicht nur
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