Glauben Sie noch an die Liebe
Mann, wer sich wann um Ihre vielen Kinder kümmert?
Streit nicht, es sind ja unsere gemeinsamen Kinder, und wir haben beide die Verantwortung. Aber es gehört seit nunmehr vierundzwanzig Jahren zu unserem Alltag, darüber zu sprechen, wie der nächste Tag, die nächste Woche geht.
Bei den eigenen Kindern kann man vermutlich nicht sagen, warum man sie liebt, man tut es einfach. Richtig?
Das stimmt, ich könnte nicht sagen, warum ich meine Kinder liebe, weil es einfach tue, von ihrem ersten Tag an. Alle meine Kinder haben Stärken und Schwächen, unterschiedlich verteilt. Es gibt auch unterschiedliche Phasen. In manchen ist das Kind bombig stark, in anderen ist es nur noch am Weinen, weil es sich die banalsten Sachen nicht zutraut. Dann hat man drei bis vier Anrufe am Tag von weinenden Kindern, die sagen: »Ich schaffe das nicht.« Und ich antworte immer: »Du kannst das, ich weiß es.«
Können Ihre Kinder tatsächlich schnell mal die Arbeitsministerin anrufen?
Ja, das muss sein, gerade wenn ein Kind in Not ist. Ich sehe ja im Display, welches Kind anruft. Dann weiß ich genau: Dieses Kind hat Angst vor einer Klausur und muss jetzt mit mir reden, damit es sich wieder beruhigt.
Aber Sie können doch nicht telefonieren, wenn Sie am Tisch mit der Kanzlerin im Kabinett sitzen!
Dann schreibe ich eine SMS: »Ich sitze im Kabinett, ich kann jetzt nicht anrufen. Melde mich in einer halben Stunde.«
Schaut die Bundeskanzlerin nicht zuweilen irritiert, wenn ihre Arbeitsministerin in einer Kabinettssitzung Nachrichten verschickt?
Alle Minister simsen, und es erfährt ja niemand, ob ich gerade an meinen Staatssekretär schreibe: »Ich brauche dringend die Vorlage zu dem oder dem«, oder ob ich schreibe: »Hast du schon den Pferden Heu gegeben?« Meine Kinder bekommen oft SMS von mir wie: »Ich sitze gleich im Flieger und bin die nächsten zwei Stunden nicht erreichbar«, damit ich nicht nach dem Flug zehn SMS auf dem Handy habe: »Mama, geh verdammt noch mal an dein Handy!« Für mich ist dieser ständige Kontakt schön. Das gibt den anstrengenden und absurden Dingen, die ich im Politikalltag erlebe, eine Sinnhaftigkeit, weil ich immer weiß, warum ich das überhaupt mache.
Für die Familie.
Ja.
Eine Machtpolitikerin, die eigentlich nur ihre Familie ernähren will? Vielleicht hätte die kinderlose Angela Merkel bei dieser Antwort einen ähnlich ungläubigen Gesichtsausdruck wie von der Leyens ehemaliger Vorgesetzter an der medizinischen Hochschule. Es ist spät geworden in Hannover, doch die Ministerin redet seit einer Stunde unermüdlich, die Beine übereinandergeschlagen, den Oberkörper leicht nach vorne geneigt, mit den Armen gestikulierend. Ihre Sprecherin schaut demonstrativ auf die Armbanduhr und räuspert sich. Unsere Zeit mit der Ministerin ist fast um, es bleibt nur noch eine Frage.
Frau von der Leyen, Sie wirken immer so souverän. Macht Ihnen die Verantwortung für sieben Kinder manchmal auch Angst?
Nicht mehr. Ich fand als junge Mutter den Gedanken, dass ich alles an diesem Kind forme, beängstigend, weil es so viel Verantwortung bedeutet. Deshalb bin ich heute erleichtert über die Erfahrung, dass ich zwar großen Einfluss und Verantwortung habe, dass das Kind im Grundsatz aber von Anfang an ein eigenständiger Mensch ist. Ich begleite es nur.
ECKART WITZIGMANN
»Das Kochen war mir immer wichtiger als die Liebe«
Eigentlich würden wir Eckart Witzigmann gerne zaubern sehen, etwa, wie er einen Seeteufel auf Basmatireis bettet und dazu eine Hummersauce mit Estragon parfümiert. Wir, zwei Legastheniker am Herd, möchten gemeinsam mit dem Großmeister kochen und uns von ihm in die Geheimnisse der aphrodisischen Küche einführen lassen. Wir stellen uns vor, dass wir ein bis zwei Gerichte lernen, mit denen wir unsere Partnerinnen am heimischen Herd beeindrucken und vielleicht sogar dauerhaft bei Laune halten können. Aber bei der Arbeit unterhält Eckart Witzigmann sich nur höchst ungern, nicht einmal ein Fußballspiel darf im Hintergrund laufen, weil es seine Konzentration stören würde. Also gerät unsere Idee zu einer Theoriestunde, er empfängt uns in seinem Münchner Büro.
Wir wollen wissen, wie man am Herd ein Herz erobert. Und wer könnte uns das besser erklären als der »Koch des Jahrhunderts«? Mit diesem besonderen Titel hat der »Gault-Millau« den Österreicher Eckart Witzigmann unsterblich gemacht. Vor Witzigmann war nur den beiden französischen Meistern Paul Bocuse und Joel Robuchon
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