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Glauben Sie noch an die Liebe

Glauben Sie noch an die Liebe

Titel: Glauben Sie noch an die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Philipp Burgard , Justus Bender
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Besessenheit? Sie haben mal erzählt, dass schon Ihre Mutter eine große Liebe zum Kochen hatte und Ihr Vater ein sehr anspruchsvoller Esser war. Er war regelrecht beleidigt, wenn ein Gericht nicht perfekt gelungen war. Hatte Ihr Ziel, der beste Koch der Welt zu werden, auch mit dem Wunsch zu tun, anerkannt und geliebt zu werden?
    Das mag schon eine gewisse Rolle gespielt haben. Und natürlich habe ich es zum Beispiel als riesige Anerkennung empfunden, für die Königin von England zu kochen oder für den US -Präsidenten George W. Bush. Durch meinen Beruf habe ich so viele interessante Leute kennengelernt, die ich im »normalen« Leben niemals getroffen hätte. Aber mir bedeutet das Lob all meiner Gäste wahnsinnig viel, nicht nur das der ganz berühmten. Ich koche aus Liebe zu den Menschen. Ich möchte die Leute beglücken mit meinem Essen. Es geht ja nicht nur um Sättigung, sondern auch um die Endorphine, die das Gehirn im Moment des Genusses freisetzt. Es ist wirklich spannend, zu beobachten, wie beseelt die Gäste aufstehen, wenn es ihnen geschmeckt hat. All das erklärt mein extrem ausgeprägtes Streben nach Perfektion. Ich wollte gut werden, bekannt werden, groß werden.
    Und dabei haben Sie sich nie von einer Frau ablenken lassen?
    Doch, ein einziges Mal. Ich hatte den ersten Liebeskummer meines Lebens und musste erfahren, dass die Liebe nicht nur durch den Magen geht, sondern auch durch den Kopf. Meine Gesellenprüfung stand bevor, und mein Ausbilder hatte mir gesagt: »Du bist mein bester Lehrling, alles andere als eine 1,0 ist eine Enttäuschung.« Doch ich hatte mit meiner lieben Freundin Streit und konnte mich einfach nicht konzentrieren.
    Worum ging es in dem Streit?
    Um Eifersucht.
    Wer war denn eifersüchtig?
    Sie.
    Sind Sie etwa durchgefallen?
    Ja, ich war unkonzentriert und habe mich zu allem Überfluss noch mit dem Prüfer über gespickten Rehrücken gestritten. Dass ich die Prüfung verhauen habe, war für mich schrecklich. Ich wollte im Erdboden versinken und meinen Eltern diese Enttäuschung ersparen. Ich habe mich schrecklich geschämt und habe mich nicht mehr auf die Straße getraut.
    Was haben Sie sich abends gekocht, um den Kummer zu bewältigen?
    Ich konnte keinen Bissen mehr essen, der Appetit war mir vergangen.
    Sie haben sich daraufhin zum Glück nicht komplett von den Frauen abgewandt, sondern irgendwann sogar geheiratet. Was hat Sie sicher gemacht, dass diese Frau »die Richtige« ist?
    Meine Frau hatte grundsätzlich Verständnis für meine andere Liebe, meine Liebe zum Beruf. Es gab zwar immer wieder schwierige Situationen und Streitfragen. Zum Beispiel hatten wir ein wunderschönes Haus in Virginia, doch beruflich ging es für mich in den USA nicht voran. Ich wollte zurück nach München, meine Frau wäre lieber in Virginia geblieben, doch am Ende des Tages hat sie dann nachgegeben. Sie hat mich immer großartig unterstützt, sie ist einfach eine tolle Frau. Sie hat mir zwei wunderbare Kinder geboren, und mittlerweile bin ich dreifacher Opa.
    Trotzdem ist Ihre Ehe irgendwann in die Brüche gegangen. Warum?
    Kochen ist nicht nur ein Traumberuf, sondern auch eine Rund-um-die-Uhr-Qual unter extremem Druck. Es gibt keine Acht-Stunden-Tage. Man wälzt sich morgens um fünf aus dem Bett, um auf den Markt zu gehen, und kommt oft spät nach Mitternacht nach Hause. Als ich noch Eigentümer des »Aubergine« in München war, musste ich natürlich auch bei den Gästen präsent sein und mich nach dem Essen zum Smalltalk dazusetzen. Kurzum: Ich war eigentlich mit meinem Beruf verheiratet. Irgendwann hat meine Frau mich aus dem Haus geworfen.

    Diese Trennung riss Witzigmann den Boden unter den Füßen weg. Wenn er nach sechzehn Stunden Arbeit die Küche seines Münchner Drei-Sterne-Restaurants »Aubergine« verließ, hatte er zu Hause niemanden mehr, der ihn erwartete, der ihm Halt gab. Er suchte Zerstreuung in Diskotheken. Und wer Witzigmanns verschmitztes Lächeln einmal erlebt hat, der kann sich vorstellen, dass es ihm damals nicht allzu schwergefallen sein dürfte, auf seiner Suche nach Trost eine ganze Reihe von Frauen zu finden, die sich für ihn begeisterten.
    Doch wo gleich mehrere Frauen um nur einen Mann kreisen, ist die Eifersucht nicht weit. Und der Verrat. Eines Morgens um fünf stürmte ein Sondereinsatzkommando der Polizei das Haus des Starkochs, durchsuchte die Zimmer und fand ein Tütchen mit weißem Pulver, das ihm in dieser Lebensphase Anfang der Neunzigerjahre ein treuer

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