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Gleich bist du tot

Titel: Gleich bist du tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iain McDowall
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»Vielleicht sah sie für ihn ja wie eine bloße Junk-Mail aus.«
    Horton schenkte den dreien sein typisches Lächeln, das zwei Reihen makellos weißer Zähne sehen ließ, was darauf hindeutete, dass er sich in seinem Element fühlte, da er geheimes Wissen an die ungebildeten Massen weitergeben durfte. Man lächelt, dachte Jacobson, reißt Witze und macht unmaßgebliche Punkte gegenüber seinen Kollegen gut, wobei das alles noch lange nicht heißt, dass einen so eine Sache nicht betroffen macht, wahrscheinlich ganz im Gegenteil.
    »Die E-Mail kam mit einem klugen kleinen Script«, sagte Horton, »das dafür sorgt, dass sich alle Anhänge sofort automatisch öffnen, ganz gleich, welche Filter man installiert hat. Ich würde sagen, dem ›Argus‹ blieb gar keine andere Wahl, als sich den Film anzusehen.«
    Jacobsons Handy klingelte: Henry Pelling versuchte es wieder. Jacobson ging auf den Flur, um den Anruf anzunehmen. Kerr und Greg Salter nahmen gleich den frei gewordenen Raum in Beschlag.
    »Pelling meint, der Film wurde etwa an ein Dutzend Adressen geschickt«, sagte Kerr.
    Horton nickte, klickte ein-, zweimal und zauberte eine Liste mit E-Mail-Adressen auf den Schirm.
    »Die hier haben sie nicht zu verstecken versucht«, sagte er. »Aber das bedeutet natürlich nicht, dass es die einzigen Empfänger sind.«
    Kerr und Salter studierten die Empfänger, die sofort zu identifizieren waren. Die lokalen Zeitungen und Radiostationen und das Regionalfernsehen machten etwa die eine Hälfte aus, die überregionalen Medien, einschließlich BBC und ITV, die andere.
    Jacobson drückte sich zurück in den Raum.
    »Es ist genau, wie Sie sagen, Steve. Der gute Henry hat mir erklärt, der Film sei automatisch abgespielt worden. Die Computerfritzen beim ›Argus‹ drehen offenbar am Rad und versuchen herauszufinden, ob man ihnen damit gleichzeitig auch noch einen Virus ins Netz gesetzt hat.«
    Horton lächelte schon wieder und sagte, das glaube er nicht, obschon er selbst Pellings Daten auch lieber auf ein Zweitsystem geladen hätte, um auf der sicheren Seite zu sein. Greg Salter fragte Jacobson, was der ›Evening Argus‹ mit der Geschichte zu tun gedenke.
    »Im Moment interessiert die vor allem, wie viel sie davon bringen können, ohne unter den Beschuss vom Chief Constable zu geraten. Ich habe Henry gesagt, ich nähme an, Sie wollten wahrscheinlich persönlich mit ihm sprechen.«
    »Danke, Frank«, sagte Salter und klang endlich einmal aufrichtig.
    »Ich könnte in dem Fall etwas zusätzliche Hilfe . . .«, fügte Jacobson gleich noch hinzu und ließ den Satz absichtlich unvollendet.
    Salter wischte eine imaginäre Fluse vom rechten Aufschlag seines makellos grauen Paul-Smith-Anzugs.
    »Natürlich. Ich muss den Dienstplan prüfen, um zu sehen, was wir tun können. Wen wir umschichten können.«
    Er tat Jacobson fast schon wieder leid. Jacobson musste den Fall nur lösen, Schleimer-Greg hatte sich mit den Medien herumzuschlagen, falls man dort befand, eine nette, saftige Geschichte in Händen zu halten. Und offen gesagt ließ sich nur schwer vorstellen, dass das nicht so sein würde. Das ist Reality-Fernsehen mit besonderer Durchschlagskraft, alter Junge, dachte er. Besonders, wenn diese Typen die Sache wiederholen und das auch wieder filmen.
     

13
    Adrian hatte geduscht und sich endlich richtig angezogen, nachdem er den Crowby-Film an die ausgewählten Medien geschickt hatte. Für die nächsten paar Stunden hatte er die Wohnung am Cambrian Wharf ganz für sich. Annabel und Maria waren zum Shoppen ins Bullring-Einkaufszentrum gefahren, mit ausreichend Bargeld von frischen, bislang noch unbenutzten Kreditkarten in den Taschen, und Brady hatte den Zug nach Coventry genommen, um dort mögliche Schauplätze für ihre nächste Live-Operation auszukundschaften. Die Ruhe und Einsamkeit kamen Adrian gerade zupass. Wenn eben möglich, wollte er den Edgbaston-Film fertig haben, bevor einer von den dreien, vor allem Brady, zurückkam und sich in seine Arbeit einzumischen versuchte.
    Er arbeitete konzentriert, vertieft in die technischen Feinheiten, und machte nur gelegentlich eine kurze Pause, um sich einen Kaffee zu kochen oder, wie gerade jetzt, eine Weile aus dem Wohnzimmerfenster hinaus auf die geschäftige, arbeitende Stadt zu sehen, in der die »Drohnen« oder »Arbeitsbienen«, wie Brady sie nannte, in ihren Büros hockten, so weit das Auge reichte. Adrian stellte sie sich vor, wie sie an ihre Schreibtische gefesselt waren,

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