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Gleich bist du tot

Titel: Gleich bist du tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iain McDowall
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mit alten Kleidungsstücken und verschiedenen aussortierten Haushaltsgegenständen. Dort hinunter schickte ihn seine Mutter immer, wenn er »unartig« gewesen war, für einen der zahllosen merkwürdigen, wundersamen »Verstöße«, die ihm nicht einleuchten wollten und sich in ihrer Strafbarkeit oft genug gegenseitig widersprachen. Als sie ihn das erste Mal dort unten einschloss, hatte sie ihn hereingelegt. Jesus ist eine Schwuchtel, hatte er zu ihr gesagt. Da war er gerade sechs oder sieben und ohne jede Ahnung, was das bedeutete. Er redete nur nach, was ihm irgendein älteres Kind in der Schule erklärt hatte (während es ihm in der Jungentoilette den Kopf in ein Waschbecken mit kaltem Wasser drückte). Sie wirkte nicht mal zornig, sondern bat ihn nur, für sie in den Keller zu gehen. Da stehe eine Kiste, aus der sie etwas brauche. Bravtrottete er nach unten, ein kleiner Junge, der seiner Mum einen Gefallen tat, und achtete darauf, oben an der Treppe das Licht einzuschalten, bevor er die schmalen, engen Stufen hinunterstieg. Das Licht konnte nur oben ein- und ausgeschaltet werden. Er wusste nicht zu sagen, wie lange sie ihn jenes erste Mal da unten gehalten hatte. Oder bei den vielen nachfolgenden Malen. Wie kann man als Kind Zeit messen? Alles, was Brady noch wusste – und so sehr zu vergessen wünschte –, war, dass er als ein Kind dort hinuntergegangen war, aus dem ein bestimmter Erwachsener hätte werden können, und hinterher als jemand anderer wieder heraufkam.
    Er nippte an seinem Tee und zwang seine Gedanken zurück in die Gegenwart. Die schwachsinnigen Hauseigentümer hatten Pferdegeschirre aus Messing an die dicken Eichenbalken gehängt. Im Moment lebten sie offenbar in Andalusien, wahrscheinlich in einem Haus voller Kastagnetten und Sombreros, dachte Brady. Wenigstens hatte der Makler das Annabel und Adrian so erzählt, als sie, sich als frisch verheiratetes Paar ausgebend, das Haus besichtigt hatten.
    Brady hielt das Cottage für einen Geniestreich, genau wie den Volvo. Ein superromantisches, frisch verheiratetes Pärchen, das einen Jahresmietvertrag abschloss, kein Single-Yuppie, der etwas für sechs Monate anmietete, wie er allein in Crowby, oder gar nur für drei, wie Maria in Birmingham. Das Beste aber war, dass es sich um ein Cottage handelte: ein restauriertes Landarbeiterhäuschen am Ende eines Feldwegs mitten im Nirgendwo. Das ganze Projekt war praktisch darauf ausgelegt, Erwartungen durcheinanderzubringen. Offensichtliche Muster zu entwickeln und sie gleich wieder zu durchbrechen. Sich verrückt zu verhalten, weiterzudenken und seinen Vorteil daraus zu schlagen, dass die Polizei ein einziger Haufen von Einfaltspinseln war. Schön, wenn sie irgendeinen unglückseligen, heruntergekommenen Einbrecher mit Kapuze am Arsch bekamen. Aber sobald jemand mit etwas Klasse, Vorstellungsvermögen und Intellekt kam, waren sie am Ende. Da Brady wusste, was als Nächstes kommen würde, taten sie ihm fast leid. Aber nur fast, denn mit Gefühlen wie Mitleid hatte er schon lange nichts mehr am Hut.
     

20
    Endlich hatte Casper seine Truppe zusammen, hauptsächlich dank der Hilfe von Mad Billy Briers. Insgesamt waren sie zu sechst. Vier Männer, zwei Bräute. Casper hatte gedacht, dass sie unbedingt ein paar Frauen bräuchten. Frauen konnten mit jedem Trottel reden, der verdächtig erschien, vielleicht sogar als Köder dienen, wenn nötig. Im Übrigen brauchten sie richtige Kerle, die wussten, was zu tun war, wenn’s drauf ankam. Casper selbst war nicht unbedingt ein Kämpfer, aber das machte nichts, wenn Mad Billy mit an Bord war, und dazu noch zwei seiner engsten Kumpel, Kenny und Dave. Besonders mit Kenny geriet keiner gerne aneinander, egal, worum es ging. Auf den ersten Blick bestand der Kerl nur aus Haut und Knochen, aber er war hart und komplett furchtlos. Ihm war es einfach scheißegal, ob er sich verletzte, und das gab am Ende oft den Ausschlag. Tracey hatte auch mitkommen wollen, aber Casper hatte ihr zwei Gründe genannt, warum das nicht funktionieren würde: Erstens musste sie sich noch erholen und auf sich achten, es eine Weile ruhiger angehen lassen. Zweitens war es zwar möglich, dass sich die Dreckskerle nicht an Casper erinnerten, Tracey würden sie aber gleich wiedererkennen und verschwinden, sobald sie auftauchte.
    Sie fuhren mit Daves Firmentransporter in die Stadt. Dave hatte seit einiger Zeit einen richtigen Job. Er machte Auslieferungsfahrten für einen Autoersatzteilhandel, und einer

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