Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gleichbleibend Schoen

Gleichbleibend Schoen

Titel: Gleichbleibend Schoen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Hodgman
Vom Netzwerk:
Kartenstapeln. Die Karten wurden abwechselnd senkrecht und waagerecht zu einer vielfarbigen Decke gelegt. Drei von fünf Spielen gingen auf. Ich ging ins Bett, solange ich noch in Führung lag.
    *
    Montagmorgen. James rasierte sich. Putzte sich die Zähne. Suchte Papiere zusammen. Polierte seine Stiefel. Er ging zur Tür, wo er kurz stehen blieb und sein Gehen-wir-wie-Erwachsene-damit-um-Gesicht aufsetzte.
    » Hör mal, ich kann noch nicht sagen, wann ich heimkomme. Wenn ich es heute Abend schaffe, wird es auf jeden Fall spät, warte also nicht auf mich, sondern geh ins Bett. Du weißt doch, wie es ist. Ich kann es nicht ändern, ich habe im Moment einfach so viel Arbeit.« Abgang durch die Tür, die ihm genüsslich nachquietschte. Noch ein Quietschen: Sein Kopf tauchte noch einmal im Rahmen auf.
    » Tut mir leid. Ich repariere die verfluchte Tür, sobald ich dazu komme. Bis dann. Mach’s gut.«
    Also machte ich es den ganzen Tag lang gut. Ich hielt es für sinnlos, jetzt noch Jonathan anzurufen. Am nächsten Tag würde ich ihn ohnehin sehen. Und wenn er etwas brauchte, konnte er ja anrufen. Er wusste, dass ich alles tun würde, um ihm zu helfen. Ich freute mich auf unser gemeinsames Mittagessen. Mit etwas Glück hatte er bis dahin seinen Sinn für Humor wiedergefunden und sah die Dinge nicht mehr ganz so eng.
    *
    Am Abend wählte ich mit Bedacht und Vorfreude meine Stadtkleidung aus und legte sie zurecht. Am nächsten Morgen zog ich sie, so früh ich wagte, an, machte den üblichen Gang in die Nachbarstraße, um Angelica abzuliefern, und setzte mich in meiner Stadtkleidung in den Bus. In Gedanken legte ich mir Sätze zurecht. Am Platz mit dem Springbrunnen stieg ich aus und rannte zu Jonathans Wohnung. An der Seite des Lagerhauses stieg ich die Holztreppe mit dem Eisengeländer hoch. Oben klopfte ich an die große, braun gestrichene Tür. Niemand öffnete.
    » Hi, Jonathan«, rief ich laut. » Ich bin’s. Kann ich reinkommen?«
    Keine Antwort. Ich drückte gegen die Tür. Sie war nicht eingerastet und schwang auf. Ich ging hinein. Wahrscheinlich war Jonathan kurz weggegangen und hatte sie für mich offen gelassen. In der Wohnung steuerte ich direkt aufs Schallplattenregal zu, um Musik aufzulegen. Die Regale standen leer, die Stereoanlage war verschwunden. Ein Blick auf die Wände: Die besten Bilder fehlten ebenfalls. Leere Rahmen lehnten an der Wand. Auch in den Bücherregalen klafften Lücken.
    Ich ging ins Schlafzimmer. Alles sah ganz normal aus. Ich öffnete den Kleiderschrank. Es hingen Sachen drin, aber auch hier gab es Lücken. Ich ging zurück ins Wohnzimmer und setzte mich an den Tisch. Mir war übel. Und ich hatte Angst. Das war es wohl mit den Dienstagen. Was sollte ich jetzt machen? Ich saß da und starrte auf den Boden: Kleine Blutspritzer vor meinen Füßen. An den Rändern waren sie schon braun, trocken und bröckelig, aber in der Mitte noch rot und klebrig. Sie liefen in gerader Spur zur Tür. Ich begann zu weinen. Weil er blutend von hier weggegangen war, weil ich einen Freund verloren hatte, weil ich nicht wusste, was ich mit dem Rest meines freien Tages anstellen sollte.
    Ich ging zurück ins Schlafzimmer und legte mich aufs Bett, um mich richtig auszuheulen. Die schöne Pelzdecke war verschwunden. Auf dem Bett lag eine zerknitterte Zeitung. Ein Wochenblatt, ein Boulevardmagazin vom Festland, Australiens auflagenstärkstes Skandalblatt. Für die war es ein gefundenes Fressen: » Frauentauschzirkel in unbescholtener Vorstadt aufgedeckt.« Der im geschliffenen Sensationsstil verfasste Artikel stand in akkuraten schwarzen Zeilen neben dem Foto eines nackten Mädchens, das mit weit gespreizten Beinen rittlings auf einem Felsen am Strand saß. Eindeutig eine Titelgeschichte von allgemeinem Interesse. Aus Schlieren von Druckerschwärze blickte mir Jonathans Gesicht in einer etwas jüngeren Version entgegen. Es gab noch andere Fotos: eine Außenaufnahme des Restaurants, zwei Arm in Arm stehende lächelnde junge Mädchen in Sommerkleidern, ein Mann mittleren Alters, der mit weit aufgerissenem Mund seine rechtschaffene Entrüstung von der Zeitungsseite brüllte. Darunter stand: » Der aufgebrachte Vater der beiden in den Fall des bekannten Restaurantbesitzers Jonathan Pickup verwickelten Mädchen hat unseren Reporter in seinem Vorstadthaus empfangen. Im Gespräch machte er seiner Wut darüber Luft, dass die Ermittlungen eingestellt wurden. ›Der Mann gehört hinter Schloss und Riegel. Der ist doch ein

Weitere Kostenlose Bücher