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Gleichbleibend Schoen

Gleichbleibend Schoen

Titel: Gleichbleibend Schoen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Hodgman
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die Sachen herkämen, und ich beneidete ihn um seine mangelnde Neugierde.
    Es war ein goldener Morgen. Bens Haar leuchtete. Die Eukalyptusbäume warfen goldene Schatten. Selbst die Zaunpfähle hatten einen Hauch abbekommen.
    Auf dem Hof und im Garten entdeckte ich Dinge, die ich dort nie zuvor gesehen hatte. Winzige bunte Schmetterlinge spielten in einer Stechpalme, deren ledrige, dunkelgrüne Blätter von der sommerlichen Hitze Risse bekommen hatten. In ihnen sammelte sich goldener Staub – selten reiche Blattadern. Flauschige gelbe Küken wie aus einem Comicheft trippelten entschlossen unter einem alten Eisenpflug durch, dessen Rostschicht die Sonne safrangelb gebleicht hatte. Die Luft roch nach Wick-VapoRub. Ich erinnerte mich, dass einmal jemand zu mir gesagt hatte, ein auf dem Schiff heimkehrender Australier würde sein Land nach Tagen auf See schon riechen, bevor es in Sicht kam, weil der Wind den Eukalyptusgeruch von der unsichtbaren Küste übers Meer trug. An diesem Morgen fand ich die Geschichte wunderschön. Rührselige Tränen stiegen mir in die Augen. Ich schniefte.
    Ben hörte es. » Komm, ich hab doch gesagt, dass es nicht schlimm ist wegen der Klamotten. Sachen sind nicht wichtig. Niemals.«
    » Darum geht es gar nicht. Es ist einfach so schön hier. Irgendwie ist heute alles so besonders schön.«
    Wir standen auf der alten Holzveranda und blickten über den goldenen Hof.
    » Ja, es ist schön. Angenehm. Kein Mensch in der Nähe. Viel Raum, um zu denken.«
    Ein ungewohntes Parfüm umnebelte uns, ein schwerer Duft. Patschuli, sagte Ben, ein Freund habe ihm eine kleine Phiole aus Sydney geschickt, er würde mir etwas davon geben. Zur Zeit von Königin Viktoria sei es von Prostituierten benutzt worden, meinte er. Es komme aus Indien. Mystisch. Orientalisch. Sexy.
    Wir gingen in die Küche. Ich setzte mich an den großen, abgelaugten Kieferntisch, zog die Schuhe aus und stellte meine Füße auf den kühlen grauen Steinboden. Ben setzte den Teekessel auf und ließ im Wohnzimmer eine Bob-Dylan-Platte laufen: Country Pie – netter, heiterer Country-Dylan, der gut zum Morgen passte. Ben drehte die Musik lauter und öffnete die Durchreiche in der Wand. Wir saßen uns gegenüber, tranken Tee und rauchten mit wippenden Füßen, nickenden Köpfen und albernem Lächeln auf den Lippen.
    Ich wartete auf die Spielstunde, doch Ben verließ die Küche und kam mit einem Zeichenblock und einer Handvoll dicker Zeichenstifte zurück. Er steckte alles in einen kleinen braunen Rucksack.
    » Komm. Wir machen eine Wanderung durchs Tal.«
    Mein Gesicht durchlief eine Serie gut eingespielter Überraschungsausdrücke: Kinn fallen lassen, Mund aufklappen, Augen aufreißen. Was hatte ich verbrochen? Sicher hatte es mit der Szene letzte Woche zu tun. Meine Strafe. Ich hatte gehofft, sie würde interessanter ausfallen.
    Ben füllte eine Wasserflasche und steckte ein paar Kekse in eine Papiertüte. Er ging noch mal aus dem Zimmer und kam mit einem Diggerhut auf dem Kopf und einem zweiten in der Hand zurück, den er mir aufsetzte. Der Hut ging mir bis über die Ohren. Ben zog ihn hoch und rückte ihn sorgfältig auf meinem Haar zurecht.
    » Die gehören meinem Alten. Echte Armeeware aus dem Zweiten Weltkrieg. Und? Spürst du schon Kriegsschwingungen?« Er steckte sich seinen Tabakbeutel und ein Päckchen Zigarettenpapier in die Jeanstasche, zog sein Hemd aus und nahm den Rucksack. » Das wär’s. Zieh deine Schuhe an. Es geht los.«
    Er trat auf den Hof hinaus. Ich blickte ihm durchs Fenster nach. Er drehte sich um und winkte mir. Ich folgte ihm über den Hof und auf die braune Weide, die ans Haus grenzte. Er lief in Zickzacklinien, um den größten Distelbüscheln aus dem Weg zu gehen. Ich marschierte in einigen Metern Abstand hinter ihm her. Mein Kopf wurde unter dem Hut heiß und begann zu jucken. Ich blieb stehen und nahm ihn ab. Auch das T-Shirt zog ich aus und drapierte es über eine riesige Distel mit verholztem Stamm. Den Hut setzte ich oben drauf.
    Jenseits der Weide führte der Talweg über ein Stück geröllübersätes Grünland um einen kegelförmigen Hügel herum, doch Ben schlug ihn nicht ein. Stattdessen lief er die Hangwiesen hoch. Ich beeilte mich, ihn einzuholen.
    » Hast du nicht gesagt, wir gehen durchs Tal?«
    » Ja. Aber dann ist mir eingefallen, dass wir auch den Hügel hoch könnten. Es ist fantastisch dort. Heiß und grün. Du bist hoch oben, direkt unterm Himmel, und kannst meilenweit sehen. Wie auf eine

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