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Gleichbleibend Schoen

Gleichbleibend Schoen

Titel: Gleichbleibend Schoen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Hodgman
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Modelllandschaft.«
    Wir hatten den Rand des Buschstreifens, der sich um die Hügelmitte zog, erreicht. Als wir hineintraten, stülpte sich Stille über unsere Köpfe. Die Luft war kühl und würzig, der Busch licht. Vor vier Jahren war ein Buschfeuer durchs Tal geprasselt. Die Flammen waren von beiden Seiten den Hügel hochgekrochen und hatten fast alles vernichtet. Zwischen den übrig gebliebenen großen Bäumen, die sich über uns wölbten und deren Blätter in unseren Ohren rauschten, wuchsen frische, staubig grüne Schösslinge und kitzelten uns im Vorbeigehen unter den Armen. Zweige knackten unter unseren Füßen. Der Boden war mit Rindenstreifen gepflastert.
    Als wir höher kletterten, wurde die Vegetation etwas dichter. Wir gingen wieder hintereinander her. Riesige umgestürzte Baumstämme, einige an den Außenseiten noch angekohlt, hatten eigene Lichtungen im Busch geschaffen. Die meisten Stämme waren halb hohl, und das verbliebene Holz im Inneren sah aus wie feucht-weicher, gummiartiger Sägemehlbrei, in dem sich Insekten tummelten. Über die Außenseiten zogen sich grobporige beigefarbene Pilzschwämme und smaragdgrünes Moos. Auf einem der Stämme machten wir Rast. Wir setzten uns Rücken an Rücken. Zentimeter für Zentimeter klebte ich meine Haut an seine. Wir tranken aus der Wasserflasche. Ben rollte zwei dünne Zigaretten, von denen er mir eine über die Schulter reichte. Wir saßen in einer wohlriechenden, unsere Köpfe umnebelnden Wolke und bewunderten die Aussicht. Durch die Bäume konnten wir das hübsche Holzhaus seiner Farm sehen: die Weiden, den Bach, den Ententeich, den Hof. Jenseits davon befand sich das Dorf, ein Haufen einfacher Häuser aus der Zeit König Georgs mit winzigen rechteckigen Fenstern und Türen. Sie scharten sich um eine Sandsteinkirche: kleine Schachteln und in der Mitte eine größere mit einem hohen, schmalen Dreieck obendrauf, eine Geometriestudie in hellem Stein. Hinterm Dorf gingen kleine eingezäunte Felder in Weideland über. Es war von winzigen Kühen gesprenkelt, weit entfernte Kleckse auf vier kurzen Beinen. Auf der anderen Seite des Tals zog sich das Weideland bis halb auf die weich gerundeten Hügel hinauf. Oben ragten blaugrüne Baumwipfel dunstig verschwommen in den strahlend blauen Himmel. Noch weiter oben, im Zentrum all der Bläue, die Sonne. Goldene Strahlen fielen von ihrer Silberscheibe direkt auf uns; herrliche Spielplatzrutschen aus Gold. Der Himmel sah aus, als könnte er sich jeden Moment öffnen, um Gott mit all seinen Engeln herausströmen zu lassen. Mit weit geblähten weißen Roben und strampelnden rosigen Füßen in Sandalen würden sie auf den Sonnenstrahlen hinabrutschen.
    In den Bäumen über uns hob plötzlich lautes Vogelgeschrei an. Ben drückte seine Zigarette aus und holte den Zeichenblock und einen Stift aus dem Rucksack. Er begann zu zeichnen.
    » Ich habe überlegt, einen Stich von dem nostalgischen alten Dorf zu machen, und zwar aus dieser Perspektive. Ich könnte ihn im Dorf verkaufen. Als Zwischenlösung. In den Pubs, auf der Straße – überall.«
    » Gute Idee. Brauchst du so dringend Geld?«
    » Ja, meine Süße, das tue ich. So viel verdient meine Alte nämlich nicht. Und Farben sind verdammt teuer. Wie sieht’s bei dir und James aus?«
    » Ganz gut so weit.«
    » Der gute alte James. Um den muss man sich keine Sorgen machen. Zum Glück fehlt ihm die selbstzerstörerische Ader. Oder er kann das besser kanalisieren.«
    » Ich mach mir auch keine Sorgen um ihn.«
    » Freut mich zu hören.«
    » Wirklich nicht.«
    » Es nervt einfach, sich dauernd Sorgen um andere machen zu müssen. Das ist nur eine Form von sich einmischen. Komm, gehen wir weiter. Heute bin ich einfach nicht in Stimmung für solche Themen. Ich muss allein sein, wenn ich richtig über so was nachdenken will.«
    » Tut mir leid, wenn ich störe.«
    » Himmel. Haben wir dieses alberne Höflichkeitsheucheln nötig? Komm, gehen wir.«
    Wir gingen.
    Oben in den Bäumen kreischten die Vögel. Ich blickte hoch. Sie waren groß und schwarz und stürzten sich von Baum zu Baum. Vertrocknete Zweige und welkes Laub regneten auf uns herab. Eine größere Schar schien uns den Hügel hinaufzubegleiten. Der Busch wurde dichter. Wir schlängelten uns durch altes Gestrüpp, das uns die nackte Haut oberhalb der Taille zerkratzte.
    Und dann traten wir hoch oben hinaus auf eine kleine freie Fläche. Zwischen den sandbraunen, warmen Felsen, die wie verstreute Metzgerhackblöcke

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