Gleichklang der Herzen
für ihn übrig hatte, dass sie keinen Hehl aus ihrer Wiedersehensfreude machte, obwohl sie damals bei der Trennung sehr gelitten hatte.
„Du bist wieder da! Du bist wirklich wieder da!“, rief sie wiederholt aus, als könne sie es kaum fassen. „Und was führt dich zu mir zurück?“
„Ich wollte dich sehen.“
„Nachdem du fast ein ganzes Jahr lang vermieden hast, in meine Nähe zu kommen? Nolan, ich bin nicht ganz dumm. Es muss einen anderen Grund für dein Kommen geben.“
„Vielleicht wollte ich mich vergewissern, ob du noch so hübsch bist, wie ich dich in Erinnerung habe.“
Diese Antwort entlockte ihr ein Lächeln. Er merkte ihr an, dass sie ihm nicht glaubte. Mit neckendem Unterton sagte sie: „Könnte am Ende Delyth Maulden der Grund für dein Kommen sein?“
„Was sollte Delyth Maulden damit zu tun haben?“
„Das möchte ich eben wissen. Ganz London spricht von nichts anderem als dem Duell, bei dem Richard Joceline Gadsby tötete.“
„Das ist mir klar“, sagte der Herzog. „Vom Prinzregenten bis zum Straßenkehrer hat mich jeder danach gefragt.“ Letty lachte.
„Und das ärgert dich. Du hasst Fragen, und besonders dann, wenn du sie nicht beantworten kannst.“
„Wer sagt, ich könnte sie nicht beantworten?“
„Nun, jedenfalls nicht ehrlich“, meinte sie darauf. „Gib dir nicht die Mühe, mir zu widersprechen. Ich weiß, hinter dieser Geschichte steckt ein Geheimnis. Warum sonst sollte Delyth Maulden dich so glühend hassen?“
„Tut sie das? Davon habe ich bislang nichts gewusst“, gab der Herzog zurück.
„Wirklich nicht? Du solltest dich vorsehen. Delyth wird versuchen, dir zu schaden, wo sie kann.“
Der Herzog nippte an seinem Brandy, und Letty Sherwood fuhr in verändertem Ton fort: „Ganz im Ernst. Delyth ist gefährlich, glaube mir. Ich kenne sie seit meiner Kindheit.“
„Und was wird sie deiner Meinung nach tun?“, fragte der Herzog mit spöttisch verzogenem Mund. „Mich erschießen? Dafür würde sie am Galgen enden.“
„Nun, dann wird sie eben zu subtileren Mitteln greifen: dir eine Schlange ins Bett legen oder dein Essen vergiften.“
Er lachte.
„Du wirst sehen, dass Delyth wie die meisten Frauen nur redet.“
„Stimmt es, dass sie Richard heiraten wird?“, fragte Letty. Der Herzog schüttelte den Kopf.
„Ich kann dir versichern, dass sie Richard nicht heiraten wird, und wenn, dann nur über meine Leiche!“
„Genau das befürchte ich.“ Der Herzog stellte sein Glas ab.
„Hör auf, mir Angst machen zu wollen“, mahnte er sie. „Reden wir lieber von uns. Warum bist du nicht an der Seite deines Gatten und wirbst um Wählerstimmen? Soviel ich weiß, hat er einen nicht zu unterschätzenden Gegner.“
„Ach, George wird sicher gewinnen“, sagte Letty Sherwood leichthin. „Ehrlich gesagt, ich habe es satt, mich mit Bauerntölpeln zu unterhalten und dauernd schmutzige Babys abzuküssen.“
„Nun, da gäbe es eine sehr angenehme Alternative“, meinte der Herzog.
Zwei dunkle Augen starrten ihn fragend an. Letty stand auf und ging zu ihm.
„Nolan! Du meinst es wirklich?“
Sie schlang ihre Hände um seinen Nacken und zog seinen Kopf herunter. Und dann küsste sie ihn.
Lettys Küsse hatten etwas Gieriges, allzu Besitzergreifendes, das hatte er noch gut in Erinnerung. Dazu das verführerische, exotische Parfum, das sie benutzte, und ihre Art, sich an ihn zu schmiegen …
Ich habe nichts vergessen, stellte der Herzog fest, während er Letty in den Armen hielt.
Doch spürte er, dass sich etwas verändert hatte, dass etwas fehlte, was sich früher unweigerlich eingestellt hatte.
Er musste sich sagen, dass Letty ihn jetzt zum ersten Mal kaltließ.
Sie waren einander nahe, und sie küssten sich, vielmehr sie küsste ihn, doch das Verlangen, das sie immer in ihm erweckt hatte, stellte sich nicht ein.
Zuerst konnte der Herzog es kaum glauben.
Er hatte Letty Sherwood damals verlassen, weil sein Verstand es ihm ratsam erscheinen ließ. Seine Sinne aber waren seinerzeit noch immer ihrer Faszination und ihrer verführerischen Nähe erlegen.
Im Moment hätte er ebenso gut einen Stein küssen können! Letty aber merkte nichts von seinen Gefühlen.
„Es ist wie früher“, seufzte sie. „Ich begehre dich. Das wird sich nie ändern.“
Sie schmiegte sich noch fester an ihn, küsste ihn wieder und fragte leise, während sie ihn umarmte: „Wie lange kannst du bleiben? Ich pflege nach Tisch zu ruhen, und George kommt sicher erst zum Tee
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