Gleichklang der Herzen
aufstand.
Seine finstere Miene ließ darauf schließen, dass er einen Kampf mit sich selbst ausfocht.
Nach dem Frühstück, das er allein einnahm, änderte der Herzog seine Pläne für den Tag.
Er ließ das Pferd wegbringen, das bereits auf den gewohnten morgendlichen Ausritt mit Benedicta wartete, und ließ stattdessen den Phaeton vorfahren. Eilig lief er wieder hinauf, um sich umzukleiden.
Er sparte sich jegliche Erklärung Hawkins gegenüber, der ihm aus den spiegelblanken Reitstiefeln in die hautengen gelben Beinkleider half, die nach der vom Prinzregenten eingeführten Mode einen Fußsteg hatten.
Sein vornehmer grauer Reitrock, der in seinem Freundeskreis beispielgebend gewirkt hatte, passte ihm wie angegossen.
Als dann endlich das makellos weiße Musselinkrawattentuch korrekt gebunden war, schritt der Herzog die Treppe hinab, eine Verkörperung modischer Eleganz, der allerdings sein finsterer Blick und der harte Zug um den Mund abträglich waren.
Der Butler reichte ihm den Zylinder, den der Herzog ein wenig schräg und damit nicht ganz korrekt aufsetzte.
Der Phaeton war bereits vorgefahren.
Da der Herzog in jeder Hinsicht Perfektion wünschte, war auch der von ihm höchstpersönlich entworfene leichte Kutschwagen mit dem schwarzen Aufbau und den gelben Rädern nicht nur eleganter als jedes andere Fahrzeug dieser Art in den Straßen von London, sondern auch beträchtlich schneller.
Ein eindrucksvolleres und eleganteres Bild als der Herzog mit seinem Vierergespann, das aus vier genau gleichen edlen Pferden bestand, war kaum vorstellbar.
Benedicta, der man gemeldet hatte, sie müsse sich heute bei ihrem Ausritt mit einem Stallburschen als Begleiter begnügen, sah ihn davonfahren.
Wohin er wohl fahren mochte? Mit Bedauern dachte sie daran, wie gern sie mit ihm gefahren wäre.
Da fiel ihr ein, dass der Herzog ihr gewiss noch zürnte. Sie schalt sich selbst, weil sie ihn am Abend zuvor so abrupt verlassen hatte.
Sie hätte bleiben sollen, auch wenn sie weiter gestritten hätten.
Sie konnte nicht einwilligen, Richard zu heiraten, mochten damit auch große Vorteile für sie verbunden sein.
Benedicta war sich der Tatsache bewusst, dass nur wenige Frauen in ihrer Lage ein solches Angebot ausgeschlagen hätten.
Ihre Mutter hatte stets die Hoffnung gehegt, Benedicta würde einmal eine gute Partie machen und das sorglose Leben führen können, das sie selbst als Mädchen gekannt hatte. Allerdings wäre sie nie so weit gegangen, sich einen zukünftigen Herzog als Schwiegersohn zu erträumen.
Das Wichtigste aber ist die Liebe, sagte sich Benedicta. Sie hatte bewirkt, dass ihre Mutter ihrem eigenen Vater getrotzt – und einen kleinen Geistlichen geheiratet hatte.
Benedicta, die mit ihrem Vater so eng verbunden war und Einblick hatte in die Vielzahl der Probleme, die man ihm anvertraute, wo immer er hinging, hatte unmöglich übersehen können, wie unglücklich viele Menschen in ihrer Ehe waren.
Dabei spielte es keine Rolle, ob sie arm oder reich waren. Wenn ein Mann und eine Frau durch die Bande der Ehe verbunden waren, dann konnte die Liebe ihnen den Himmel auf Erden bereiten, wenn sie aber fehlte, konnte ihr Leben zur Hölle werden.
Wie gern hätte sie dem Herzog das alles klargemacht, obwohl sie wusste, dass in der Welt, in der er sich bewegte, die Liebe bei einer Heirat keine große Rolle spielte, denn Ehen wurden aus Vernunftgründen geschlossen.
Ihre Mutter hatte ihr einmal anvertraut, dass ihr Großvater, der Gutsherr Marlow, sie mit einem Edelmann verheiraten wollte, dessen Gut an sein eigenes grenzte.
„Es wäre eine fabelhafte Partie gewesen“, hatte Mrs. Calvine gesagt, „und gewiss liebte mich Lord Swinstead auf seine Art, obgleich er viel älter war als ich.“
Sie hatte gelächelt, als sie hinzusetzte: „Ich aber hatte mein Herz bereits deinem Vater geschenkt. Auf der ganzen Welt gab es für mich keinen anderen Mann.“ Und so eine Ehe wünsche ich mir auch, dachte Benedicta. Sie hatte den Gedanken kaum zu Ende gedacht, als sich schon die Überlegung anschloss, dass sie sich etwas Unmögliches wünschte.
Es war ein Traum, der nie wahr werden würde.
Der Herzog fuhr mit großer Geschwindigkeit dahin, hielt jedoch die Zügel so sicher, dass nie Gefahr für ihn oder sein Gespann bestand.
Es war ein golden überglänzter Tag, an dem die Sonne schon wärmer schien und das Land neu erstrahlen ließ. Der Herzog aber hatte nur Augen für die Straße.
Sein Blick hatte noch nichts von
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