Gleichklang der Herzen
sehr schwierig. Landwirtschaft bringt heute nichts mehr ein.“
„Mein lieber Arthur, als ich jung war, amüsierten wir uns, Geld hin, Geld her. Wenn Charlotte es vorzieht, jahraus, jahrein in Suffolk zu verschimmeln, dann ist das ihre Sache.“
„Habt ihr schon mit Sebastian gesprochen?“, fragte Lord Naver, um abzulenken.
„Nein, noch nicht“, sagte Sir George Renhold. „Der verdammte Bursche ist früh weggegangen, obgleich er doch sonst so ein Langschläfer und Faulenzer ist.“
Gleich darauf wurde die Tür geöffnet. Elegant gekleidet wie immer betrat der Herzog endlich den Salon. Amüsiert betrachtete er die Gruppe. Die Männer begrüßte er mit feiner Ironie, da er wusste, dass sie nur notgedrungen das Haus eines Lebemanns betraten. Seine Schwester Elinor redete er freundlich und seine Großmutter mit liebevollem Respekt an.
Nachdem allen ein ausgezeichneter Madeira angeboten worden war, kam man zur Sache. Sir George ergriff das Wort.
„Wir sind in einer sehr ernsten Angelegenheit gekommen.“
„Ach, wie schade! Welche Enttäuschung! Ich dachte nämlich, dass dies ein reiner Freundschaftsbesuch sei!“, rief der Herzog.
„Das hast du keinen Augenblick lang gedacht“, entgegnete sein Schwager, den die Ironie des Herzogs reizte. „Du weißt genau, warum wir hier sind.“
„Ich habe nicht die geringste Ahnung.“
„Komm, Junge, übertreib nicht!“, mischte sich die Großmutter energisch ein. „Wir sind des Mädchens wegen gekommen, und das ist für dich keine Überraschung.“
„Ihr meint wohl mein Mündel, Ravella Shane?“
Lady Elinor nickte und fügte wehleidig hinzu: „O Sebastian, wie konntest du nur so etwas tun! Wir schämen uns alle für dich.“
„Was habe ich denn getan?“, fragte der Herzog.
„Genug der albernen Ausreden!“, sagte Sir George. „Ist dieses Mädchen hier im Haus oder nicht?“
„Soweit ich weiß, ist Ravella hier.“
„Soweit du weißt!“, empörte sich Sir George. „Sie war gestern Abend hier und hat an einer deiner verruchten Gesellschaften teilgenommen.“
„Ja, sie war hier, aber ich hatte sie nicht dazu eingeladen.“
„Sebastian sagt die Wahrheit“, mischte sich die alte Herzogin ein. „Man hat mir berichtet, dass Ravella von Lynke in der Postkutsche gekommen ist und erst nach dem Abendessen eintraf. Stimmt das?“
„Wie gewöhnlich hast du recht, Großmama“, bestätigte der Herzog. „Ravella kam aus Lynke.“
„Aber warum hast du sie hierbehalten?“, fragte Lady Elinor.
„Hätte ich sie um elf Uhr abends auf die Straße setzen sollen? Ich habe ihr zu essen gegeben und sie zu Bett geschickt.“
„Allein? Ohne Anstandsdame?“, rief Lord Naver entsetzt.
„Falls es dich beruhigt, Arthur, kann ich dir versichern, dass meine höchst respektable Haushälterin, Mrs. Pym, nebenan geschlafen hat.“
Nachdem sich die Familie noch eine Weile lang entrüstet hatte, kam die alte Herzogin zur Sache.
„Das Mädchen kann nicht länger in Melcombe-Haus wohnen, das ist klar. Jemand muss sich um das Kind der armen Amy kümmern, aber wer?“
„Ich bin dazu bereit“, erklärte Sir George. „Wie ein Vater werde ich für sie sorgen.“
„Platz ist für das Kind auch in Naver Castle, Unterhaltssumme vorausgesetzt“, ergänzte Lord Naver.
Der Herzog hob abwehrend die Hand. „Ravella Shane ist seit sechs Monaten mein Mündel. Erst seitdem sie das Wroxham-Vermögen geerbt hat, liegt euch die Fürsorge für sie am Herzen. Ich schlage vor, dass wir Ravella selbst entscheiden lassen, wohin sie gehen will.“
Er schickte einen Diener nach Ravella, und bald darauf erschien sie in demselben abgetragenen Kleidchen wie am Vorabend. Sie begrüßte die Anwesenden mit einem Knicks, und der Herzog stellte sie seiner Großmutter vor.
„Du bist so hübsch wie deine Mutter, Kind“, sagte die Herzogin freundlich. „Ich erinnere mich an sie, als sie so alt war wie du.“
„Oh, wirklich, Madame? Ich hoffe, dass Sie mir von ihr erzählen werden.“
Die Herzogin versprach es.
Dann war Lady Elinor an der Reihe. Sie schloss Ravella in die Arme und küsste sie.
„Ach, du armes, armes Kind!“
Ravella verstand nicht ganz, warum sie so bedauernswert sei, schwieg aber und begrüßte die beiden Herren.
„Ravella, hör nun genau zu“, sagte der Herzog. „Meine Schwester und meine beiden Schwäger sind gekommen, weil sie meinen, es sei nicht in Ordnung, wenn ich mich allein weiter um dich kümmere. Meine Schwester Elinor ist lieb und gut, mein
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