Gleichklang der Herzen
Sie wollte gerade den Kopf schütteln und das Getränk ablehnen, als sie dachte: Vielleicht nimmt mir der Champagner etwas von meiner Angst. Deshalb nahm sie das Glas und nippte in winzigen Schlucken daran.
Ein anderer Diener füllte das Glas des Marquis noch einmal, und Romana fragte sich, ob er sich wohl auch Mut antrinken musste wie sie.
Dann meinte sie aber, dass seine finstere Miene schon Antwort genug war. Hastig senkte sie den Kopf, um ihn nicht mehr ansehen zu müssen.
Nach einer Weile sagte der Marquis mit leicht unsicherer Stimme: „Das Dinner wird zu spät serviert. Wenn ich etwas hasse, so ist es Unpünktlichkeit.“
Er hatte kaum ausgesprochen, da verkündete der Butler von der Tür hör: „Das Dinner ist serviert, Mylady!“
Romana zuckte beim Klang seiner Stimme zusammen, und zum ersten Mal wurde ihr bewusst, dass sie nun die Herrin von Schloss Sarne war.
Dieser Gedanke entsetzte sie so sehr, dass sie ihr kaum berührtes Glas Champagner hastig auf einem kleinen Tisch abstellte. Sie hoffte, dass der Marquis nicht bemerkte, wie sehr ihre Hand dabei zitterte.
Doch er sah sie nicht an. Er machte ein paar Schritte auf sie zu und bot ihr seinen Arm. Dann gingen sie zur Tür.
Romana hatte nur die Fingerspitzen auf diesen ihr dargebotenen Arm gelegt und schritt so neben ihm her.
Während sie über den breiten Flur gingen, fühlte sie seinen Zorn, und sie fragte sich, ob auch er spürte, was in ihr vorging. Der Speisesaal war kleiner, als sie vermutet hatte. Sie nahm an, dass Schloss Sarne noch einen großen Bankettsaal hatte, den man für offizielle Anlässe benutzte.
Als der Marquis sie zu Tisch führte, sah sie, dass die Tafel mit vielen weißen Blüten geschmückt war. Sie wusste, dass die Dienerschaft das zur Feier ihrer Hochzeit getan hatte. Und sie meinte sicher zu sein, dass diese Idee nicht von ihrem Bräutigam stammte.
Er setzte sich ans Kopfende der Tafel. Romana saß neben ihm und nicht am anderen Ende des Tisches.
Selbst das schien ihr beinahe unerträglich, doch dann schalt sie sich und sagte sich, dass sie mehr Würde zeigen müsse.
Es wäre nicht gut, wenn die Dienerschaft bemerkte, wie groß die Abneigung zwischen ihr und dem Marquis war.
Wie auch immer sie sich privat zueinander verhielten, in der Öffentlichkeit mussten sie sich höflich geben.
Das Dinner begann mit einer Suppe. Und als die Diener den Raum verließen, zwang sich Romana dazu, etwas zu sagen: „Dies ist ein sehr hübscher Raum. Aber ich nehme an, dass Sie noch einen größeren haben, wenn Sie Gesellschaften geben.“ Die eigene Stimme schien ihr leise und unsicher, und der Marquis sah sie an, als sei er überrascht, dass sie überhaupt sprach.
Kurz darauf erwiderte er: „Das ist richtig. Doch wenn ich allein bin, benutze ich die Prunkräume nicht.“
„Es ist angenehm, wenn man die Möglichkeit hat, zu wählen.“
„Das stimmt“, antwortete er knapp.
Dann herrschte wieder tiefes Schweigen, und Romana fand, dass ihr der Marquis nicht im Geringsten zu Hilfe kam.
„Die Pferde, die mich hierher gebracht haben … aus London … ich finde, dass sie sehr schön sind. Züchten Sie selbst Pferde?“
„Nein. Dieses Gespann habe ich von einem Freund erworben, der beim Spiel so viel Geld verloren hatte, dass er seinen Reitstall und die Pferde verkaufen musste.“
„Das muss für ihn sehr schlimm gewesen sein. Sehr traurig.“
„Da bin ich ganz sicher“, stimmte der Marquis zu. „Aber die Leute sollten nicht spielen, wenn sie sich das nicht leisten können.“
Romana hatte plötzlich den Wunsch, darüber mit ihm zu streiten. Sie wollte ihm sagen, dass es für reiche Leute sehr einfach war, die armen für ihre Spielleidenschaft zu verdammen. Diesen Menschen war doch nur die Hoffnung geblieben, dass ihnen das Glück irgendwann doch noch hold sein könnte.
Aber es war schwierig, mit einem Mann zu reden, der ganz offensichtlich nicht den Wunsch hatte, sich ihr mitzuteilen. Sie ließ deshalb eine Weile vergehen, ehe sie fragte, ob die Forelle, die sie gerade speisten, aus dem Schlossteich stamme.
„Ich nehme es an.“ „Fischen Sie … selbst?“
„Wenn ich Zeit habe, ja, aber das ist sehr selten der Fall.“ Romana seufzte leise. Ihre Abneigung gegen diesen Mann wuchs mit jeder Sekunde. Dass er vielleicht genauso unglücklich über diese Situation war, bedeutete keinen Trost.
Ein Gang nach dem anderen und eine Speise nach der anderen wurden von den Dienern hereingetragen. Und alle Schüsseln und
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