Gleichklang der Herzen
Barnham konnte nicht umhin, innerlich belustigt zu sein, als ©r diese Beschreibung des Marquis hörte. Dieser hatte sicher in seinem ganzen Leben noch nie so eine negative Wirkung auf eine Frau ausgeübt. Eine ganz neue Erfahrung für ihn.
Laut erklärte er: „Ich denke, Sie sind jetzt etwas ungerecht. Können Sie nicht zu weinen aufhören? Dann will ich Ihnen einiges erklären. Und vielleicht können Sie uns gewisse Dinge sagen, die wir nicht verstehen.“
„Was für Dinge?“
„Sollten wir nicht endlich damit beginnen, dass wir von Ihrer Freundin Nicole de Prêt sprechen? Es scheint, dass Sie sie sehr gut kennen. Und ich würde gern einiges über sie erfahren.“
Diesen Worten folgte eine längere Pause. Mister Barnham bemerkte, dass Romana sehr um ihre Beherrschung kämpfte. Dann erwiderte sie leise: „Ich will es versuchen. Nicole ist seit langer Zeit meine Freundin. Der Graf und die Gräfin de Prêt sind während der Revolution aus Frankreich geflohen. Ihr Sohn war unter der Guillotine gestorben. Doch sie brachten Nicole mit nach England.“
Sie holte tief Atem, ehe sie weitersprach: „Die Prêts hatten nur wenig Geld, obwohl der Graf, als sie noch in Frankreich lebten, sehr reich gewesen war. Alles, was sie besaßen, war der Schmuck, den die Gräfin trug. Und sie haben davon Stück für Stück verkauft … bis ihnen nichts mehr blieb.“
Der Marquis und Mister Barnham hörten aufmerksam zu, als sie nun etwas selbstsicherer fortfuhr: „In dieser Situation hatte sich Nicole entschieden, nach London zu gehen, um dort etwas Geld zu verdienen … mit ihrem Tanz. Sie hatte gehört, dass es dort Ballettschulen gibt, und sie glaubte, dass sie vielleicht als Lehrerin arbeiten könnte.“
Romana warf dem Marquis einen beinahe trotzigen Blick zu. Dann sprach sie weiter: „Nicole bekam eine Stelle bei einer Ballettschule in der Nähe von Covent Garden, und sie hatte dort so viel Erfolg, dass sie ihren Eltern schon bald Geld nach Hause schicken konnte.“
Wie um dem Marquis zuvorzukommen, warf Mister Barnham hastig ein: „Ich verstehe. Und Sie hatten gedacht, dass Sie zu Ihrer Freundin fahren, weil Sie auch Geld brauchen?“
„Nicole ist älter als ich. Aber wir haben immer alles gemeinsam getan. Sie ist wie eine Schwester für mich.“
Romana blickte den Marquis an und fügte hinzu: „Sie ist sehr lieb und sehr gut. Sie würde niemals etwas Böses tun.“
„Und warum ist sie dann bei Lord Kirkhampton?“, fragte der Marquis.
„Wie kann Mylady das wissen, wenn sie erst an jenem Abend nach London gekommen ist?“, meinte Mister Bamham.
„Dieser schreckliche Mann … er muss Nicole irgendwie in seine Gewalt bekommen haben. Sie kann ihn nicht lieben. Nein, das ist unmöglich. Ich weiß, dass sie außer sich war, als er sagte, dass ich den Mann heiraten solle, der bewusstlos im Sessel lag.“
Romanas Stimme zitterte: „Nicole hat geweint. Und sie hat mir gesagt, dass sie nichts tun könnte, um das alles zu verhindern.“
Der Marquis wollte gerade einwerfen, dass sich Nicole de Prêt dann auch hätte weigern müssen, ihn zu sich zum Abendessen einzuladen. Doch er begegnete Mister Bamhams Blick und verbiss sich die Worte, die gerade über seine Lippen kommen wollten.
„Ich verstand nicht, warum sich Nicole so seltsam benahm“, fuhr Romana stockend fort. „Außer, sie hatte Angst. Lord Kirkhampton muss sie so bedroht haben, wie er mich bedroht hat. Aber warum wollte er überhaupt, dass Sie heiraten?“
„Weil er mich hasst und mich treffen wollte“, erwiderte der Marquis.
„Aber ich hatte Sie noch nie gesehen, warum zwang er mich also, Sie zu heiraten?“
Der Marquis ahnte, dass Kirkhampton diesen Plan erst im letzten Moment ausgeheckt hatte. Zuerst war es seine Absicht gewesen, ihn zu töten. Dann war Romana in ihrer altmodischen, ländlichen Aufmachung erschienen, und er hatte die wirksamere Rache darin gesehen, sie mit ihm zu verheiraten. So blieb ihm auch erspart, eventuell für ein Verbrechen bestraft zu werden.
Er wusste, dass Mister Barnham ähnlich dachte, denn sein Sekretär sagte nach einer längeren Pause: „Wir verstehen nun die Rolle, die Sie, Mylady, ungewollt in dieser unglücklichen Episode spielten. Ich bin sicher, dass Seine Lordschaft sehr bedauert, Sie so heftig angegriffen und so erregt zu haben.“
Romana antwortete nicht. Und Mister Barnham spürte ihre Vorbehalte.
„Sehen Sie die Dinge bitte nicht nur aus Ihrer Sicht“, bat er. „Ich gebe zu, dass es für Sie
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