Gleichklang der Herzen
sie gar nicht brauchen.
Die meisten von ihnen waren verheiratet. Bei den übrigen handelte es sich um Witwen, alles sehr erfahrene Frauen, die auf der Suche nach einem neuen Ehemann waren. Für Richard waren sie viel zu alt, und zudem entsprachen sie nicht dem Typ, den er selbst gern als zukünftige Herzogin von Kingswood sehen würde.
Als könne er die Gedanken seines Freundes erraten, bemerkte nun der Major: „Vergiss nicht, dass Richard erst einundzwanzig ist. Du müsstest also ein Mädchen von achtzehn oder neunzehn Jahren finden.“
„Ich weiß, ich weiß. Das Dumme daran ist nur, dass ich mich gar nicht erinnern kann, wann ich das letzte Mal mit einem Mädchen dieses Alters gesprochen habe, ganz zu schweigen davon, dass ich mir Gedanken über ihr Wesen oder über ihren Charakter machte.“
Er bemerkte das Lächeln des Majors und fuhr fort: „Was rede ich da? Haben denn Mädchen in diesem Alter überhaupt schon Charakter? Mir scheint, dass sie, kaum der Schule entflohen, noch richtige Spatzenhirne haben.“
„Sie lernen rasch dazu“, antwortete der Major lakonisch. „Du darfst nicht vergessen, dass all die bezaubernden Damen, die du so geistreich findest, einst auch nicht mehr waren als unreife Schulmädchen ohne jegliche Ahnung von den Versuchungen der bösen Welt.“
Der Herzog schwieg.
Der Major hatte scherzhaft gesprochen, und doch lag Wahrheit in dem, was er sagte.
Gleichzeitig entstand vor dem geistigen Auge des Herzogs, wenn auch unscharf, das Bild des Mädchens, das er seinem Erben zur Frau wünschte.
Ein stilles, sanftes Geschöpf sollte es sein, lieb und verständnisvoll, ein Mädchen, das Richard um seiner selbst willen hebte und das ihm nicht nur eine liebevolle Ehefrau, sondern auch die hingebungsvolle Mutter seiner Kinder sein würde.
Allerdings war er nicht imstande, dieses Fantasiegeschöpf mit einem bestimmten Gesicht und schon gar nicht mit einem bestimmten Namen in Verbindung zu bringen.
„Ich habe so das Gefühl, Nolan“, bemerkte der Major neben ihm, „dass du von nun an alle Bälle der Londoner Saison besuchen musst. Außerdem wirst du dich im Buckingham-Palast umsehen müssen, wenn die Debütantinnen bei Hofe vorgestellt werden.“
Der Herzog stieß einen hörbaren Seufzer aus, und der Major fuhr nun in ernsterem Ton fort: „Du weißt genauso gut wie ich, dass du die passende Frau für Richard kaum bei Hof finden wirst, oder gar im Royal Pavillon in Brighton. Sicher ist dir auch klar, dass du ihr schwerlich von einem Mitglied des „White’s Club“ vorgestellt werden wirst.“
„Hör auf mit deinen Sticheleien!“, wies ihn der Herzog schroff zurecht.
„Zufällig sage ich die Wahrheit. Ich möchte dir damit nur zu verstehen geben, dass deine Aufgabe sehr, sehr schwierig sein wird.“
„Ich habe dich um deine Hilfe gebeten“, sagte der Herzog darauf in ruhigerem Ton. „Dir traue ich eher zu, die richtige Frau für Richard zu rinden. Denn machen wir uns nichts vor: Kaum gerate ich in den Verdacht, auf dem Heiratsmarkt Umschau zu halten, stürzen sich die ehrgeizigen Mütter auf mich wie ein Rudel Wölfe.“
Das war nur zu wahr, denn von allen guten Partien war der Herzog von Kingswood die beste. Andererseits war er der am schwersten zu erobernde Kandidat, falls das überhaupt jemand schaffte.
Trotzdem würde jede Mutter sich Hoffnungen machen, dass er vielleicht doch ein Auge auf ihr Küken warf. Die leiseste Andeutung seiner Blicke in eine bestimmte Richtung würde gesunkene Hoffnungen aufrichten und zweifellos dafür sorgen, dass er keinen Augenblick mehr Ruhe hätte.
„Nolan, jetzt sage ich dir, was ich zu tun gedenke“, äußerte der Major laut. „Wenn wir wieder in London sind, werde ich mit meiner Schwester reden. Sie ist eine sehr vernünftige Person und hat überdies eine Tochter, die nächstes Jahr in die Gesellschaft eingeführt wird.“
„Vielleicht käme sie für Richard infrage?“, fragte der Herzog.
„Das möchte ich bezweifeln“, gab der Major zurück. „Jane ist ein liebes Kind, das jedoch leider seinem Vater nachgerät und nicht eben zur Schönheit heranblüht.“
„Hm, ob Richard mir gehorchen wird, wenn ich ihn zu einer Ehe zwinge?“, meinte der Herzog nachdenklich. „Wenn sein Vater noch am Leben wäre, hätte er gewiss schon eine Partie für ihn arrangiert.“
„Heutzutage sind die jungen Mädchen sehr selbstständig“, antwortete der Major. „Eine Folge des Krieges vermutlich. Der Graf von Thame beklagte sich
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